Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
squillam 16 Urginea maritima (L.) Baker Hyacinthaceae
(=Liliaceae p.p.)

 

 
 Meerzwiebel
deutscher Name 
 Zee-ui
niederländischer Name 
 scille maritime
französischer Name 
 squill
englischer Name 

 
Beschreibung

Geschichte

 Verwendung

Botanische Beschreibung der Art

Die Meerzwiebel gehört zu den Hyazinthengewächsen, die früher mit vielen anderen Verwandten zu den Liliengewächsen zusammengefasst wurden. Die Art wurde früher unter der großen und heterogenen Gattung Scilla geführt und wird heute der Gattung Urginea zugerechnet, die etwa 100 Arten von Zwiebelpflanzen umfasst. Diese wachsen auf trockenen, felsigen Hängen, auf sandigen, küstennahen Böden oder kommen in den Savannen vor. Die Arten sind überwiegend im tropischen Afrika beheimatet und nur einige wenige kommen im Mittelmeergebiet vor. Die Meerzwiebel ist mehrjährig, frosthart bis frostempfindlich und wächst auch in unseren Breiten in lehmhaltiger, mäßig gedüngter Erde, die mit scharfem Sand angereichert ist. Sie benötigt volle Sonne und viel Licht. Bei nicht ausreichender Frosthärte werden Pflanzen im Winter während der Ruhezeit bei mäßiger Feuchte im kühlen Gewächshaus gehalten.

Die Pflanze entwickelt mit den basalen Teilen ihrer Blätter eine oval-eiförmige bis kindskopfgroße, knollenartige Zwiebel. Diese ist außen von einigen Lagen einer braunen, dünnen pergamentartig-häutigen Rinde umhüllt. Aus der Zwiebel entwickelt sich nach oben eine Blattrosette mit breiten, paralellnervigen in eine kleine aufgesetzte Spitze auslaufenden Blättern. Diese sind saftig- bis dunkelgrün, kahl glänzend von 30 – 100 cm Länge. Aus der Rosette schiebt im Herbst ein einzelner aufrechter Blütenschaft, der als Traube mit vielen dicht angeordneten Blüten besetzt ist und bei kräftig entwickelten Pflanzen bis 1,5 m erreicht. Die bis 6 mm breiten Blüten sind sternförmig, radiärsymmetrisch, weißlich mit grün oder rötlich gefärbten Mittelrippen.

Dank der mit Nährstoffen und Wasser gefüllten Zwiebel überstehen die Pflanzen im Mittelmeerraum die sommerliche Trockenzeit, blühen im Herbst und bilden zum Winter hin erneut kräftige Grundblätter, die dann die Zwiebel wieder regenerieren. Für die arzneiliche Verwendung werden die Zwiebeln im Spätsommer kurz nach der Blüte geerntet, wenn die Inhaltstoffe optimal angereichert sind. Heimisch ist die Meerzwiebel auf den Kanaren, in Portugal und im Mittelmeerraum mit einem Verbreitungsschwerpunkt in Algerien. In Nordafrika und im Nahen Osten wird sie auch zur Begrenzung der Felder angepflanzt. Als Arzneidrogenpflanze wird sie in Nordamerika (Florida und Kalifornien) und im Gebiet um das Schwarze Meer (heutiges Georgien) kultiviert.
 

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Geschichte

Bereits im alten Ägypten stand die Meerzwiebel in hohem Ansehen und ist um 1500 v.Chr. schon im Papyrus Ebers erwähnt. Der Meerzwiebel werden seit alters her beschützende Eigenschaften zugeschrieben. In ganz Griechenland wird die Zwiebel als Amulett über der Haustüre aufgehängt und man glaubt, sich damit vor allen bösen Geistern schützen zu können. So schreibt Dioskorides: "Ein gantze Meerzwiebel für die Thür gehengt / wehret und vertreibt alle Zauberey." Es wird berichtet, dass auch der Mathematiker Pythagoras diesen Brauch übte. Treibt die Pflanze nach der sommerlichen Trockenzeit mit den ersten Herbstregen ihre aufrechte Blütentraube, symbolisiert das die Kraft, die auf Haus, Hof und Menschen übertragen werden sollte und alle Übel abwehrt.

