1.März 2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Frühlingsbeginn und die Samen.Was Mensch und Vogel leisten können.

Thomas Eßing

Für die Meteorologen beginnt heute der Frühling. Für den Pflanzenfreund wird es Zeit, erste Aussaaten in Schalen auf dem Fensterbrett vorzunehmen. Als klassische, dankbare Sommerblume eignen sich jetzt Studentenblume (Tagetes) oder diverse Nelkenarten (Dianthus). Wer Gewürze selbst anziehen möchte, beginnt Anfang März mit Petersilie, Schnittlauch und Majoran. Die Samen werden in Blumenerde ausgesät und mit Sand etwas abgedeckt. Nach dem Auflaufen der Keimlinge werden sie, abhängig von Empfindlichkeit und Witterung, im Freien weiterkultiviert. Dies geht auch wunderbar in Töpfen auf dem Balkon.

Wir sind es bei Aussaaten gewohnt, dass die Samen innerhalb von ein bis zwei Wochen keimen. Dies ist aber bei vielen Pflanzen in freier Natur ganz anders. Samen verfügen über unterschiedliche Arten von Keimhemmung. Diese verhindern, dass es in milden Wintern oder in Trockenzeiten zur Keimung kommt, da dann die Überlebenschance der Keimlinge zu gering wäre. Denn wenn sich Samen schon nicht den Ort ihrer Keimung aussuchen können, ist es umso wichtiger, dass der Zeitpunkt hierfür optimal gewählt ist. Wie schaffen es aber nun die Samen, tatsächlich im richtigen Moment zu keimen?

Der Samen eines Apfels beispielsweise braucht mehrere Kälteperioden, um seine bei der Reifung aufgebaute Keimhemmung abzubauen. Ist dies bis zum Frühjahr erfolgt, kommt es aber nur bei ausreichendem Wärmereiz zur Keimung. Wenn allerdings gleichzeitig durch eine Trockenperiode das Wasser fehlt, wird neuerlich eine Keimhemmung aufgebaut. Nur wenn eine Vielzahl von Komponenten gleichzeitig erfüllt ist, kommt es zur Keimung. Anderenfalls wird der Stoffwechsel im Samen heruntergefahren, sodass er mehrere Jahre überleben kann, um auf bessere Zeiten zu warten.

Durch Vögel verbreitete Samen müssen eine Samenschale haben, die den aggressiven Substanzen in einem Vogelmagen widerstehen können. Häufig können sie ohne diese Einwirkung auf ihre Schale gar nicht mehr keimen. Der Vorteil, durch einen Vogel eine weite Entfernung transportiert werden zu können ist so groß, dass dieser Möglichkeit alles andere untergeordnet wird. Wurde dann der Samen tatsächlich transportiert, ist der erste Keimschutz abgebaut. Aber auch danach müssen erst weitere positive Bedingungen gegeben sein, damit der Samen keimt.

Kastanien und Eicheln verfügen durch ihre Größe über viel gespeicherte Energie. Diese nutzen sie, um nach der Keimung selbst unter schattigen Bedingungen ihren Konkurrenten schnell zum Licht davon zu wachsen. Ihre Größe hat jedoch den Nachteil, dass sie durch den Wind nicht von ihrer Mutterpflanze wegtransportiert werden können. Eicheln sind aber noch klein genug, um in den Schnabel eines Eichelhähers zu passen, und hierdurch in weitem Umkreis verteilt zu werden.

Solche größeren Samen vertragen Trockenheit aber nur schlecht. Sie verbringen den Winter am besten im Freien unter feuchtem Laub, um ihre Keimfähigkeit nicht zu verlieren. Die Keimung selbst geht deshalb so schnell vonstatten, da in den Samen bereits Blätter, Spross und Wurzel fertig entwickelt sind. Wie ein gepresster Schwamm bei Wasserzugabe expandiert, so strecken sich die Zellen bei Wasseraufnahme auf das Vielfache ihrer Ausgangsgröße. Die Keimblätter entfalten sich, und die Wurzel schiebt sich in den Boden. Erst danach beginnt die Pflanze, über die Fotosynthese der Blätter neue Energie zu gewinnen. Dies ist der kritischste Punkt im Leben einer Pflanze überhaupt. Ist es zu diesem Zeitpunkt zu trocken, zu schattig oder zu kalt, war alle Mühe umsonst und die junge Pflanze stirbt. Sind die Bedingungen gut, kann sie Energie generieren und mit neuerlichem Wachstum beginnen. Bei der Unkrautbekämpfung kann man zu diesem Zeitpunkt mit wenig Aufwand viel erreichen. Deshalb ist Unkrautbekämpfung im frühen Frühjahr sehr effektiv.

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zuletzt bearbeitet am 3.III.2012