30.Sept.2010

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Zur Stärkung der Gräser: Rasen jetzt nicht düngen oder zu niedrig mähen

Thomas Eßing

Wer seinem Rasen im Herbst etwas Gutes tun will fragt sich vielleicht zunächst, warum ein regelmä-ßig gemähter Rasen nicht so schön bleibt, wie er einst angelegt wurde. Nicht nur Löwenzahn, Gänseblümchen, Klee und andere flachwachsende Stauden wachsen dort, wo einmal dichter Rasen war. An einigen Stellen scheint das Moos gänzlich die Gräser vertrieben zu haben.

Ursachenforschung:

Die Ursache hierfür ist zunächst einmal, dass die für Rasensaat oder Rollrasen verwendeten Grasmischungen in unberührter Natur so gar nicht vorkommen. Was wir da als „Schattenrasen“ oder „Sportrasen“ aussähen entsteht in der Natur in dieser Zusammensetzung nicht und hat folglich ohne unsere ständige Pflege keinen Bestand. Außerdem wächst in unserer Region ohnehin natürlicherweise kein Grasland. In Deutschland können nur in zwei Gegenden eigenständig Wiesen entstehen. Zum einen in Form der Salzwiesen an den Küsten, wo es für Bäume zu salzig ist. Zum anderen im Regenschatten des Harzes (Bereich Magdeburger Börde), wo so wenig Regen fällt, dass im Zuge der Versteppung Grasgesellschaften entstehen können. Wer also in der Magdeburger Börde wohnt, kann sich einen Rasen anlegen, der auch langfristig ohne viel Pflegeaufwand so bleibt wie er ist. Hier im Großraum Aachen wird im Gegensatz zu Magdeburg jeder Rasen ständig versuchen, sich selbst abzuschaffen.

Der natürliche Bewuchs in unserer Region ist eine Waldlandschaft, die von der Buche dominiert wird. Im Nationalpark Eifel kann man derzeit beobachten, wie durch das Ausbleiben menschlicher Eingriffe langsam wieder diese buchendominierten Wälder entstehen. Wiesen und Weiden werden hingegen ohne regelmäßigen Schnitt oder regelmäßiges Abweiden durch unsere Tiere innerhalb weniger Jahre von Bäumen überwachsen.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass interessanterweise Grasland viel mehr verfügbare Kalorien für Mensch und Tier produziert als Wälder. Folglich leben die „Big Five“ ja auch in den Savannen Afrikas, und nicht in den Urwäldern Amazoniens oder gar bei uns, wo sie aufgrund von Nahrungsknappheit verhungern würden. Auch die meisten von Menschen geschaffenen Kulturen haben sich durch Abbrennen von Wäldern das Land nutzbar gemacht mit dem Ziel, durch die Kultivierung von Wiesen, Weiden und Äckern mehr Nahrung pro Fläche erzeugen zu können, als dies im Wald möglich ist. Auch wir, der „Homo Sapiens“, ist ein „Tier“ der Savanne, und nicht der Urwälder. Er hat ja auch nicht zufällig in den Savannen Afrikas seinen Siegeszug über die Erde begonnenen, deren Bewuchs er nun seinen Bedürfnissen anpasst.

Zurück in unserem Garten versuchen wir also mit dem Rasenmäher mehr schlecht als recht, den künstlich geschaffenen Zustand unseres Rasens zu erhalten. Wir schaffen es hierdurch zu verhindern, dass keimende Bäume das Gras überwachsen und verdrängen. Nun werden dabei aber auch die Gräser, von denen viele gerne einen Meter groß würden, regelmäßig auf ein Minimum gekappt. Dadurch begünstigen wir aber solche Pflanzen, die natürlicherweise rosettenartig flach geduckt am Boden wachsen. Wir züchten uns also durch den Rasenmäher selbst die Rasenunkräuter heran, die wir dann allerdings nicht haben wollen. Folglich bleibt uns nur übrig, entweder die unliebsamen Rasenbewohner regelmäßig auszustechen, oder aber die sogenannten Zweikeimblättrigen (alles was kein Gras ist), gelegentlich mit der chemischen Keule zurückzudrängen.

Jetzt im Herbst ist es sinnvoll, den Rasen über den Winter nicht zu niedrig zu mähen, um die Gräser zu stärken, und die flach wachsenden Unkräuter zu schwächen. Eine Düngung des Rasens sollte man jetzt aber unterlassen. Auch wenn bei warmen Temperaturen die Gräser hiervon profitieren, gelangt bei abfallenden Temperaturen der Stickstoff eher ins Grundwasser als in die Pflanzen.

Durch den natürlich mäßig sauren Regen unserer Region kommt es zu einer schleichenden Versauerung des Rasenbodens, und damit zur Ausbreitung von Moosen. Bezüglich ihrer Bekämpfung macht man sich die Abhängigkeit der Moose vom sauren Milieu zu Nutze. Durch eine mehrmalige Kalkung im Jahr heben wir den PH- Wert und drängen die Moose zurück.

Starker Humusbildner

Gleichzeitig werden durch Kalkung Nährstoffe freigesetzt, die im Humus des Bodens gespeichert sind. Die alte Bauernregel, „viel kalken schafft reiche Väter und arme Söhne“, trifft für Rasen nicht zu, weil Rasen bei uns ein sehr starker Humusbildner ist.

Um den Boden unseres Rasens langfristig zu lockern und luftdurchlässiger zu machen, ist es sinnvoll, alle paar Jahre Sand auf den Rasen aufzubringen (ca. vier l/qm Rasen). So bildet sich unter Mithilfe der Regenwürmer langfristig ein Humus-Sand Gemisch aus, was Blumenerde aus dem Gartencenter nicht unähnlich ist: Ein Boden mit optimalem Verhältnis von Bodenwasser und Bodenluft. So kommt der Rasen mit trockenen und feuchten Witterungsabschnitten besser zurecht. Die Benutzung des Vertikutierers ist eine Methode, kurzfristig den optischen Zustand des Rasens aufzuhübschen. Einen längerfristigen Erfolg des Zustands unseres Rasens kann er allenfalls in Kombination mit den anderen bereits genannten Maßnahmen bringen.

So ist Vertikutieren nach vorheriger Beseitigung der Moose und Unkräuter sinnvoll, um dann in den aufgelockerten Boden Rasen nach zu sähen. Die Grasnabe wird dichter und erschwert den Unkräu-tern die erneute Auskeimung. Jeder Rasen, egal ob Schattenrasen oder nicht, liebt die Sonne und das Licht. Folglich hat man nur Freude mit ihm, wenn man die Bäume und Sträucher im Bereich des Rasens daran hindert, den Rasen mehr als notwendig zu beschatten.


 

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zuletzt bearbeitet am 20.X.2010