3.Nov.2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Zum höchsten Weinberg der Niederlande

Joachim Schmitz

Es ist inzwischen Tradition geworden, dass der Freundeskreis Botanischer Garten Aachen e.V. die Wander- und Exkursionssaison mit einer Wanderung am ersten Sonntag der Herbstferien abschließt. Die diesjährige Herbstwanderung führte durch das Vaalser Heuvelland zum höchsten Weinberg der Niederlande. Bei Wanderzielen denken die meisten Aachener an den Stadtwald und die Eifel. Aber auch im niederländischen Grenzland gibt es hervorragende Wandermöglichkeiten. Wie am noch zu Aachen gehörenden Schneeberg bestimmt der kreidezeitliche Mergelboden das Landschaftsbild. Typisch sind sanft geschwungene Hügel aber auch tief eingegrabene Hohlwege.

Liebhaberei
Los gehts vom Kreisverkehr am Ortsausgang von Vaals los. Von hier folgte die Wandergruppe dem "Oude Akerweg" nach Vijlen. Vorbei an alten Höfen, alten Weiden und den typischen Hohlwegen ging es in wunderbarem Spätherbstwetter flott voran. Oberhalb von Vijlen liegt der Ortsteil Rott mit dem Weingut St. Martinus, das zunächst aus Liebhaberei diesen Weingarten bewirtschaftet hat. Dieser 't Rodt genannte Weingarten soll einer der ältesten in den Niederlanden sein. Die Geschichte des Weinbaus in Mitteleuropa ist auch ein Spiegel der Klimaentwicklung. Im Mittelalter gab es eine Warmzeit. Die Quellen streiten sich um eine genauere Datierung, so ungefähr kann man die Spanne von 800-1300 n.Chr. annehmen. Damals erreichte der Weinbau seine größte Verbreitung in Mitteleuropa. Zahlreiche Wege- und Flurbezeichnungen wie Wingert, Wingertsberg, im Weingarten usw. zeugen noch heute von dieser Zeit. Etwa im 17. Jahrhundert setzte die „Kleine Eiszeit“ ein. Die Temperaturen gingen drastisch zurück und damit verringerte sich auch die Anbaufläche von Wein erheblich. Die Kleine Eiszeit lässt sich übrigens auch literarisch belegen. Im Osterspaziergang in Goethes Faust heißt es: „Vom Eise befreit sind Ströme und Bäche…“ (zu Ostern!). Heute frieren Fließgewässer gar nicht mehr zu. Auch die berühmte Überquerung des zugefrorenen Rheins durch die preußischen Truppen unter Blücher in den Napoleonischen Kriegen gehört in diese Klimaepoche.

Eine neue Warmzeit?
Der Limburgische Wein wurde erst als Kuriosum belächelt, hat aber in den letzten Jahren immer mehr Freunde gewonnen. Die aktuelle Klimaerwärmung dürfte auch ihren Anteil daran haben, dass heutzutage auch in Gebieten, denen man Weinbau kaum zugetraut hat, respektable Weine wachsen. Wer weiß, vielleicht erleben wir eine Ausbreitung des Weinbaus, wie er in der mittelalterlichen Warmzeit bestanden hat.

Auch das Weingut St. Martinus konnte den Bedarf nicht mehr decken und hat etwas oberhalb des Ortes den neuen Weingarten "Villare" angelegt. Mit 210m über NN ist das der höchste Weingarten der Niederlande. Der Name leitet sich vom lateinischen villa ab, was auch der Ursprung des Ortsnamens Vijlen sein soll. Bei Weinberg denkt man als Rheinländer immer an steile Felshänge in Südlage in einem Flusstal wie an Rhein, Mosel oder Ahr. Da ist die Lage des Weingartens Villare am Waldrand in geringer Neigung nach Osten schon ziemlich überraschend.


Am Ende des Weinbergs Villare öffnete sich dann der Blick auf den charakteristischen Turm der Kirche St. Martinus in Vijlen, nach der sich auch das Weingut benannt hat.

Die Tour endete nach ca. 4 Stunden im Dorf Holset in geselliger Runde in einem Ausflugslokal.

 

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zuletzt bearbeitet am 18.XII.2011