1.April 2010
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Grüne Soße, Spinatröllchen und neunerlei Kräuter an Gründonnerstag
Ruth Gestrich-Schmitz
Die Fastenzeit geht zu Ende und am Gründonnerstag beginnen mit der Feier des Letzten Abendmahls, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat, die „Heiligen Drei Tage“, das „Triduum Sacrum“. Die Silbe „grün“ in Gründonnerstag geht vermutlich auf das mittelhochdeutsche Wort „gronan“ für weinen („greinen“) zurück. An diesem Tag wurden die „Greinenden“, die Sünder, die Buße getan hatten, wieder in die Gemeinde aufgenommen und sie durften wieder am Gottesdienst teilnehmen. Das „Klagen“ und „Weinen“ wird auch in Verbindung gebracht mit dem Leiden und Sterben Christi, an das in der Karwoche erinnert wird.
Einzug des Frühlings
Die volkstümliche Deutung von Gründonnerstag steht in Zusammenhang mit dem Einzug des Frühlings, wenn in der Natur das erste zarte Grün aus dem Boden sprießt. Schon die Kelten und Germanen machten sich nach dem langen, kahlen Winter die grünen Sprösslinge mit ihren Vitaminen, Mineralstoffen und heilsamen Inhaltstoffen zunutze, um den Körper zu entschlacken und frühlingsfit zu machen. Von alters her schreibt man dem ersten Grün und auch den um diese Zeit gelegten Hühnereiern besondere Kräfte zu. So wurden in der vorösterlichen Fastenzeit statt der verbotenen Fleischgerichte vitalisierende „grüne“ Speisen auf den Tisch gebracht. Jede Gegend bietet da ihre eigenen Spezialitäten: Laubfrösche (gefüllte Spinatröllchen) und Maultaschen in Schwaben, Brennnesselküchlein im Elsass, Pfannkuchen mit Schnittlauch im Schwarzwald, Kerbelsuppe in Süddeutschland, Salat aus grünen Rüben in Sachsen, Gründonnerstagskringel in Ostpreußen. Eine schmackhafte grüne Suppe mit Wildkräutern oder mit Gemüse und Kräutern aus dem Garten oder einfach Spinat mit Ei soll die Lebensgeister wecken. Besonders bekannt als traditionsreiche Speise an Gründonnerstag ist die „Frankfurter Grüne Soße“, die mit Pellkartoffeln serviert wird. Es ist überliefert, dass Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt Liebhaber dieser Soße waren.
Siebenerlei oder neunerlei Kräuter (daher der Ausruf: „Ach du grüne Neune“) verwendet man üblicherweise für die grünen Speisen. Fällt die Karwoche noch in den März, werden vor allem die Wildkräuter genutzt, da im Garten zu dieser Zeit noch nicht viel wächst. Hier sind die jungen Triebe von Brennnessel, Giersch, Gundermann, Löwenzahn, Vogelmiere, Sauerampfer, Bärlauch und Wegerich, Huflattichknospen und Gänseblümchen sehr schmackhaft. Später steht eine große Vielfalt an Kräutern aus dem Garten für die grünen Gerichte zur Verfügung wie Borretsch, Dill, Estragon, Kerbel, Kresse, Liebstöckel, Petersilie, Pimpinelle, Schnittlauch, Zitronenmelisse.
Sowohl die Wildkräuter als auch die Gartenkräuter besitzen einen hohen Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen wie Eisen oder Jod. Der Giersch beispielsweise, der Schrecken aller Gärtner, ist reich an diesen Vitalstoffen und enthält mehr Vitamin C als die Zitrone. „Wenn Du nicht gehst, dann ess´ ich dich“, sagte mir einmal eine Freundin, die damit dem Giersch in ihrem Garten ein wenig zu Leibe rückt, und die jungen Triebe als Salat genießt. Die wohltuende Wirkung der Kräuter auf den Körper äußert sich in der Stärkung des Immunsystems sowie in der Verbesserung der Durchblutung und der Anregung des Stoffwechsels durch Förderung des Appetits und der Verdauung, und wirkt damit der sogenannten Frühjahrsmüdigkeit entgegen.
Heilkräuter wirken besser
Es heißt, dass die Pflanzen, die an Gründonnerstag ausgesät, gepflanzt oder umgetopft werden, gut gedeihen, besonders widerstandsfähig sind und an diesem Tag ausgesäte Heilkräuter eine besondere Wirksamkeit besitzen.
Wenn Sie ihrem Körper etwas Gutes tun und ihn frühlingsfit machen wollen, hier ein Rezept für eine Grüne Soße mit Kräutern, die schon Kaiser Karl in seinen Gärten anbauen ließ (aus dem Buch: „Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen“):
1 Bund Kräuter (mindestens 7 verschiedene, z.B. Petersilie, Dill, Brunnenkresse, Estragon, Kerbel, Liebstöckel, Schnittlauch), 5 hartgekochte Eier, 1 Tasse Öl, 1 Teel. Senf, 300 g saure Sahne oder Schmand, 1 Knoblauchzehe, 1 Zwiebel, Essig, Pfeffer, Salz, Zucker. Eier pellen, halbieren, Eigelb herauslösen und zerdrücken, mit Öl glattrühren und saure Sahne oder Schmand hinzugeben. Kräuter waschen und hacken, Knoblauchzehe zerdrücken, und alles untermischen. Soße mit Essig, Senf, Pfeffer, Salz und Zucker abschmecken. Eiweiß hacken, Zwiebel reiben und beides mit der Soße vermischen.
Die Soße schmeckt gut zu Kartoffeln und Eiern wie auch zu Fisch und Fleisch und ist bestimmt ein schmackhaftes Mittel gegen aufkommende Frühjahrsmüdigkeit.
Wer nun Lust verspürt, selbst einmal Wildkräuter zu sammeln, sollte jedoch nur die Pflanzen nehmen, die er sicher kennt und die nicht mit Schadstoffen belastet sind, also Straßenrand oder Parkanlagen meiden. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich einer geführten Wildkräuter-Wanderung anschließen, die von verschiedenen Bildungseinrichtungen, Naturschutzverbänden und „Kräuterhexen“ angeboten wird
zuletzt bearbeitet am 4.IX.2010