10.Nov.2011
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Heiß begehrt oder stark verpönt: der Fenchel
Astrid von Reis
Kaum eine andere Pflanze spaltet meiner Beobachtung nach derartig die Gemüter wie der Fenchel. Die einen verziehen angewidert das Gesicht, die anderen streichen sich, begleitet von einem wohl tönenden mmh, über den Bauch. Ob das daran liegt, dass ein Teil der Fenchel ablehnenden Menschen als zahnende oder unter Koliken leidende Kleinkinder ein wenig zu viel Fencheltee einverleibt bekommen haben? Vielleicht wussten sie damals schon, dass man nicht zu viel hiervon trinken soll? Oder wird Fenchel bei diesen Menschen mit nicht so schönen Krankenhausaufenthalten in Verbindung gebracht, da der Fencheltee hier ein häufig angebotenes Getränk ist?
Sei es wie es sei, der Fenchel (Foeniculum vulgare L.) aus der Familie der Doldenblütler, ist als Heil- und Gewürzpflanze dem Menschen schon sehr lange bekannt und findet viele Anwendungsbereiche.
Der Fenchel, eine bis zu 200 Zentimeter hoch wachsende zwei- bis mehrjährige Pflanze mit feinen, mehrfach gefiederten Blättern, stammt wahrscheinlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Älteste Nachrichten (um 3000 v. Chr.) über die Verwendung des Fenchels stammen aus dem Zweistromland. Die Ägypter kannten die Pflanze gut, bauten sie aber nicht an.
Die Griechen scheinen den Fenchel kultiviert zu haben, denn sein griechischer Name ‚marathon’ soll sich von den Fenchelfeldern des attischen Ortes Marathon, wo Miltiades in der legendären Schlacht 490 v. Chr. die Perser besiegte, herleiten. Fenchel galt als Symbol für Erfolg und wurde wie Lorbeer zu Kränzen gewunden.
Die Römer schätzten den Fenchel sehr und nahmen ihn wohl unabhängig von den Griechen in Kultur, denn Plinius bezeichnet ihn als ‚foeniculum’ (lat. foenum = Heu), was sich auf das Aussehen des Krautes im getrockneten Zustand bezieht. Sie kultivierten bereits mehrere Sorten und verbreiteten ihn bis an die Grenzen ihres Imperiums, wie römerzeitliche Samenfunde in Xanten beweisen. Sie verwendeten ihn als Gewürz zu fast allen Gerichten vom Essig bis zum Brot und von eingemachten Oliven bis hin zu Fleischbrühen und Wildbret. Dioskorides schreibt viel über die Heilwirkung der Pflanze.
Auch in der Landgüterverordnung Karls des Großen, dem Capitulare de villis, wurde an 36. Stelle der Fenchel aufgeführt. Wer diese prächtigen Pflanzen mit den gelben, nektarreichen und als Bienenweide bekannten Blüten und später die Früchte mal sehen möchte, sollte im Juli/ August bzw. im September/ Oktober den Karlsgarten in Melaten besuchen. Es sind richtige „Blickfänge“.
Auch Hildegard von Bingen empfiehlt den Fenchel. Walafried Strabo (Hortulus) singt ein Loblied auf Fenchel, welches bis heute zu Geltung hat: „Auch die Ehre des Fenchels sei hier nicht verschwiegen; er hebt sich/ Kräftig im Sproß, und er strecket zur Seite die Arme der Zweige,/ Ziemlich süß von Geschmack und süßen Geruches desgleichen./ Nützen soll er den Augen, wenn Schatten sie trübend befallen,/ und sein Same, …/ Lockre, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösend/ Alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung./ Ferner vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit dem Weine,/ Trank des Lenaeus, und so genossen, den keuchenden Husten.“
Fenchel (-tee, -honig, -tropfen, -aufgüsse, -gurgelwasser) wirkt, ähnlich wie Kümmel und Anis, antiseptisch, entzündungshemmend, beruhigend, blähungs- und krampflindernd und ist schleimlösend, auswurffördernd bei Erkältungen, appetitanregend.
Wir kennen drei Fenchelvarietäten: Foeniculum vulgare ssp. vulgare var.dulce (Römischer Fenchel, Gewürzfenchel das Kraut ist sehr beliebt v.a. in der italienischen (finocchio dolce), sizilianischen und griechischen Küche („nicht nur im Ouzo“)), var. vulgare (Wilder Fenchel, Bitterfenchel) und var. azoricum (Gemüse- oder Zwiebelfenchel hierbei umfassen die grundständigen, verdickten Blätter zwiebelartig den Spross).
Medizinisch interessant sind die beiden ersten Varietäten. Hier werden vor allem die Samen mit dem ätherischen Öl genutzt, welches zu 80% aus Anethol, Fenchon und Methylchavicol sowie Flavonoiden, Cumarinen und Sterinen besteht.
Aus der letztgenannten Varietät können aus den “Knollen“ köstliche! und durch hohen Mineralstoffgehalt sowie die Vitamine A, B und C (247mg in 100 gr frischen Blättern), gesunde Salate sowie Gemüsegerichte und Beilagen u.a. zu Fisch gekocht werden. Hier gibt es viele leckere Rezepte, nicht nur in der südländischen Küche.
zuletzt bearbeitet am 16.XII.2011