7.Jan.2010

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Vögel auf Futtersuche. Im „unaufgeräumten“ Garten finden sie Nahrung.

Ruth Gestrich-Schmitz

Schon als Kind stand ich im Winter fasziniert hinter der Gardine und beobachtete die Vögel, die sich hinter unserem Haus um das Vogelhäuschen scharten. Besonders lustig fand ich dabei die frechen Spatzen, die so dreist die anderen Vögel beiseite drängten, was für diese wiederum bestimmt nicht lustig war. Am liebsten mag ich heute noch die verschieden Meisen mit ihren Künsten, an das Futter heranzukommen. Sie müssen sich nicht im Gedränge um den Platz am Vogelhaus streiten.

Wer genau hinsieht, wird beobachten, dass sie immer nur einen einzelnen Sonnenblumenkern holen, mit ihm zu einem Ast fliegen, um ihn dort in aller Ruhe zu knacken. Oder sie turnen zum Teil Kopf über am Meisenknödel. Auch verwelkte Riesensonnenblumen, die jede Menge Samen tragen reizen die Meisen, ihre Kletterkünste zu testen.

In früheren Zeiten hängte man mit Rindertalg präparierte Brettchen und aufgeschlagene Knochen für Meisen, Kleiber und Baumläufer in die Bäume. Im Herbst wurden allerlei Beeren und Samen gesammelt, getrocknet und vor das Fenster gestreut. Hanf- und Sonnenblumensamen waren und sind für die Körner-fressenden Vögel ein besonderer Leckerbissen.

Aber nicht nur am Vogelhaus finden die Vögel Futter. Liegt noch kein Schnee, suchen Amseln unter liegengebliebenem Laub gerne Insekten und Spinnen. Wer einen Garten mit vielen verschiedenen Bäumen und Sträuchern besitzt, muss gar kein Vogelhaus aufstellen, wenn er Vögel beobachten möchte. Insekten auf den Ästen und Zweigen, in hohlen Stängeln und Blütenresten sind eine leckere Nahrung zum Beispiel für Rotkehlchen, Meisen und Zaunkönige. Dabei vertilgen die Singvögel auch viele Pflanzenschädlinge wie Blattläuse, Milben, Borkenkäfer und Puppen von Schmetterlingen wie dem Kohlweißling. Körnerfressern wie Finken, Ammern und Zeisigen dienen Samen von Stauden als Nahrung. Möchte man den daheim gebliebenen gefiederten Freunden ein möglichst vielfältiges natürliches Nahrungsangebot im Winter bieten, sollte man daher seinen Garten bis zum Frühjahr lieber „unaufgeräumt“ lassen.

Stechpalme, Vogelbeere, Sanddorn, Schneeball, Liguster, Heckenrose, Holunder, Efeu, Kornelkirsche locken mit ihren oft leuchtend gefärbten Früchten viele Vögel an. Aber auch Gehölze mit weniger auffallenden Früchten wie Ahorn und Weide bieten im Winter natürliche Nahrung. Viele für den Menschen bei Verzehr giftige Beeren sind für Vögel problemlos genießbar. Auch vor der weihnachtlichen Dekoration im Freien machen die Vögel keinen Halt. Manche Amsel fand die leuchtend roten llex- und die blau-schwarzen Efeu-Früchte in meinem Gesteck auf dem Terrassentisch sehr lecker.

Spuren im Schnee verraten uns, wo die Vögel im Winter auf Nahrungssuche gehen: Nach dem starken Schneefall am vergangenen Wochenende suchte ein Amselweibchen unter dem Kirschlorbeer in unserem Gartennach Essbarem. Neben den Fußspuren im Schnee zeugten ein durchwühlter Laubhaufen und eine tiefe Kuhle im Boden von ihrer Suche nach Insekten und Würmern und vielleicht liegengebliebenen Früchten. Manchmal sind auch Federabdrücke und kleine Holzspäne im Schnee zu sehen, wenn etwa ein Buntspecht versucht hat, in morschem Holz an Nahrung zu gelangen. Oder herabgefallene Samen und Früchte inmitten von Vogelspuren in der sonst unberührten weißen Pracht lassen darauf schließen, dass hier ein Wintermahl stattgefunden hat. Also Augen auf beim Winterspaziergang, der Schnee kann viele Geschichten von der Futtersuche und den Ernährungsgewohnheiten der Tiere erzählen.


 

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am16.VIII.2010