27.Juni 2013
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Blickfang, Nützling im Biogarten und Küchenkraut: die Kapuzinerkresse
Karl Josef Strank
Im Garten zieht eine Blume, wenn sie denn gesät worden und vorhanden ist, unwillkürlich die Blicke auf sich, weil sie mit ihren saftigen, lindgrünen Blättern und ihren leuchtend roten, orangen bis gelben Blüten einfach nur prächtig genannt werden kann, die Kapuzinerkresse. Dieses prächtige Aussehen hat sie in der Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa gebracht, denn die Gattung ist mit etwa 90 Arten ursprünglich von Mexiko bis in die gemäßigten Bereiche Südamerikas verbreitet.
Als erste kam die Kleine Kapuzinerkresse von Peru nach Spanien, 1553 ist sie dann schon für Italien nachgewiesen. Sie verbreitete sich in den Gärten West- und Mitteleuropas und wurde dann 1576 von dem flämischen in London lebenden Botaniker Matthias Lobelius unter dem Namen Nasturtium indicum abgebildet, was „indische“ Kresse bedeutet. Die Erkenntnis, dass Kolumbus auf seinem Weg westwärts über den Atlantik nicht in Indien landete, sondern den Doppelkontinent Amerika entdeckt hatte, setzte sich erst langsam durch. Als Zierpflanze zog sie in verschiedene Gärten ein, unter anderem auch in den fürstbischöflichen Garten zu Eichstätt. In dem 1613 erschienenen Hortus Eystettensis ist sie farbig abgebildet. Der Namenszusatz „majus“, den Caspar Bauhin aus Basel beifügte, führte in der Folge zu Verwechslungen mit der Großen Kapuzinerkresse, die aber erst 1684 in die Niederlande eingeführt und im Katalog des Botanischen Gartens in Leiden 1687 erstmals von Paul Hermann abgebildet und beschrieben wurde. Welches Entzücken die Pflanze unter Blumenfreunden auslöste ist heute kaum vorstellbar, aber der Siegeszug durch die Gärten Europas, den die Kapuzinerkresse als Zierpflanze antrat, beweist es. Schon die Blätter sind bemerkenswert, weil sie wie runde, an den Rändern leicht gebuchtete Schilde mittig auf den dünnen Stängeln sitzen. Wasser auf ihrer Oberfläche perlt ab und Schmutzpartikel werden weggespült, weil durch kleinste Erhebungen der Zellhaut, der gleiche Effekt wie bei der Lotus-Pflanze entsteht. Die Blüten sind kapuzenförmig nach hinten mit einem langen Sporn ausgebildet, was starke Ähnlichkeit mit der Kopfbedeckung von Kapuzinermönchen aufweist und schließlich zur deutschen und französischen (capucine) Namensgebung geführt hat.
Linnés Namensgebung
Den wissenschaftlichen Namen der Gattung Tropaeolum von lateinisch tropaeum = Siegeszeichen hat Linné gewählt, weil ihn die ganze Pflanze, vor allem wenn sie an einem Klettergerüst emporrankt, mit Schildblättern und helmartigen Blüten an ein römisches Siegeszeichen erinnert hat. Von der Ästhetik dieser Pflanzen ließ sich auch der Maler Monet leiten, als er sie in seinem Garten zur Unterpflanzung der Rosen-Allee wählte. Diese macht dann mit der fortschreitenden Jahreszeit, wenn die kriechenden Triebe von beiden Seiten den Weg zu einem schmalen Schlängelpfad verengen, einen fast verwunschenen Eindruck.
Der Wert der Kapuzinerkresse erschöpft sich nicht nur auf den Gebrauch als Zierpflanze für Balkon und Garten. Der Dichter und Botaniker Adalbert von Chamisso singt 1827 geradezu ein Loblied auf die Kapuzinerkresse: „Dieses Gewächs wird mit gleichem Rechte als Küchenkraut und als Zierpflanze gezogen. Die unreifen Früchte und die Blumenknospen vertreten die Stelle der Kapern, und die Blumen liefern den angesehensten und vortrefflichsten Salat. Diese schönen Blumen sind reich an Honig und sind reich an Honig und ziehen die Bienen an.“
Der etwas pfeffrige und im Abgang scharfe Geschmack ist nicht unangenehm und bringt Würze an Salat, wenn man ihn mit den Blüten oder den Blütenknospen garniert. Den Namen Kresse vom althochdeutschen Wort „cresso“ für scharf trägt die Pflanze zu Recht. Kapuzinerkressen sind verwandt mit Senf und Rettich und enthalten gleichermaßen wie diese Senfölglycoside, die antibakteriell wirken, weswegen sie auch einen medizinischen Nutzen haben. Es lohnt den Versuch, die geschlossenen Knospen sowie unreife Samen in Essig und Salzlake einzulegen und als Kapern-ersatz zu probieren.
Im biologischen Garten findet die Kapuzinerkresse auch Verwendung. Ihr scharfer Geruch wehrt Schadinsekten vor allem Läuse inklusive der Blutläuse ab. Sie wird unter Obstbäumen aber auch an die Ränder von Stangenbohnen, Tomaten und zwischen Kohlgewächse gepflanzt. Nach den Eisheiligen an verschiedenen Stellen im Garten gesät, wächst und blüht sie bis zum ersten Frost im Herbst und kann selbst dann vor Ort verbleiben, weil sie eine ausgezeichnete winterliche Bodenbedeckung ist und zur Frühjahrsgare des Bodens beiträgt.
zuletzt bearbeitet am 22.VII.2013