4.April 2013
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Im Dürener Muschelkalk tritt sie gerne in Massen auf: die Küchenschelle
Joachim Schmitz
Die Magerrasen im sogenannten Dürener Muschelkalk zwischen Nideggen und Zülpich sind für ihre Orchideenvorkommen berühmt. Im zeitigen Frühjahr kann man dort eine weitere Besonderheit finden. Je nach Höhenstufe von März bis April erscheinen die violetten Blüten der Gewöhnlichen Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris).
Zuerst treiben die dicht behaarten Blütenknospen aus. Noch am Boden öffnen sie sich zu violetten glockenförmigen Blütenkelchen. Die zahlreichen, säulenartig zusammenstehenden Staubbeutel sind leuchtend gelb und bilden so einen auffälligen Kontrast. Der Volksmund hat darin eine Kuhglocke gesehen. Die violetten Kronblätter sind die Glocke, die Staubbeutelsäule ist der Klöppel. Der ursprüngliche Name Kuhschelle hat sich dann zu Küchenschelle abgeschliffen. Mit der Küche hat der Name also nichts zu tun. Wegen der Blütezeit wurde die Art in manchen Gegenden auch Osterglocke genannt.
Am Ende der Blütezeit streckt sich der Stängel und die Blätter wachsen zu voller Größe heran. Das Foto zeigt eine letzte Blüte und zwei Pflanzen, deren Stängel mitten in der Wachstumsphase sind. erst jetzt kann man sehen, dass der Stängel nur einen einzigen Quirl aus drei Blättern trägt. Darin gleicht die Küchenschelle den nahe verwandten Anemonen, zu denen die Küchenschelle früher auch gestellt wurde. Wegen der unterschiedlichen Früchte bilden Küchenschellen heute eine eigene Gattung. Mit Stängel und Blättern wachsen nämlich auch die in der Blüte noch unscheinbaren Griffel, bis sie mehrere cm Länge erreicht haben. Die reife Frucht ist eine Sammelfrucht aus zahlreichen, kugelförmig angeordneten Nüsschen, an deren Spitze der lange Griffel erhalten bleibt. Die Griffel sind stark behaart und dienen als Flugorgan, können aber auch von Tieren abgestreift werden.
Die Küchenschelle ist eine Charakterart von Mager- und Trockenrasen auf Böden, die chemisch basisch reagieren. In der Voreifel ist das der oben erwähnte Muschelkalk, in der Nordeifel sind es die devonischen Kalkmulden (Sötenicher Mulde, Blankenheimer Mulde usw.). Es muss aber nicht immer Kalk sein. In der Südeifel wächst die Art auch auf vulkanischen Böden. Die Biotope in der Eifel sind überwiegend durch historische Nutzungsformen wie Schafweide oder Mahd entstanden. Deshalb sind die Vorkommen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Die verbliebenen Standorte stehen unter Naturschutz und müssen aufwendig gepflegt werden. Wo es die Küchenschelle aber noch gibt, bildet sie nicht selten Massenbestände, z.B. in den Magerrasen westlich Embken im Dürener Muschelkalk.
Vor allem im frischen Zustand sind alle Pflanzenteile stark giftig. Es ist das gleiche Protoanemonin, das auch Anemonen giftig macht. Wohl deshalb wurde die Küchenschelle im Volksglauben mit Unglück und Hexerei in Verbindung gebracht. Unter Bezug auf die Früchte gibt es auch die Volksnamen Bocksbart und Teufelsbart.
Frühe Blütezeit, ansehnliche Blüten und attraktive Früchte machen die Küchenschelle für den Garten interessant. Sie ist deshalb schon früh in Kultur genommen worden. Heute gibt es zahlreiche Zuchtsorten, u.a. auch solche mit weißen oder roten Blüten. Wilde Küchenschellen sind streng geschützt. Sie in einen Garten zu verpflanzen, macht aber auch so wenig Sinn. Die gärtnerischen Zuchtformen sind viel besser an normalen Gartenboden angepasst als die wilden „Hungerkünstler“.
zuletzt bearbeitet am 4.IV.2013