25.März 2010

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Palmen – die Fürsten des Pflanzenreiches, Gottes- und Lebensbaum zugleich

Karl Josef Strank

Palmen lassen uns entweder an trockene wüstenhafte Länder denken, wofür die Dattelpalme steht oder sie wecken das Fernweh und lassen uns den Traum des Aussteigens träumen, wenn wir an sonnige, weiße, einsame mit Kokospalmen bestandene tropenparadiesische Strände denken. Palmen kommen in unseren Breiten natürlicherweise nicht vor. Sie unterscheiden sich von unseren Nadel- und Laubbäumen so gründlich, dass sie auch heute noch als Inbegriff der Exotik schlechthin gelten. In den Mittelmeerländern sind Palmen an Strandpromenaden und in Parks beliebte Ziergehölze, geben aber immer ein trauriges Bild ab, wenn sie in harten Wintern erfrieren. Richtig zuhause fühlen sie sich eher in den warmen subtropischen und tropischen Ländern.

Es ist wohl der schlanke, hohe Stamm, der durch einen üppigen Schopf aus Blattwedeln gekrönt wird, und die daraus resultierende vornehme Gestalt, die die Menschen veranlasst hat, diese Pflanzen mit dem Namen „Principes“ als Fürsten unter den Pflanzen zu bezeichnen. Bei jungen Palmen wächst zuerst die Rosette aus Palmwedeln zur vollen Stärke, d.h. Breite, aus, ehe der Stamm sich langsam in die Höhe schiebt. Stamm und Zweige unserer Laubbäume wachsen jedes Jahr außen ein wenig weiter und werden dicker. Das härteste, älteste Holz sitzt in der Mitte des Stammes, das immer weiter zuwachsende junge Holz außen ist verhältnismäßig weich. Anders bei den Palmen: bei ihnen wächst der Stamm erst zur vollen Breite ehe er in die Höhe schiebt. Das innere Holz ist weich, das äußere periphere hart und die röhrenförmige Anatomie verleiht dem Baum hohe Elastizität bei großer Bruchfestigkeit. Wegen dieser Eigenschaften wurden die schlanken Stämme bereits in der Antike zum Tempelbau verwendet. Deren Nachbildung aus Stein führte dann zum bekannten Bild der von Säulen und Säulengängen umgebenen im Innern aus massivem Stein gebauten Tempelbauten.

Auf diese Weise wurden die Palmen sehr früh in der Menschheitsgeschichte mit dem Hehren und Heiligen in Verbindung gesehen. Die Palme ist daher Gottesbaum und Lebensbaum zugleich. Sie steht für Wahrheit, Gerechtigkeit, Macht und Wohlstand ebenso wie für Sieg, Frieden und Auferstehung. Beim Festival von Cannes ringen heute jedes Jahr die besten Filmemacher um die Palme. Geht ein quälender Zeitgenosse allzu sehr auf den Nerv, so kann er einen schon mal „auf die Palme“ bringen.

Die Dattelpalme - in Nordafrika und Westasien beheimatet - ist wahrscheinlich die älteste Kulturpflanze der Welt. Datteln werden auch als das „Brot der Sahara“ bezeichnet. Die Früchte sind sehr zuckerreich. Die Beduinen rösten und mahlen Früchte und Samen und machen daraus „Dattelkaffee“. Überhaupt sind Palmen mit fast allen ihren Teilen von großem Nutzen. Neben den Stämmen für die tragende Hauskonstruktion sind die Palmwedel zum Decken der Dächer verwendbar oder zum Flechten von Körben und Matten. Die Sagopalme im tropischen Urwald liefert Mehl und die Kokospalme neben der erfrischenden Milch das nahrhafte Kokosfleisch, die Kopra. Die Herzen vieler Palmen werden als Delikatesse verzehrt und aus dem Saft, der aus ihnen gezapft wird, wenn man sie anschneidet, wird Palmwein hergestellt.

Die Dattelpalme führt den lateinischen Namen Phoenix genauso wie der mystische Vogel, der auf seinem Nest und einem Scheiterhaufen aus Myrrhe und Weihrauch verbrennt, um zugleich nach seinem Feuertod wieder aus der Asche zu erstehen für weitere 1461 Jahre; Symbol der Wiederkehr und Auferstehung und für den Zyklus des himmlischen Rhythmus des Sirius, der in Ägypten die jährlichen Nilüberschwemmungen ankündigte.

Aus Palmwedeln errichteten die Juden die Zeremonialhütten zum Laubhüttenfest. Ebenso feierten und bejubelten sie mit Palmwedeln Jesus beim Einzug in Jerusalem als ihren König und Erretter vom Joch der Fremdherrschaft durch die Römer, bevor sie ihn Karfreitag der Passion und der Kreuzigung auslieferten. Palmen begleiten die Menschen in vielfältiger Form, immer stehen sie für das Besondere.

Der Klimawandel wird noch für viele Überraschungen gut sein, aber unter den zurzeit gegebenen klimatischen Bedingungen ist bei uns die chinesische Hanfpalme, Trachycarpus fortunei, die frostresistenteste und geeignetste Art mit den besten Überlebenschancen. Bei guter Pflege bildet sie nach einigen Jahren einen beachtlichen Stamm, entwickelt die typische vornehme Gestalt aller Palmen, blüht, fruchtet und vermehrt sich sogar. Soll dies gelingen, ist nur auf Eines zu achten, dass man zwei Exemplare nebeneinander pflanzen muss, ein Weibchen und ein Männchen.


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zuletzt bearbeitet am 4.IX.2010