2.Dez. 2010

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Eichelhäher: Er ist Polizist und – für Forstleute – der Pflanzer des Waldes.

Angela Ertz

Eine bunte Versammlung von Hirschen, Rehen, Füchsen, Eulen, Spechten, Wildschweinen, natürlich alle in Begleitung ihrer Jungen: So sieht der typische Wald in vielen Bilderbüchern aus. Als Kind denkt man sich noch eine entsprechende Geräuschkulisse dazu. Da bleibt eine gewisse Enttäuschung nicht aus, wenn auf Waldspaziergängen meist kein einziges Tier auftaucht, und höchstens leises Vogelgezwitscher zu hören ist …

Mit seinem lautstarken Auftritt rettet ein Vogel jedoch regelmäßig diese Situation. Wie auf Bestellung lässt er von rechts ein beeindruckendes, rätschendes Kreischen hören und fliegt dann im typischen Wellenflug vor der Gruppe über den Weg: Ein Eichelhäher, der „Polizist des Waldes“, der die Waldbesucher vorher schon eine Weile wachsam, aber unauffällig beobachtet hat.

Am besten betrachten kann man den normalerweise scheuen Vogel im Winter am Futterhaus. Nötig hätte er diesen Besuch allerdings nicht, denn jeder Eichelhäher versteckt eine enorme Menge an Eicheln und Nüssen als Wintervorrat - etwa 5.000 Stück pro Jahr! Im Herbst sieht man die Eichelhäher dann auch bei pausenlosen Pendelflügen zwischen ihren Heimatwäldern und einzelnen Eichen oder Haselnusssträuchern. Bis zu sieben Eicheln passen beim Sammeln in ihren Kehlsack, dazu eine in den Schnabel. Verstecke werden so bis in 5 km Entfernung vom Sammelort angeflogen, das macht eine tägliche Flugstrecke von 175 km!

Der Eichelhäher gehört zu den Rabenvögeln und ist bei uns der bunteste Vertreter dieser Vogelfamilie. Zwar klein, aber ganz besonders auffällig sind die blau-schwarz gestreiften Federn am vorderen Flügelrand. Wie die anderen Rabenverwandten können Eichelhäher Geräusche und andere Tierstimmen nachahmen.

Im Laubmischwald
Im Sommerhalbjahr liegt ihr Schwerpunkt auf tierischer Nahrung, dazu zählen Raupen und Engerlinge, seltener auch Eier und Jungvögel. Zusätzlich legen sie das ganze Jahr über Bodendepots aus Baumfrüchten an.

Möchte man im Wald - etwa als Jäger - eher unbemerkt bleiben, weckt der Eichelhäher mit seinem lauten Warnruf natürlich wenig Sympathie. Forstleute schätzen ihn dagegen als „Pflanzer des Waldes“ - was zumindest dann zutrifft, wenn er seinen versteckten Wintervorrat nicht komplett wiederfindet oder aufbraucht. Daraus wachsende Bäume werden dann als „Hähersaaten“ bezeichnet.

Entsprechend ihrer Hauptnahrungsquelle, Eicheln und Bucheckern, sind Eichelhäher in Laubmisch-wäldern zuhause. Ihre Nester bauen sie in niedrige Baumkronen des Unterbewuchses. In sogenannten Mastjahren leben sie dort im Überfluss. Darauf folgende Jahre mit wenigen Baumfrüchten führen zum Teil zu Massenwanderungen in Gebiete mit besserem Nahrungsangebot. Dabei können sich Schwärme mit bis zu 1000 Vögeln bilden.

Die letzte große Invasion von Eichelhähern aus Norden bzw. Nordosten gab es bei uns 2002. Seitdem kann man in Wäldern, Gärten und Städten auch deutlich mehr Eichelhäher beim geschickten Aufhebeln von Eicheln und Nüssen, die sie dafür teilweise in Astgabeln einklemmen, beobachten. Auch wenn der Invasionspeak langsam abflaut, scheinen baumreiche Städte für Eichelhäher - wie für ihre ärgsten Konkurrenten, nämlich Elstern und Krähen - ideale Lebensräume zu sein. Wenig menschenscheu suchen diese verstädterten Tiere Picknickplätze auf und betteln sogar um Futter. Die schwarzweiß gestrichelten Kopffedern, die zu einer Haube aufgestellt werden können, geben den Tieren dabei etwas Niedliches.

Glücksbringer
Die Suche nach einer der schönen blauen Federn des Eichelhähers als Glücksbringer, lässt Kinder übrigens ganz nebenbei viele andere Tierspuren im Wald finden: Pfotenabdrücke, Federn angeknabberte Zapfen - alles Beweise, dass der Wald doch voller Tiere ist! Allerdings sind diese im Unterschied zum Bilderbuch meist gut versteckt.

 

 

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zuletzt bearbeitet am 6.I.2011