13.Dez.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Leuchtendes Moos an der Rur, üppige Polster im Hohen Venn und Wald

Karl Josef Strank

Es gehört zu den angenehmeren Dingen, sich jetzt vorzustellen, dass man in einem Bergwald bei himmlischer Ruhe entspannt und faul, auf weichen Moospolstern gebettet den Tag genießt. Mit Moosen verbinden wir in der Vorstellung gerne Angenehmes und der Spruch „Ohne Moos, nix los“ kommt vielleicht nicht von ungefähr. Dabei steht hinter dem botanischen Sammelbegriff „Moos“ eine ganze Gruppe faszinierender Pflanzen, die schon „Blättchen“, „Stämmchen“ und primitive „Würzelchen“ ausgebildet haben, aber im Gegensatz zu den Farnen und Samenpflanzen noch ohne wasserleitende Strukturen auskommen, weil der ganze Moos-Pflanzenkörper diese Funktion übernimmt. Sie können nicht wie die höheren Pflanzen das Wasser aktiv aus der Erde saugen und wachsen daher sehr üppig und bevorzugt an immer feuchten und nassen Standorten.

Als Epiphythen, die auf anderen – ihnen als Unterlage dienenden – Pflanzen aufsitzen, wachsen sie in dichten Rasen und Polstern in regenreichen und feuchten Hang- und Nebelwäldern, sehr beeindruckend im tropischen Ruwenzori-Gebirge in Ostafrika oder den Passatwäldern der atlantischen Inseln (u.a. Kanaren). Natürlich gibt es Moose auch auf sehr trockenen Standorten, denn sie haben die Fähigkeit, komplett auszutrocknen und bei Regen wieder zu ergrünen.

Die Moose vollziehen in der Gruppe der Lebermoose evolutionsbiologisch betrachtet den Übergang von den Thalluspflanzen, Lagerpflanzen, deren Vegetationskörper sich dem Boden anpasst und aufliegt zu den Kormuspflanzen, die sich mehr oder weniger aufrecht erheben und deren Vegetationskörper sich klar in Blatt, Achse und Wurzel gliedert. Wie das im Einzelnen vor sich ging, ist strittig und Gegenstand vieler Spekulationen, aber unter Wissenschaftlern herrscht die Meinung vor, dass Moose die ersten Landpflanzen waren.

Als „urtümliche“ Pflanzen wachsen Moose aus einem Vorkeim, dem Protonema, erst zu den bekannten im Wald oder im Rasen des Vorgartens zu findenden Moosen auf. Beim Leuchtmoos, das in Erd- oder Gesteinshöhlen wächst, ist dieses Protonema ausdauernd, hat linsenförmige, rundliche Zellen, deren Saftkörper, Vakuolen, das einfallende Licht ähnlich einer Sammellinse auf die grünen Chloroplasten fokussiert, was wohl eine Anpassung an die sehr dunklen Standorte darstellt. Ein Teil des Lichtes wird von den Zellen – ähnlich wie bei einem Katzenauge – reflektiert und zurückgeworfen. Das Moos scheint hierdurch bei bestimmten Lichtverhältnissen goldgrün zu leuchten, was sehr schön, aber ein rein physikalischer Effekt ist. Das Leuchtmoos findet man mit Glück sogar in der Nähe in Erdhöhlen und Felsspalten entlang der Rur oberhalb Monschau.

Eine große Gruppe stellen die Torfmoose der Gattung Sphagnum, reichlich zu finden und zu bestaunen im Hohen Venn. Diese bauen durch ihr Wachstum Moorkörper auf und verwandeln sich im Laufe vieler Jahre in Torf (sie wachsen nur einen Millimeter pro Jahr in die Höhe). Sind es nur die Moose, die den Torf aufbauen, entsteht Weißtorf, sind auch andere Pflanzen beteiligt, entsteht Braun- oder Schwarztorf. Torfmoose wachsen ständig in die Höhe, die unteren Teile sterben ab, werden verdichtet und gehen in Torfbildung über. Durch spezielle, ampullenartige Wasserzellen speichern Torfmoose das 30-fache ihres Trockengewichtes an Wasser. In der Landschaft wirken Moore wie Schwämme, die Wasser aufsaugen. Ökologisch sind sie höchst wertvoll.

Auf leicht sauren Waldböden, aber auch in Heiden und Mooren, finden sich gelegentlich kompakte, rundliche und blass-blaugrüne Moospolster, die ins Auge springen. Es sind die Polster des Weißmooses, bei dem der weißliche Eindruck durch eine Schicht chlorophyllloser Zellen, sog. Hyalocyten, in den Blättchen entsteht. Das Weißmoos ist eines der wenigen Moose neben den Torfmoosen, die überhaupt irgendeine wirtschaftliche Bedeutung haben: Seine kompakten, rundlichen Polster werden gerne zu Dekorationszwecken genutzt, beispielsweise auf Gräbern oder in Modelllandschaften. Ich erinnere mich daran, dass wir als Kinder zu Weihnachten die Krippe aufstellten und neben dem Christkind, Maria, Josef und den anderen Figuren auch vorsichtig die trockenen, silbrig-grünen Polster des Weißmooses auspackten und im Umfeld des Stalles drapierten, damit die vielen Schäfchen auch was zu fressen hatten. Am Ende der Weihnachtszeit wanderten die Moospolster gut verpackt wieder in die Kisten bis zum nächsten Jahr.


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zuletzt bearbeitet am 26.I.2013