11.Okt.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Herbst trägt viele Früchte: Trauben, Kürbis, Eicheln – natürlich Kartoffeln

Karl Josef Strank

Der Herbst hat schon seit einigen Tagen Einzug gehalten und, wenn morgens der Nebel in der Wiese liegt und die Sonne Zeit braucht diesen zu vertreiben oder es auch schon mal nicht mehr schafft, merkt auch der Letzte, dass der Sommer vorbei ist. Dennoch gibt es schöne lichte Sonnentage, die das Thermometer auf angenehme Grade bringen und einladen, die Tage draußen zu verbringen.

Unsere Vorfahren nannten den Oktober den „Gilbhart“, weil es in den Wäldern jetzt viel gelbes und welkendes Laub gibt. Auch im Garten stellt man fest, dass das Welken und Verfärben einige Pflanzen erfasst, die damit ihren natürlichen Vegetationszyklus abschließen, nicht ohne noch die letzten Reserven in die Früchte oder, wenn sie mehrjährig sind, in den überwinternden Vegetationskörper zu schicken. An schönen Herbsttagen kommen unweigerlich die Zeilen aus dem Gedicht „Herbsttag“ von Rainer Maria Rilke in den Sinn: „Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; / gieb ihnen noch zwei südlichere Tage, / dränge sie zur Vollendung hin und jage / die letzte Süße in den schweren Wein.“

Wein ist ein gutes Stichwort. Es macht Freude, in diesen Tagen durch eine Weingegend zu wandern und neuen oder auch alten Wein zu verkosten. Wein gilt vielen als die edelste Frucht des Herbstes, die jetzt zum Höhepunkt des Winzerjahres die vielfältigen und mühsamen Arbeiten im Weinberg dankt.

Früchte des Herbstes sind die Kürbisse, die jeden Sonnenstrahl brauchen, damit sie ausreifen ebenso wie die Rüben auf den Feldern, die dadurch noch mehr Zucker in den Knollen anreichern. Quitten, in unseren Breiten nicht gerade von der Sonne verwöhnt, verdicken sich in diesen Tagen merklich und sind ebenfalls für jeden Sonnenstrahl dankbar, der sie leuchtend gelb werden und reifen lässt. Es gibt heute frühe, mittlere und späte Sorten, aber eine inzwischen zur Hauptnahrungspflanze aufgestiegene köstliche Knolle unserer Gärten und Felder war ursprünglich eine Frucht des Herbstes, die Kartoffel. Ich erinnere mich noch an Zeiten, bevor die intensive Mechanisierung der Landwirtschaft begann, dass Jung und Alt im Herbst scharenweise auf die Felder ging und in Weidenkörben die zuvor ausgerodeten Kartoffeln sammelte. Die Herbstferien hießen damals noch Kartoffelferien, weil auch viele Schulkinder in dieser freien Zeit mit auf die Felder gingen und Kartoffeln ernteten. Es machte sogar Spaß, in der aufgewühlten Erde nach den Knollen zu suchen und am Ende eines dann doch ermüdenden Tages die frischen Kartoffeln, aufgespießt an langen Zweigen, in einem Feuer aus trockenem Kartoffellaub zu garen und zu essen.

Nachdem die Bauern die Felder abgeerntet hatten, gingen immer einige Leute zur Nachlese der Früchte, die liegengeblieben waren, hinterher und „stoppelten“. Sie sammelten so durchweg einige Mahlzeiten zusammen, was in der schlechten Zeit von Wert war. Während des letzten Krieges, als die Lebensmittel knapp wurden, gingen ganze Schulklassen in die Wälder und sammelten Bucheckern. Aus ihnen lässt sich durch kalte Pressung Bucheckernöl gewinnen, das eine große Bedeutung in der Selbstversorgung hatte. Es hat eine goldgelbe Farbe und ein typisches, nussig-herbes Aroma. Heute ist es eine Rarität unter den Speiseölen. Der Ertrag ist gering, sieben Kilogramm gereinigte und getrocknete Bucheckern (etwa 25 000 Stück) liefern einen Liter Öl und der Wald produziert nicht jedes Jahr genügend Früchte, dass sich das Sammeln und Pressen lohnt. Bucheckernöl ist daher heute ein rarer und hochgeschätzter Genuss für Feinschmecker.

Eicheln und Kastanien sind ebenfalls typische Früchte des Herbstes, die mal im Überfluss mal spärlicher im Wald wachsen. Etwa alle sieben Jahre entwickeln Eichen ein sogenanntes „Mastjahr“. Früher trieben die Bauern dann die Schweine in den Wald. Alle erwarteten froh den Winter, denn die Menschen wussten: „Die besten Schinken wachsen auf den Bäumen!“ Die Zeiten der Schweinemast im Wald sind vorbei, kein Förster würde das heute erlauben, denn den Wäldern wurden damals viele Nährstoffe entzogen. Von den Mastjahren profitieren nur noch die Wildschweine und deren Schinken schmecken wirklich hervorragend.


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zuletzt bearbeitet am 30.XI.2012