8.März 2012
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Grasverstecke für die Rebhühner schaffen. Vögel auf der „Roten Liste“.
Karl Josef Strank
„Perdix ist fast perdu“, so titelte die Frankfurter Rundschau im vergangenen Dezember über den dramatischen Rückgang der Rebhühner, ein charakteristischer Hühnervogel, der noch vor 50 Jahren so zahlreich vertreten war, dass er zu Millionen geschossen und auf den Märkten angeboten wurde. Rebhühner mit Grasverstecken retten? Das ist dringend geboten, denn die Rebhühner sind in einigen Gegenden bereits ganz verschwunden und so selten geworden, dass sie seit 1996 in der „Roten Liste der gefährdeten Tierarten Deutschlands“ als „stark gefährdet“ geführt werden.
Dabei haben die Rebhühner lange bessere, wenn nicht die besten Jahre, auf unseren Feldern erlebt. Bevor nach dem Zweiten Weltkrieg die intensive Landwirtschaft infolge der Flurbereinigung große, monotone und weitgehend ausgeräumte Felder geschaffen hat, waren diese sehr abwechslungsreich gestaltet und in viele kleine Parzellen mit unterschiedlichen Fruchtfolgen unterteilt. Pestizide wurden keine ausgebracht und sogenannte Unkräuter mit einem überreichen Angebot an Samen und eine Vielzahl von Insektenarten waren reichlich vorhanden.
Rebhühner sind Standvögel, Wanderungen unternehmen sie selten. Im Herbst schließen sich mehrere Familienverbände zu größeren Gesellschaften zusammen. Diese Ketten lösen sich im Frühjahr wieder auf. Rebhühner verharren lange ruhig am Boden und vertrauen auf ihr gutes Tarngefieder. Werden sie durch Hunde aufgestöbert, fliegen ganze Ketten mit lautem Flügelschlag, das man als Flügel-„Burren“ bezeichnet, auf, um nach wenigen hundert Metern eines flachen Fluges wieder zu Boden zu gehen. Beim plötzlichen Abflug lassen sie ihren gellenden Schreckruf „rip-rip-rip“ hören, was dem Rebhuhn den Namen gegeben hat und nicht etwa der Umstand, dass sie sich auch in Weinbergen aufhalten.
Jägern ist es ein Leichtes aus diesen oft dicht besetzten Ketten etliche Rebhühner herauszuschießen, was unter anderem die hohen Jagdstrecken der Vergangenheit erklärt. Rebhühner und ihre Eier schmecken gut. Früher galten sie als Arme-Leute-Essen, heute sind sie seltener zu haben und werden als Delikatesse gehandelt.
In der Balz, die ab Mitte März zu beobachten ist, umwerben die Hähne die Hennen knurrend mit geöffnetem Schnabel, abgespreizten Seitenfedern und gefächertem Stoß. Rebhühner zeigen kein Revierverhalten. Die Hennen legen ihre Eier in ein gut verstecktes Nest am Boden, das verdeckt unter Hecken, an Feldrainen, Grabenrändern oder in der Nähe von Gehölz- oder Waldrändern liegt. Aus den zehn bis 20 olivbraunen Eiern schlüpfen mehr oder weniger zeitgleich nach einer Bebrütung von 23 bis 25 Tagen die Küken. Der Hahn hält in dieser Zeit in der Nähe des Nestes Wache, beteiligt sich nicht am Brutgeschäft, nimmt aber die geschlüpften und anfangs sehr kälteempfindlichen Küken sofort unter sein Gefieder und hudert diese intensiv. Nach etwa 14 Tagen können die Jungen schon gut fliegen und nach etwa fünf Wochen sind sie ausgewachsen und selbstständig. In den ersten zwei Wochen ernähren sich die Küken fast nur von Kleintieren. Später sinkt der tierische Anteil der Nahrung unter 50 Prozent. Klee, Luzerne, Grasspitzen, Kräuter- und Getreidesamen sind vor allem im Herbst und Winter wichtige Bestandteile der Nahrung.
Rebhühner haben viele Feinde. Füchse und Greifvögel erbeuten die ausgewachsenen Altvögel. Gelege werden von Krähen, Mardern, Wild- und streunenden Hauskatzen heimgesucht. Aber auch Dachse, Ratten, Igel und neuerdings Waschbär und Marderhund, die eingewandert sind und sich ausbreiten, betätigen sich als Nesträuber. Hauptfeind aber ist die intensive Landwirtschaft und es macht Sinn, in den Feldern wieder Kraut- und Grasstreifen entlang der Wege, Hecken und Feldgehölze anzulegen, sollen die Rebhühner in unserer heutigen Kulturlandschaft eine Überlebenschance haben.
zuletzt bearbeitet am 8.III.2012