13.Jan.2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Das flinke Wiesel – ein gnadenloser Jäger mit einem wertvollen Pelz

Karl Josef Strank

Gerade jetzt im Winter, wenn an einigen Stellen der Schnee getaut und der braune Boden zum Vorschein kommt, kann man ein kleines, schmal gebautes und längliches Tier mit schneeweißem Fell beobachten, das mit außerordentlich schnellen und wendigen Bewegungen hin und her den Raum erkundet, zwischendrin den Oberkörper kerzengerade aufstellt – „Männchen macht“ – kurz innehält und die Umgebung sichert, um dann gleich wieder in schnellem Gewusel fortzufahren. Es ist das bei uns heimische Hermelin oder große Wiesel, wie es auch heißt. Die auffallen schnellen Bewegungen haben zu dem volkstümlichen Sprachgebrauch „wieselflink“ geführt. Mit Beginn der kalten Jahreszeit fallen dem Hermelin die braunen Haare aus und es wachsen die dickeren und längeren weißen Haare nach. Das Hermelin ist dann bis auf die schwarze Schwanzspitze vollkommen weiß gefärbt. Im Frühjahr wachsen auf Rücken, Kopf und Flanken wieder die hellbraunen Haare. Bei einigen zahm gehaltenen Wieseln, die in warmen Räumen überwinterten, unterblieb der Fellwechsel, bei anderen trat er dennoch ein, so dass dies nicht nur eine Folge niederer Temperaturen ist, sondern vielleicht auch einer inneren hormonal gesteuerten Jahresrhythmik unterliegt.

Hermeline sind über die gesamte gemäßigte Zone der nördlichen Erdkugel verbreitet. Sie leben in Höhen bis zu 3.400 Metern, in Wäldern, auf Äckern, in Parks, in Uferröhrichten, sogar in Steppen- und Dünenlandschaften. In Gärten und in der Nähe menschlicher Siedlungen sind sie häufig anzutreffen, wenn es genügend Nahrung und Verstecke gibt. Sie wohnen in Speichern, Schuppen, alten Gemäuern oder in Gärten unter Stein- und Holzhaufen.

Hermeline gelten als dämmerungs- und nachtaktiv, obwohl man sie häufig bei Tag beobachten kann. Sie jagen vorwiegend Nagetiere: Mäuse, Maulwürfe, Hamster, im Norden Lemminge, sogar Ratten und gelegentlich Kaninchen und Hasen, vornehmlich Jungtiere. Sie fressen auch Vögel, deren Eier, Kriechtiere, Lurche, Fische und Insekten. Pflanzenkost verschmähen sie.

Hermeline zählen zu den Mardern und damit zu den ursprünglichsten lebenden Landraubtieren. Als solche schlüpfen sie rasch und lebhaft in Löcher und Spalten und suchen aufmerksam die Umgebung nach Fressbarem ab. Auf freien Flächen oder, wenn es schnell gehen muss, bewegen sie sich im Mardersprung, einem Springlaufen oder Spannen, bei dem beide Hinterbeine eng an die Vorderbeine gebracht, der Rücken bogenartig gespannt und mit allen Beinen gleichzeitig ein kurzer Sprung ausgeführt wird. Für gewöhnlich laufen Hermeline bei gestrecktem Körper mit schnellen trippelnden Schritten.

Seine Beute packt das Hermelin am Hinterkopf oder im Nacken, umklammert sie mit den Vorderbeinen und kratzt mit den Hinterbeinen schnell auf dem Hinterleib der Beute, um Abwehrbewegungen zu verhindern. Den Tötungsbiss setzt es in den Hinterkopf. Austretendes Blut leckt es – wie alle Marder – auf, was zu dem Irrglauben geführt hat, Marder „saugen den Opfern das Blut aus“ und ernährten sich vorwiegend davon, weswegen sie in einen „Blutrausch“ verfielen.

Die Beute wird in ein Versteck geschafft und das Hermelin kehrt zurück, um den Tatort und die Umgebung erregt nach weiterer Beute abzusuchen. Was es findet, wird getötet und ins Versteck gebracht. Das wiederholt sich, bis es keine lebenden Beutetiere mehr antrifft. Das ist so, weil bei Mardern der Beuteerwerb unabhängig von der Nahrungsaufnahme funktioniert.

In einen Geflügel- oder Kaninchenstall eingedrungene Marder fand man zum Entsetzen der Halter am anderen Morgen schlafend zwischen den Leichen aller Stallinsassen. Solche „Schandtaten“ bringen die Marder in Verruf. Diese können aber nicht anders handeln und sind nach den vielen Tötungskämpfen so erschöpft, dass sie es nicht mehr schaffen, die Beute in das Versteck zu schleppen und sich am blutigen Tatort zur Ruhe legen.

Symbol für Macht und Reichtum
In der Vergangenheit stellte man dem Hermelin vor allem wegen seines wertvollen weißen Winter-pelzes nach. Dieser galt dem Adel als Symbol der Macht, des Reichtums und der Reinheit. Die Kreuzritter trugen ihn und die mächtigen Kirchenfürsten. Später war er Königen und Kaisern als sichtbares Symbol der Herrschaft und des Besonderen vorbehalten.

Ludwig XIV., der absolute Herrscher schlechthin und Vorbild vieler barocker Fürsten, ließ sich mit allen Insignien in der Hermelinrobe darstellen. Ihm eiferte König Ludwig II. von Bayern nach, der sich ebenfalls in einen Hermelinmantel kleidete als die Zeit schon darüber hinweggegangen war und das nur noch als märchenhafte Staffage verstanden werden konnte. Noch heute ziert mitunter manches ausgestopfte Hermelin, meist im weißen Winterfell, die inzwischen bürgerliche Wohn-stube.

Die kleine Ausgabe des Hermelins ist das Mauswiesel oder „Hermännchen“. Es ist sogar in der Lage, der Beute in die schmalen und engen Gänge zu folgen und lebt ansonsten wie sein großer Bruder. Das Mauswiesel teilt sprichwörtlich das Schicksal vieler kleineren und untergebenen Leute, die oft gezwungen waren und werden, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und in devoter und untertänigster Weise das „Hermännchen“ für die Reichen und Mächtigen zu geben.

Weil Hermelin wie auch das Hermännchen die effektivsten Mäusejäger sind, kann sich jeder Gärtner und jede Gärtnerin glücklich schätzen, deren Garten im Streifgebiet beider kleiner Marder liegt. Daher lohnt es, ihnen geeignete Nist- und Unterschlupfverstecke anzubieten. Wahrscheinlich hielten die Menschen halbzahme Hermeline als Ratten- und Mäusejäger sogar bevor die Katze als Haustier einführt wurde.


voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 12.II.2011