25.Nov. 2010
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Oliven: Gesunde Früchte, Balsam für den Körper und Energielieferanten
Mechtild Feese
Während eines Urlaubs am Mittelmeer hat wohl jeder von uns seine kulinarischen Erfahrungen mit Oliven und Olivenöl gemacht; denn sie sind ein Hauptbestandteil der mediterranen Küche. Wohl wegen ihrer breit gefächerten Geschmacksvarianten und wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkung erfreuen sie sich bei uns wachsender Beliebtheit.
Das Öl mit dem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren hemmt Entzündungen und Schmerzen bei Gelenkbeschwerden, Ischias, Hexenschuss und Spannungskopfschmerzen. Es senkt den Cholesterinspiegel und vermindert somit ein Infarktrisiko, es kräftigt Herz und Kreislauf und das Immunsystem. Das Öl wird auch in der Körper- und Schönheitspflege zur Herstellung von Cremes, Lotionen, Seifen und Waschmitteln benutzt. Es soll sogar bis zu einem gewissen Grade vorzeitige Alterungsprozesse stoppen. Tee aus Blättern der Olive fördert den Schlaf und wirkt gegen chronische Müdigkeit und Burn-out-Syndrom.
Die eigentliche Olive, eine einsamige Steinfrucht, ist roh nicht genießbar. In unreifem Zustand ist sie hart und grün und enthält nur 30 % des Öls einer reifen Olive. Während der Reifung am Baum verfärbt sie sich über diverse Rotschattierungen bis hin zu auberginefarben, dunkelbraun, ja fast schwarz. Dabei wird sie ganz schrumpelig. Die Tafel- oder Tischoliven werden entkernt, mehrmals in Wasser oder Salzlake eingelegt, um die Bitterstoffe auszuschwemmen, mit diversen Kräutern mariniert, u.U. mit Mandeln gespickt und dann in Olivenöl, einem der ältesten Konservierungsmittel der Welt, haltbar gemacht. Oliven stillen den Hunger und sollen dadurch indirekt zu einer Gewichtsreduzierung beitragen.
Aus dem sehr harten Holz wurden in der Antike Axtstiele hergestellt. Heute macht man aus dem Holz Kleinmöbel, Küchengeräte, Blasinstrumente, z.B. Blockflöten. Außerdem eignet sich das Holz vorzüglich als Brennholz. In jüngster Zeit allerdings werden alle Abfälle, die bei der Produktion von Oliven anfallen, (Schnittholz, Blätter, Kerne etc.) zur Stromerzeugung verwendet. 2 kg Kerne erzeugen so viel Energie wie 1 l Erdöl!
Von Mitte Oktober bis in den März hinein erntet man die Oliven. Man breitet Netze unter den Bäumen aus, um alle Früchte aufzufangen. Gepflückt wird mit Maschinen, von Hand, mit Kämmen, durch Schlagen und Rütteln, manchmal werden ganze Äste abgesägt. Das Öl wird dann aus den reifen Oliven nach verschiedenen Methoden gepresst. Die Pressvorgänge bestimmen, ob das Öl als Lebensmittel oder als Industrieöl dient. Güte- und Preisklassen ergeben sich auch daraus („kalt gepresst“ bedeutet, bei einer Temperatur von unter 27 Grad gepresst).
Das größte und ertragreichste Olivenanbaugebiet in Europa befindet sich in Spanien. In einem breiten Küstenstreifen bis in 200 m Höhe werden Oliven auch in Italien, Griechenland, Syrien geerntet. Der überwiegende Teil deckt den Eigenbedarf. Es gibt über tausend Sorten, die sich geschmacklich sehr unterscheiden.
Der Olivenbaum (lat. Olea) gehört wie Esche, Forsythie, Liguster, Flieder, Jasmin zu der Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae). Er ist ursprünglich ein Mittelmeergehölz, ein 10 bis - je nach Sorte - 20 m hoher reich verzweigter Baum mit knorrigem oft bizarr verdrehtem Stamm mit rissiger Borke. Seine Gestalt ist so einzigartig, dass man ihn geradezu wiedererkennen muss. Er wächst sehr langsam und kann etliche 100, vielleicht sogar 1000 Jahre alt werden, wobei er immer noch Früchte trägt. Er übersteht große Hitze und Trockenheit, kann aber keinen Frost vertragen.
Seine Blätter sind schmal, spitz zulaufend, oberseits blaugrün und unterseits silbrig behaart, um die Verdunstung möglichst gering zu halten. Die kleinen duftenden weißlich-gelblichen Blüten zeigen sich Ende April bis Anfang Juni und werden meistens durch den Wind bestäubt. Zum Herbst hin entwickeln sich dann die einsamigen Steinfrüchte.
Seit dem 4. Jahrtausend v.Chr. wird die Olive als Nutzpflanze kultiviert. Bereits in vorhomerischer Zeit baute man sie in Griechenland an. Davon zeugen Tongefäße für Öl im minoischen Palast in Knossos auf Kreta. Um 600 v. Chr. brachten phönikische Kaufleute die Olive nach Marseille. Von Griechenland gelangte sie mit den Kolonisten nach Sizilien, Süditalien und in die Provence. Die Römer pflanzten die Olive als Grenzbaum. (Die Redewendung “extra oleas vagari“ = sich außerhalb der Ölbäume bewegen und im übertragenen Sinn „Maß und Ziel nicht einhalten“ bezieht sich darauf.)
Für die Juden galten Feigen, Oliven und Wein als ein wichtiger Teil von Reichtum. Der Ölzweig war und ist das Sinnbild für Frieden und Versöhnung. Schon im Alten Testament (Genesis 8,11) wird erzählt, dass nach der Sintflut, eine Taube Noah einen Olivenzweig brachte zum Zeichen dafür, dass Gott sich mit den Menschen versöhnt hatte.
Der Sage nach stritten einst Poseidon, der Gott des Meeres, und Athene, die Göttin der Weisheit, heftig um die Vorherrschaft in Attika. Als sie sich gar nicht einigen konnten, verfügte der Götterva¬ter Zeus, dass der die Herrschaft übernehmen sollte, der den Menschen das nützlichere Geschenk brächte. Poseidon stieß seinen Dreizack in den Boden, und aus dem Boden entsprang eine Salzquelle. Athene drückte den hölzernen Schaft ihres Speers in die Erde. Daraus wuchs ein Olivenbaum, der viele Früchte brachte. Die Leute von Attika wählten die Olive, weil ihre Früchte ihnen Nahrung waren, sie mit dem Öl ihre Körper salbten und, weil sie mit dem Öl ihre vielen Öllämpchen speisen und Licht in das Dunkel bringen konnten. Zum Dank dafür und zu Ehren Athenes nannten sie die Hauptstadt Attikas „Athen“.
Auch wir sollten dankbar sein und uns an der Olive und ihrem Öl erfreuen und sie genießen, wann immer es geht.
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zuletzt bearbeitet am 27.XII.2010