5.Nov.2009
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Vor der reichen Ernte steht der richtige Pflegeschnitt für Obstgehölze
Ruth Gestrich-Schmitz
Warum lassen wir unsere Obstbäume nicht einfach so wachsen, wie die Natur es vorgibt? Obstbäume sind Kulturpflanzen und in erster Linie dazu da, essbare Früchte zu liefern. Möchte man mit einer reichen Fruchternte belohnt werden, ist es sinnvoll, die Obstbäume einem Pflegeschnitt zu unterziehen. Dafür muss man weder ein Botanikstudium noch eine Ausbildung zum Gärtner absolvieren. Doch es ist sinnvoll, die wichtigsten Grundkenntnisse für den richtigen Schnitt zu besitzen. Seit einigen Jahren bietet der Freundeskreis Botanischer Garten Aachen Kurse an, in denen sich jedermann theoretisch wie praktisch darüber informieren kann: Am Samstag, dem 7. November demonstrieren fachkundige Referenten, welche Obstbäume für welchen Standort geeignet sind, wie man Obstbäume richtig pflanzt und wie man den jungen Bäumen den ersten sogenannten Erziehungsschnitt „verpasst“. Im Besonderen wird auf die Anlage und Pflege von Spalierobst eingegangen. Der Schneidekurs am 21. November ist vor allem dem Pflegeschnitt älterer Obstbäume vorbehalten. Unter versierter Anleitung erfahren die TeilnehmerInnen u.a.: Welche Triebe soll man wachsen lassen und in welchem Winkel sollen diese Triebe zueinander stehen, damit alle genug Licht bekommen? Wie stark darf zurück geschnitten werden? In welcher Jahreszeit soll ein Pflegeschnitt erfolgen? Was ist der Unterschied zwischen Sommer- und Winterschnitt? Welches Werkzeug ist geeignet?
Ziel des Obstgehölz-Schnittes ist es, dass sich viel gut belichtetes Fruchtholz mit zahlreichen Blütenknospen bildet. Denn nur aus Knospen, die gut mit Nährstoffen bei ausreichender Belüftung und Lichtzufuhr versorgt sind, werden sich schöne, gesunde und wohlschmeckende Früchte entwickeln. Ohne Pflegeschnitt entwickelt sich ein zu dichtes Kronenvolumen, was zur Beschattung der unteren und inneren Partien und damit zur Verkahlung im Kroneninneren führt. Der Pflegeschnitt hat positive Auswirkungen nicht nur auf die Fruchtqualität und quantität, sondern auch auf die Lebensdauer des Baumes und seine Widerstandkraft gegen Pilzerkrankungen.
Junge Hochstämme sollten in den ersten Jahren nach der Pflanzung einem straffen jährlichen Schnitt unterworfen werden, um das Wachstum zu fördern und den zügigen Aufbau einer stabilen Krone zu unterstützen. Danach erst rückt der Fruchtertrag in den Vordergrund, in der Regel ab dem 7.-12. Jahr.
Obstbäume, die längere Zeit nicht geschnitten worden sind, neigen zu vorzeitiger „Vergreisung“ (Alterung), was dadurch gekennzeichnet ist, dass immer weniger neue Triebe gebildet werden, die Früchte von Jahr zu Jahr kleiner werden und sich vorwiegend im oberen Kronenbereich entwickeln, wo sie zum Pflücken nur schlecht erreichbar sind. Die Neutriebbildung und ein verbesserter Fruchtertrag kann oft durch einen kräftigen Verjüngungsschnitt wieder angeregt werden.
An Wänden und Mauern meist älterer Häuser, in Gärten und Parkanlagen finden sich oft kunstvoll geschnittene, dekorative Obstbaumformen, die als Spalier bezeichnet werden. Spalierobstbäume sind nicht nur schön anzusehen, sie eignen sich hervorragend für den Obstanbau bei geringem Platzbedarf. Die europäischen Fürsten vor allem zu Zeiten des Barock demonstrierten mit der künstlerischen Gestaltung von Gehölzen den Glanz ihrer Herrschaft. Obstzucht wurde zur Liebhaberei und Spielerei. Vorläufer aller Obstspaliere ist sicherlich der Rebstock, der auf Grund seines natürlichen Wuchsverhaltens nicht ohne Stützgerüst auskommt. Obstspaliere können vor eine Wand oder auch freistehend gepflanzt werden. Die Grundform bildet der Schnurbaum (auch Spindel genannt), den man wie eine Schnur gerade in die Höhe wachsen lässt. Daraus kann das Spalierobst entweder in U-Form oder als Palmette, mit waagerechten oder in 45°-Winkel angeordneten Seitenästen, erzogen werden.
Wer Lust und Zeit hat, an den Pflanz- und Schneidekursen teilzunehmen, darf dabei auch selber Hand anlegen. Die Kurse beginnen am 7. und 21. November jeweils um 10 Uhr an Gut Melaten, Schneebergweg, hinter dem Universitätsklinikum.
zuletzt bearbeitet am 8.VIII.2010