6.Dez.2012
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Äpfel, Nüsse, Mandelkern gehören zur Vorweihnachtszeit unbedingt dazu
Ruth Gestrich-Schmitz
War bei Ihnen heute Nacht der Nikolaus? Es ist eine schöne Tradition, am Abend des 5. Dezember die Stiefel zu putzen und vor die Tür zu stellen. In freudiger Erwartung stehen die Kinder am nächsten Morgen auf und sind gespannt, was sie im Stiefel so vorfinden. In meiner Kindergartenzeit waren wir am Nikolaustag sehr aufgeregt, wenn der Nikolaus kam, gekleidet als Bischof mit Bischofsstab in der Hand, in Begleitung des schaurigen Hans Muff, der mit seiner Kette rasselte. Gedichte wurden aufgesagt und dann kam der spannende Moment, wo der Nikolaus in seinen großen Sack griff und allerlei Leckereien als Belohnung verteilte. „Äpfel, Nuss und Mandelkern, essen fromme Kinder gern“ schrieb Theodor Storm 1862 in seinem Gedicht „Knecht Ruprecht“. Auch wenn heute die Kinder lieber Schokolade in ihren Stiefeln finden, gehören Äpfel, Nüsse und Mandeln zur Vorweihnachtszeit unbedingt dazu.Mandeln wurden als Wildfrüchte vermutlich schon von mittelsteinzeitlichen Jägern und Sammlern sowie von den frühen Ackerbauern gesammelt, wie Funde aus Griechenland, der Türkei (der Heimat des heiligen Nikolaus), Israel und Syrien belegen. Ihre frühe Kultivierung Funde deuten auf die Bronzezeit hin könnte darin begründet sein, dass sie sich aus Samen ziehen lassen und damit erst das später entwickelte Verfahren des Pfropfens nicht notwendig ist.
Die Mandel (Prunus dulcis, Familie: Rosaceae) wächst als Strauch oder kleiner Baum in warmen Regionen. Wegen ihrer Frostanfälligkeit beschränkt sich ihre Kultur in Deutschland auf Wärmeinseln wie das Mainbecken, den Oberrhein oder die Bergstraße. Bereits im März erscheinen die meist rosa Blüten mit fünf, bis zu zwei Zentimeter langen, am Ende ausgerandeten Kronblättern. Im Juli/August reifen graugrüne, samtfilzig behaarte, länglich abgeflachte Steinfrüchte mit zähem, meist am Steinkern haftendem Fruchtfleisch. Der im Steinkern enthaltene zimtbraune Samen ist abgeplattet und etwa zwei Zentimeter lang. In den Handel kommen die vom Fleisch befreiten Steinkerne oder die Samen, die botanisch gesehen keine Nüsse sind. Hauptsächlich werden drei Varietäten unterschieden: Die Süß-Mandel (var. dulcis), die Bitter-Mandel (var. amara) und die Krach-Mandel (var. fragilis).
Den Griechen und Römern waren die verschiedenen Mandelsorten bereits bestens vertraut: Der griechische Philosoph und Naturforscher Theophrast beschreibt im 4. Jh. v. Chr. Kulturformen und Veredelungstechniken. Die Römer übernahmen die Mandelkultur von den Griechen, sie nannten die Mandel „ griechische Nuss“, nux graeca. Die älteste Erwähnung der Mandel für Deutschland findet sich im Capitulare de villis Karls des Großen.
Ihre sehr frühe, spektakuläre Blüte und die Symbolik des in einem harten Kern verborgenen Samens haben die Fantasie der Völker schon immer beflügelt. So spielte die Mandel eine wichtige Rolle bei den rituellen Festen der phrygischen Mutter- und Liebesgöttin Kybele. In der Bibel wird die Mandel mehrfach erwähnt, oft mit Bezug auf die frühe Blüte. Im Christentum wurde die Mandelfrucht als Symbol für die unbefleckte Empfängnis gedeutet: „Christus wurde gezeugt in Marien, wie der Mandelkern sich in der unverletzt bleibenden Mandel bildet“(Konrad von Würzburg, 13. Jh.).
In der Naturheilkunde spielte nur die Bittermandel eine Rolle: Dioskorides empfahl sie bei Hautproblemen, gegen Husten und Erkrankungen von Lunge, Leber und Nieren. Mandelöl wird in der Medizin heute nur noch als Grundlage für Hautsalben eingesetzt. Mandelsamen sind reich an ungesättigten Fettsäuren wie Öl- und Linolsäure, enthalten Mineralstoffe und Vitamine.
In der Bittermandel kommt das Glykosid Amygdalin hinzu, das unter Einwirkung ebenfalls im Samen vorhandener Enzyme giftige Blausäure und Benzaldehyd freisetzt. Letzteres ist Hauptkomponente des typischen Bittermandelaromas, das heute meist rein synthetisch hergestellt wird. Die Süßmandel wurde und wird überwiegend zum direkten Genuss oder für Gebäck und Süßwaren verwendet. Marzipan wurde übrigens nicht in Lübeck erfunden, vielmehr stammt das Rezept aus dem arabischen Raum und der Name könnte von der byzantinischen Münze „Mauthaban“ abgeleitet sein.
zuletzt bearbeitet am 26.I.2013