Schon Hippokrates verwendete die Meerzwiebel als Mittel gegen Gelbsucht, Krämpfe und Asthma. Dioskorides empfahl sie bei gleichen Indikationen und zudem, um den Harn zu treiben sowie Erbrechen auszulösen. Die Zwiebel als der wirksame Teil der Pflanze sollte "gebraten" zur Anwendung kommen: "Derhalben nimpt man Teyg oder Leymen / und umbfast sie damit wie ein Pastet / unnd legt sie in einen heyssen Ofen / oder scharret sie in die kolen / biß der Teyg oder Leyme wol gebacken ist." Es ist darauf zu achten, dass dies sorgfältig geschieht: "... denn wenn die Meerzwybel nit also recht gebraten werden / kann man sie sonder Schaden und Gefahr nicht einnehmen oder gebrauchen ..." Die Meerzwiebel hat einen äußerst bitteren, ekelhaften Geschmack und frisch einen sehr scharfen Saft, der die Haut angreift und Blasen zieht. Daher entfernt man die Rinde und schneidet sie für eine weitere Art der Zubereitung "zu stücken / lest dieselbige sieden / unnd geust offt frisch Wasser darüber bis sie allen bitteren unnd scharpffen Geschmack verliehrt." Oder sie werden "zu kleinen scheiblin zerschnitten / durch einen Faden gezogen / also das eins das ander nit berührt / unnd im schatten gedört." Diese "scheiblin" werden dann mit Öl, Wein oder Essig aufgesetzt.

Von der Meerzwiebel gibt es zwei geographische Rassen, die eine mit weißen und die andere mit roten Zwiebeln. Die weiße wurde für Arzneien häufiger verwendet, aber die Ärzte der berühmten, mittelalterlichen Medizinschule von Salerno (Italien) zogen die rote Rasse vor. Löst die Pflanze, in hohen Dosen verabreicht, Brechreiz aus, so wirkt sie nieder dosiert schleimlösend und auswurffördernd. Meerzwiebel-Zubereitungen stärken das Herz und treiben "die zehe Flüssigkeit" aus dem Körper, d.h. sie entwässern die Gewebe des Körpers, was dann wiederum in positiver Rückkopplung das Herz entlastet.

Im Kräuterbuch des Tabernaemontanus wird die Meerzwiebel auch Mauszwiebel genannt und unter "Natur / Krafft" ihre Mäuse tötende Wirkung genannt: "Meerzwiebel über Nacht in Wasser geleget / oder länger / so es die Mäuse trincken / müssen sie sterben." Eine für die damalige Zeit sicherlich sehr nützliche Eigenschaft dieser Pflanze, um die wertvollen Nahrungsvorräte vor unliebsamen, nagenden Mitessern zu schützen. Wurden derart vergiftete Mäuse oder Ratten von Katzen oder anderen Haustieren gefressen, vergifteten sich diese nicht gleichermaßen (s.u.).
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Die Bulben der Meerzwiebel enthalten an herzwirksamen Glykosiden ca. 1 – 3 % sog. Bufadienolide, u.a. Glucoscillaren A, Proscillaridin A, Scillaren A, Scilliglaucosid und Scilliphaeosid mit Scillarenin als Aglykon und b-D-Glucose und a–L-Rhamnose als Zuckerbaustein. Ferner Flavonoide und Polysaccharide. Es findet heute noch Anwendung in Form standardisierter Präparate bei leichten Formen der Herzinsuffizienz sowie bei verminderter Leistung der Nieren. Als Gegenanzeige hierzu gelten eine gleichzeitige Therapie mit Digitalisglykosiden sowie Kalium-Mangelzustände. Bis zur Verwendung von Digitalis im 18. Jh. war die Meerzwiebel wegen ihrer Wirkung auf das Herz das bekannteste Heilmittel bei Wassersucht.

Die roten Meerzwiebeln werden heute außer in der Homöopathie bei Erkrankungen des Herzens, der unteren Atemwege, der Nieren und der ableitenden Harnwege arzneilich weniger verwendet. Sie wurden aber wegen ihres hohen Gehaltes an Scillirosid, das speziell und nur bei Nagetieren als Nervengift mit tödlichen Krämpfen wirkt, lange Zeit für die Herstellung von Rattengift (Rodentizid) verwendet. Hierbei stellte man fest, dass geschlechtsspezifisch weibliche Ratten wesentlich empfindlicher auf diese Präparate reagieren als männliche.
 

 
 


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zuletzt geändert am 22.II..2001