Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
tanazitam |
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Tanacetum vulgare L. | Asteraceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Der Rainfarn ist eine ausdauernde,
horstbildende 40-160 cm hohe Pflanze. Die im Alter basal verholzenden Triebe
entspringen aus einem dichten Geflecht aus Wurzeln und Sprossabschnitten.
Der dicht beblätterte Spross erscheint derb, kantig gerieft, kahl
und häufig rötlich-braun überlaufen. Die wechselständig
an der Achse ansitzenden, 15-25 cm langen und bis zu 10 cm breiten Laubblätter
sind dunkelgrün, farnartig gefiedert. Die Ähnlichkeit dieser
Stängelblätter mit den Wedeln der echten Farnen sowie die Standorte
an Acker- und Wegrainen, an denen er vorkommt, begründen vermutlich
den deutschen Namen Rainfarn.
Zahlreiche, kleine, goldgelbe
Blütenköpfchen mit etwa 7-12 mm Durchmesser sind trugdoldenartig
in einer Ebene zu Blütenständen angeordnet. Charakteristischerweise
fehlen in diesen Köpfchen die Zungenblüten oder sie sind so stark
reduziert, dass sie kaum in Erscheinung treten.
Der ganzen Pflanze entströmt
besonders beim Zerreiben ein gewürzartiger, häufig als unangenehm
empfundener kampferartigen Geruch.
Die im Spätsommer von
Juli bis September blühende Pflanze findet man häufig an Wegen,
auf Brachland sowie an Waldrändern, im Flussschotter und auf Bahndämmen.
Sie benötigt nährstoffreichen Lehmboden. Vielfach wird der Rainfarn
auch als Zierpflanze in Gärten angepflanzt.
Geschichte
Rainfarn war in der Antike
offenbar unbekannt. Der Vermerk in der Pflanzenliste des Capitulare de
villis unter dem Namen "tanazita" zählt zu den ältesten Erwähnungen
der Pflanze.
In germanischer Zeit hat
der Rainfarn wahrscheinlich kultische Bedeutung besessen. Darauf deutet
die Erwähnung der Pflanze bei Hildegard von Bingen, die den Rainfarn
als "heilige Pflanze" bezeichnet, deren Genuss zu Ostern beziehungsweise
im Frühjahr Lebenskraft verleihen soll. Noch heute gibt es in England
zu Ostern, dem altgermanischen Fest Thors und Freyjas (Ostara), als altes
Kultgebäck Rainfarnkuchen zu essen. Der nach altem germanischen Volksglauben
dem Thor geweihte Rainfarn wirke antidämonisch und wehre Böses,
unter anderem den Blitz ab. Letztere Vorstellung ist später in den
christlichen Volksglauben eingegangen. Noch heute gehört der Rainfarn
in die Kräutersträuße gebunden, die in vielen Landstrichen
Deutschlands zu Mariä Himmelfahrt (15. August) geweiht werden. Der
Freundeskreis greift diesen Brauch wieder auf mit der Kräutersegnung
im Karlsgarten am Rathaus. Nach christlichem Verständnis als Dank
für die Heilkraft der Kräuter interpretiert und der Mutter Gottes
"der Blume des Feldes und Lilie der Täler" (Hohes Lied) geweiht, wurden
zumindest noch vor wenigen Jahrzehnten die geweihten Kräuterbunde
zum Segen der Bewohner und als Schutz vor Blitzschlag im Haus aufgehängt.
Das Verbrennen der Kräuterbunde in Viehställen verweist auf den
praktischen Nutzen dieses Ritus, der insektiziden Wirkung insbesondere
des Rainfarns. Hieronymus Bock schreibt über die Wirkung des Rainfarns:
"Der Samen von dem Reinfarn ... mit Honig und Wein eingedruncken / die
Würmer sol außtreiben / den Bauchschmerzen stillen / und den
Schweiß austreiben."
Seit dem 8. Jh. wird der
Rainfarn offenbar zu Heilzwecken genutzt. Die ersten Berichte hinsichtlich
der Wirksamkeit des Rainfarns bei Wurminfektionen gehen auf den britischen
Pflanzenkundler Gerard im 16. Jh. zurück. Zur gleichen Zeit gelang
es, ein medizinisch hochwirksames etherisches Öl durch Destillation
insbesondere der Blütenköpfchen zu gewinnen. Rainfarn darf allerdings
nur in sehr geringer Menge eingenommen werden, da er das Gift Thujon enthält.
Aufgrund des sehr stark variierenden Gehaltes an Thujon verschiedener Chemotypen
des Rainfarns treten Vergiftungen schon im normalen Dosierungsbereich auf.
Eine Selbstmedikation verbietet sich daher strikt. Das gilt insbesondere
für die Einnahme des Öls, von dem schon wenige Gramm schwerste
Vergiftungen hervorrufen.
Heutige Bedeutung und Verwendung
In der Veterinärmedizin
besitzt der Rainfarn nichtsdestotrotz weiterhin seine Bedeutung als krampflösendes
Mittel und gegen Würmer insbesondere bei Pferden.
Die äußerliche
Anwendung auch beim Menschen erscheint unbedenklich. Bei Krampfadern, Verrenkungen
und Geschwülsten werden die frisch zerquetschten Blätter aufgelegt.
Die insektizide Wirkung der
Kräuterbunde ist vor allem durch den Rainfarn erklärlich. Gegen
lästige Fliegen hängt man das gebüschelte Kraut im Zimmer
auf, nachdem man es blühend geschnitten hat. Es verströmt einen
Geruch, der Fliegen und Motten vertreibt, im Nutzgarten hilft Rainfarn
gegen Ameisen. Das Verbrennen des Krautes ist geeignet, den Effekt zu verstärken.
Ein Tee aus den Blütenköpfchen
des Rainfarns, nach der folgenden Rezeptur angesetzt, ist ein probates
Mittel gegen Milben und anderes Ungeziefer im Garten.
Rainfarn-Tee zur Abwehr von Pflanzenschädlingen
30 g getrocknete Blüten werden mit einem Liter kochendem Wasser übergossen. Das Gefäß abdecken und den Tee 10-15 Min. ziehen lassen. Nach dem Abkühlen werden die Blütenreste abgesiebt. Das Filtrat wird unverdünnt gegen Milben, Läuse und Frostspanner versprüht.
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zuletzt geändert am: 5.III.2004