Der  Karlsgarten in Aachen-Melaten

 
Der Karlsgarten nach dem Capitulare de villis Karls des Großen liegt im Westen von Aachen im Gelände bei Gut Melaten, das dem Freundeskreis Botanischer Garten Aachen mit Zustimmung des Landes NRW und der RWTH in langfristiger Pacht übertragen wurde. Er ist kein historischer Garten da es keine Überlieferung gibt, dass ein Garten im Mittelalter tatsächlich in dieser oder einer ähnlichen Ausführung existiert hat. Er erinnert an Karl den Großen, der durch Reformen und Gesetzestexte (Capitularien) sein Reich von Grund auf erneuerte.
 

    Das bekannteste und in seiner Nachwirkung bedeutendste Werk dieser Art ist das „Capitulare de villis vel curtis imperialibus", das in einer Abschrift erhalten geblieben ist. Karl der Große sorgte darin nicht nur für sein eigenes, geregeltes Auskommen, sondern auch für den Wohlstand seiner Untergebenen und schuf damit die erste Sozial- und (Land-)Wirtschaftsordnung des Mittelalters.

    Im 70. Kapitel der Verordnung sind über 90 Pflanzen aufgelistet, die auf jedem königlichen Hofgut verfügbar sein sollten. Mönche als Berater und Beamte der kaiserlichen Kanzlei haben das Capitulare verfasst. Für die Zusammenstellung der Pflanzenliste haben sie aus Büchern über das Wissen antiker Autoren ebenso geschöpft wie aus der langen Erfahrung und Kulturtradition klösterlicher Gärtner und Gärten.

In unmittelbarem Anschluss hinter Gut Melaten nimmt der Karlsgarten die Gebäudefluchten des historischen Gutes auf. Das Areal ist umgrenzt mit einer geschnittenen Hecke aus Buchen, in der später an markanten Stellen ausgearbeitete Fenster Ausblicke in die Landschaft freigeben. Zu Melaten hin ist der Garten offen und nur durch einen Zaun abgegrenzt. An dieser Seite ist er schräg abgeschnitten. Dies entspricht der vorhandenen Hof- und Wegeführung, macht aber auch deutlich, dass es sich beim Karlsgarten nicht um die historisierende Nachempfindung eines symmetrischen, formal geschnittenen Gartens sondern um eine zeitgemäße Ausgestaltung handelt.
 
Innen werden in 2 Meter breiten Beeten die Kräuter und Stauden mit je nach Wuchsstärke unterschiedlichem Platzbedarf genau in der Folge aufgereiht wie sie im Verzeichnis des Capitulare genannt sind. ´Gelesen´ wird dieser Teil des Gartens wie ein Buch: die Liste der Kräuter und Stauden des 70. Kapitels des Capitulare fortlaufend von Nummer 1 bis 73 und dann weiter in der Reihenfolge die genannten Obst- und Fruchtgehölze, die sich entlang der äußeren Buchenhecke aufreihen. Das regelmäßige Raster der Kräuterbeete wird diagonal vom Hauptweg diagonal durchschnitten, der so eine Spannung aufbaut, die aufmerken lässt. 
Die Innenbeete werden durch halbhohe Eibenhecken abgegrenzt. Diese Einfassungen mit  'grünen Mauern' machen den Karlsgarten zu einem hortus conclusus und geben dem Ganzen im Laufe der Zeit einen Charakte, der an die Tradition der Klostergärten erinnert.

Im Zentrum, wo Diagonalweg und Beete sich kreuzen, entsteht aus schmalen, hohen Hecken aus Eibe eine Art Laube. Dort findet sich  eine Informationstafel, Bänke laden zum Verweilen ein, und eine Zisterne zur Bewässerung wurde eingebaut. Der Garten ist frei zugänglich. Der Zugang ist vom Rabentalweg über die Obstwiese und von Gut Melaten aus möglich.
 
In ihrer Bedeutung kommen die Pflanzen des Karlsgartens einer mittelalterlichen Apotheke gleich. Sie waren weniger Nahrungsmittel als vielmehr Heilmittel, mit vielerlei -heute oftmals vergessenen- Wirkungen für das körperliche und geistige Wohlbefinden der Menschen im Mittelalter. Diesen alten und den heutigen Bedeutungen der Capitulare-Pflanzen geht der Freundeskreis in einer Reihe von Beschreibungen und Darstellungen nach. Die Pflanzenportraits erschienen bereits gekürzt in den Aachener Nachrichten. Die vollständigen Beschreibungen finden Sie hier.
 


    Der Karlsgarten ist Bestandteil des für die Euregionale 2008 nominierten Projekts EUTOPION und dient damit auch als außerschulischer Lernort. In Zusammenarbeit mit der RWTH kann dadurch das Schulangebot noch deutlich ausgebaut werden. Die Angebote finden sich auch im Katalog des exploregio.net, einem neu gegründeten Netzwerk der außerschulischen Lernorte in der Euregio.

Der Karlsgarten in Aachen-Melaten liegt an einer alten Strecke der Jakobspilger im Rheinland (vom Niederrhein über Venlo, Aachen, Maastricht, Richtung Belgien) und ist in Bd.3 der Reihe „Wege der Jakobspilger zwischen Rhein und Maas" beschrieben (J.P. Bachem-Verlag, 2004).

Karlsgarten - Übersicht
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zuletzt bearbeitet: 18.II.2006