13.Okt.2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Baumhasel ist nicht so empfindlich: Man sagt ihr sogar Zauberkräfte nach.

Angela Ertz

Ein kleines Detail verriet uns mitten während der hochsommerlichen letzten Septembertage, dass es strenggenommen schon Herbst war: Auf vielen Aachener Straßen knackte es nämlich beim Entlanggehen deutlich. Ein Blick Richtung Boden zeigte bis zu faustgroße, zipfelige braune Bälle, aus denen einzelne kleine Nüsse herausfielen. Weiter oben befand sich natürlich die Quelle dieser Früchte: Ein kleiner Straßenbaum mit breitrundlichen, fast herzförmigen Blättern mit gezacktem Rand.

Als Baumhasel (Corylus colurna) wird diese Schwesterart unseres Haselnussstrauchs bezeichnet. Die Baumhasel ist mittlerweile ein beliebter Straßenbaum, da er gegenüber Abgasen und Feinstaubbelastung sehr tolerant zu sein scheint. Der heimische Haselnussstrauch (Corylus avellana) wächst dagegen als mehrstämmiger Busch, wobei die im ersten Jahr unverzweigten Ruten oft mehrere Meter lang werden können. Eine ganz andere Wuchsform zeigt dagegen der Korkenzieherhasel, der aus einer Spontanmutation zum beliebten Zierstrauch weitergezüchtet wurde.

Die Haselnuss ist eine sehr anpassungsfähige Pionierpflanze. In der frühen Nacheiszeit vor etwa 11.000 Jahren gab es im westlichen Europa deshalb regelrechte ausgedehnte Haselhaine. Man vermutet aber, dass bei der Verbreitung der Haselnuss schon früh die Menschen beteiligt waren. Es gibt kaum eine archäobotanische Fundstelle ohne Haselnussschalen. Die Verwendbarkeit des Holzes ist dagegen begrenzt, da die Stämme selten dicker als 25 cm werden. Meist verwendet man daher ganze oder gespaltene Ruten oder Stämme zum Drechseln, als Füllungen für Fachwerkgefache, Zäune oder Pflanzenstangen im Garten. Aus dem Holz der Hasel wurden nachweislich schon in der Jungsteinzeit Flechtwände gebaut. Spricht man bei Holzmöbeln von ‚Nussbaum‘ ist allerdings das Holz des Walnussbaums gemeint.

Die männlichen Kätzchenblüten der Haselnusssträucher sind im Frühling eine wichtige erste Pollennahrung für Bienen. Deshalb wohl war die Haselnuss Sinnbild des Frühlings und sogar Symbol für die Unsterblichkeit. Allerlei Zauberkräfte wurden der Haselrute zugesprochen, die natürlich auch als Zauberstab fungierte. Bei den alten Germanen war der Haselstrauch dem Donnergott Thor geweiht und galt als blitzsicher. Der Schutz vor Blitzen wurde später ausgeweitet auf Schlangen, Hexen und diverse böse Geister. Dafür steckte man sich Haselruten ins Dach, unters Bett und gegen Irrlichter auch ins Fenster. Am bekanntesten ist wohl ihre Funktion als Wünschelrute, die nicht nur Wasser, sondern auch Gold, Silber und gesuchte Verbrecher aufspüren sollte und in dem Zusammenhang sogar als Lügendetektor eingesetzt wurde.

Die Nüsse von Haselstrauch und Baumhasel sind geschmacklich vergleichbar, wenn auch die der Baumhasel nur halb so groß werden wie die des Haselnussstrauchs. Im Handel erhältliche Haselnüsse stammt übrigens meist von der nahe verwandten Lambertshasel (Corylus maxima).Wegen ihres hohen Fett- und Eiweißgehaltes und der langen Lagerfähigkeit sind Haselnüsse jedenfalls schon seit Urzeiten eine wichtige Nahrungskomponente. Konkurrenten um diese nahrhaften Wintervorräte sind unter anderem Eichhörnchen, Mäuse, Spechte, Eichelhäher und spezielle Rüsselkäfer (Haselnussbohrer), wobei jedes Tier eine eigene kreative Art erfunden hat, um durch die harte Schale ins Innere zu gelangen. Kleiber und Spechte klemmen die Nüsse in Rindenspalten ein und zerhacken sie in diesen sogenannten Spechtschmieden. Krähen dagegen lassen lieber die Menschen für sich arbeiten: An vielen Aachener Straßen mit entsprechendem Baumbestand lässt sich beobachten, dass sie bewusst an Ampeln Nüsse und Eicheln auf die Straße legen und später dann die plattgefahrenen Nüsse aufpicken.

 

 

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zuletzt bearbeitet am 18.XI.2011