1.Aug.2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Pflanzen, die Gärtner nicht lieben: Geiskraut, Wolfsmilch und mehr

Karl Josef Strank

Es ist der natürliche Zustand unseres Bodens, dass er – von wenigen Ausnahmen abgesehen – vollkommen mit Vegetation bedeckt ist. Je nach den klimatischen Verhältnissen bilden sich dabei charakteristische Landschaftstypen heraus, in den trockenen Steppen dominieren die Gräser und in den feuchten Wäldern die Bäume. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus beschrieb Germanien als unwirtliches, neblig-feuchtes, stellenweise sehr sumpfiges Land, das mit dichten undurchdringlichen Wäldern bedeckt war. Große, ackerbaufähige Flächen sind erst im Mittelalter durch die Siedlungs- und Rodungstätigkeiten in der Zeit der Franken entstanden. Natürlicherweise vegetationsfreie Räume gibt es bei uns nur in den Gipfelregionen der Alpen oder kurzzeitig dort, wo Erde durch Wind, Wasser oder menschliche Tätigkeit umgelagert oder aufgeschüttet wurde. Es bleibt ein frommer Wunsch der Gärtner, den Garten auf Dauer frei von unerwünschten Kräutern zu halten. Da, wo Salate und Gemüse prächtig gedeihen, finden auch die „Unkräuter“ beste Wachstumsbedingungen.

Eines der häufigsten Gartenunkräuter ist das Gewöhnliche Greiskraut (Senecio vulgaris). Das einjährige Kraut erreicht eine Wuchshöhe von zehn bis dreißig Zentimetern und hat in seinen zylinderförmigen oder nach oben verengten Blütenköpfchen keine randlich strahlenden Zungenblüten. Die „Blüten“ sind unscheinbar. Erst die weißen federbuschartigen Fruchtstände – sie funktionieren als Pusteblume wie beim Löwenzahn – öffnen sich bei trockenem Wetter ganz.

Ebenso charakteristisch ist auch das Einjährige Bingelkraut (Mercurialis annua), dessen nächster Verwandter, das Mehrjährige Bingelkraut (M. perennis), Charakterart in der Krautschicht von Wäldern ist. Das hellgrüne bis grasgrüne Kraut besitzt schmal eiförmig bis lanzettlich und am Rande stumpf gesägte Blätter. Die Art ist zweihäusig, das heißt es gibt deutlich unterscheidbare männliche und weibliche Pflanzen, die zu den Wolfsmilchgewächsen gehören, aber im Gegensatz zu diesen keinen Milchsaft führen. Das Einjährige Bingelkraut ist als prototypisches Unkraut ein sogenannter Therophyt, eine Pflanze die in allen Teilen abstirbt und nur mit ihren Samen überlebt. Die Sonnenwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia) ist einjährig und der Name bezeichnet die Tatsache, dass sie ihren Blütenstand immer der Sonne nachführt. Der Stängel hat nur wenige verkehrt-eiförmige Laubblätter und endet mit einem Wirtel aus fünf Blättern, über dem die Blütenstände sitzen. Grünlich gelbe Hochblätter fassen diese extrem reduzierten Blütenansammlungen, die nur noch aus breit eiförmigen Nektardrüsen und Samenkapseln bestehen, tütenförmig ein. Diese für die Wolfsmilchgewächse typischen „Cyathien“ sind hochinteressante, verkürzte, zusammengeballte Blütenstände, die wie Einzelblüten erscheinen. Gegen Ende des Jahres verändert die Sonnenwend-Wolfsmilch oft ihr Aussehen, wenn sie von Mehltau befallen wird. Als Kulturfolger des Menschen seit der Jungsteinzeit wird die Sonnenwend-Wolfsmilch auch als Archäophyt bezeichnet.

Mitunter verirrt sich auch die Knoblauchrauke (Alliaria petiolata) in den Garten. Charakteristisch ist ihr Geruch nach Knoblauch. Im Mittelalter bauten die armen Leute sie regelrecht im Garten an. Sie wurde zu Heilzwecken verwendet, weil sie antiseptisch, leicht harntreibend und schleimlösend wirkt. Aus den Blättern machte man Breiumschläge zur Behandlung von Insektenstichen und Wurmerkrankungen.

Das Einjährige Rispengras (Poa annua) ist im Garten ebenfalls unausrottbar, weil es immer wieder auf frischem Boden oder in Pflasterritzen keimt. Persischer und Gamander-Ehrenpreis (Veronica persica und chamaedrys) sind leicht an den blauen Blüten und der kriechenden Wuchsform zu erkennen. Die Blätter beim Persischen sind größer und wechselständig, beim Gamander Ehrenpreis kleiner und gegenständig angeordnet.

Gärtner sind aber nicht ganz machtlos gegen die „unerwünschten“ Kräuter. Schuffeln bei sonnigem Wetter, das Liegenlassen der entwurzelten und vertrockneten Kräuter als Bodenbedeckung, helfen ebenso wie Misch- oder Permakultur und eine winterliche Abdeckung mit Mulch.

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zuletzt bearbeitet am 26.VIII.2013