12.Sept.2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Kanada- und Nilgänse fühlen sich an Gewässern in der Region wohl

Karl Josef Strank

Mit dem Namen Deutscher Enzian verbindet sich in der Regel die Vorstellung, dass diese spezielle Enzianart nicht nur in Deutschland heimisch ist, sondern vielleicht sogar auch recht häufig vorkommt und ihr deswegen die Artbezeichnung „deutsch“ zuerkannt worden ist. Bei der Kanadagans vermutet man daher ganz richtig, dass diese in Kanada, in der weiten Sumpf- und Seenlandschaft des Nordens heimisch ist und bei der Nilgans handelt es sich nach dieser Logik um einen Gänsevogel, der entlang des Nils in Ägypten seine Heimat hat. Schon Linné hat die Klassifizierung und nomenklatorische Zuordnung beider in seiner Systema naturae (Das System der Natur) mit Branta canadensis und Alopochen aegyptiaca vorgenommen. Sein leitender Gedanke war es, dass diese Zuweisung dann auch der natürlichen bzw. göttlich gegebenen Ordnung entspricht.

 

Kanadagänse mit Nachwuchs. Foto: K.-J.Strank

Doch was zeigt die Realität heute. Als der Freundeskreis im Jahr 2003 im Rabental bei Gut Melaten in Aachen den Versuchsteich neu angelegt hatte, stellten sich schon im Frühjahr 2004 sowohl Kanadagans als auch Nilgans dort ein und inspizierten das neue Gewässer. Geblieben und behauptet haben sich mehrere Paare von Kanadagänsen, die am Teich und dem angrenzenden Rückhaltebecken des Dorbachs seither regelmäßig brüten und ihre Jungen aufziehen. Sowohl Kanada- als auch Nilgans sind inzwischen bei uns heimisch geworden. Stockenten sind noch vorhanden, werden aber mehr oder minder an den Rand gedrängt.

Kanadagänse sind stattliche Vögel mit braungrauem Gefieder, einem schwarzen Hals und Kopf und einem schmalen weißen Kehlstreifen. Unterschieden werden sieben Unterarten. Verteilt über fast ganz Deutschland kommen bei uns ganzjährig etwa 5000 Kanadagänse vor.

Sie siedeln an Kleingewässern, Kiesgruben oder Fischteichen in der Nähe von Siedlungen. Weidegründe in der Nähe des Brutplatzes sind wichtig, denn sie ernähren sich besonders von Gräsern Wurzelsprossen, Klee, Sämereien und junger Saat oder dank ihres langen Halses nach Schwanenart von Pflanzen im seichten Wasser. Wenn sie Junge führen, verteidigen beide Elternpaare diese vehement mit ausgebreiteten Flügeln und fauchenden Lauten gegen die Angreifer.

Bei den Nilgänsen sind die Männchen etwas größer als die Weibchen. Der Grundton des Gefieders ist grau mit braunen Rücken- und Flügelfedern, einem braunen Hals sehr charakteristischen braunen Augenflecken und einem dunklen Brustfleck. Der Schwanz ist dunkel bis schwarz. Im Flug zeigen sie ihr großes weißes Armflügelfeld.

5000 Brutpaare

Nilgänse wurden in England bereits im 17. Jahrhundert eingeführt. Mit einem Bestand von 800 bis 1000 Individuen auf den britischen Inseln breiten sie sich seit den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts über die Niederlande und Belgien nach Frankreich und Deutschland aus. Inzwischen werden für Mitteleuropa mehr als 5000 Brutpaare geschätzt. Nilgänse brüten bei uns an Park-, Baggerseen und anderen Binnengewässern, in nassen Erlen-Weiden-Wäldern mit umliegenden Wiesen und Weiden. Sie ernähren sich von Gräsern, Samen, Pflanzenblättern und –stielen, Gemüse, Getreidesaat, Sprossen und Kartoffeln, Würmer und Heuschrecken verschmähen sie auch nicht. Ihr Bruterfolg ist relativ bescheiden, weil neben Krähen, aber auch Kanada- und Graugänse sowie Blässhühner sie bedrängen und stören.

Im Fall von Kanadagans und Nilgans kommen die Zuwanderer von Norden wie von Süden. Der Klimawandel ist hierfür nicht unbedingt verantwortlich zu machen, der Mensch hat bereits in historischen Zeiten dazu einen nicht unwesentlichen Anteil beigetragen. Heute betrachten viele Naturschützer diese „Zuwanderer“ kritisch bis feindlich und würden diese am liebsten zurückdrängen. Die Natur aber ist nie statisch, sondern immer dynamisch und ein einmal gegebener Zustand lässt sich nicht konservieren. Abgesehen davon, wer hätte das Recht, einen wie auch immer gearteten „Normalzustand“ zu definieren?

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zuletzt bearbeitet am 6.X.2013