9.Okt.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Moore im eigenen Garten funktionieren fast genauso wie die großen Verwandten.

N.N.

Südlich von Aachen liegt das Hohe Venn, mit 133 km2 eines der größten Hochmoore Deutschlands. Auf belgischer Seite befinden sich noch einmal 45 km2 dieses Biotops von europäischer Bedeutung, aber man sollte sich immer vor Augen halten, dass gerade Moorlandschaften in den vergangenen 100 Jahren einen besonders starken Rückgang erlebt haben, vor allem durch die Landgewinnung. Würde man sämtliche trockengelegte Moore in Norddeutschland wieder renaturieren, stünde mehr als ein Drittel der Region unter Wasser. Weit verbreitet ist der Irrtum, dass Torfabbau eine Hauptursache für den Verlust von Mooren sei. Tatsächlich werden in Deutschland nur tote Moore abgebaut, die bereits vor vielen Jahrzehnten trockengelegt und in Viehweiden umgewandelt wurden. Es besteht außerdem die gesetzliche Verpflichtung, nach dem Abbau diese Moore zu renaturieren, so dass (zumindest in Deutschland) durch Torfabbau die Moorfläche sogar zunimmt.

Hochmoore unterscheiden sich von Niedermooren durch die unterschiedliche Wasserversorgung. Hochmoore werden überwiegend durch Regenwasser, Niedermoore durch Grund- und Quellwasser gespeist. Torfmoose sind nur für Hochmoore typisch und dort fast flächendeckend zu finden, im Gegensatz zu den Niedermooren, wo sie höchstens Inselvorkommen bilden.

Die Flora und Fauna von Mooren ist in einzigartiger Weise auf einen extremen Lebensraum spezialisiert: Der Mangel an Nährstoffen, die Sauerstoffarmut und der niedrige pH-Wert sind für viele Pflanzen unüberwindbare Hindernisse. Andererseits können sich gerade hier Arten ansiedeln, die wenig konkurrenzstark sind. Unter ihnen finden sich auch viele mit besonders schönen und auffälligen Blüten, wie zum Beispiel Orchideen, Enziane oder die ungewöhnlichen Carnivoren (fleischfressende Pflanzen). Die hohe Spezialisierung ist gleichzeitig der Grund für ihre Gefährdung: Von den 209 höheren Pflanzenarten der Hochmoore sind 123 als gefährdet eingestuft.

Doch kann man diesen faszinierenden Lebensgemeinschaften ein Refugium im eigenen Garten bieten? Ja, man kann und das mit erstaunlich wenig Aufwand und mit noch erstaunlicherem Effekt. Alles was man braucht, ist eine wasserdichte Wanne (bzw. ein mit Teichfolie unterlegtes Beet), in die mit der Öffnung nach unten gedrehte Pflanztöpfe gestellt werden, die als Wasserreservoir dienen. Die Zwischenräume werden mit Weißtorf (kein vorgedüngter „Gartentorf“!) gefüllt, gewässert und der Torf mit klein geschnittenem Torfmoos belegt. Übrigens stehen alle Torfmoose unter Naturschutz und dürfen nicht der freien Natur entnommen werden. Es gibt aber Bezugsquellen bei einigen Spezialgärtnereien und Moorenthusiasten. Innerhalb weniger Wochen bilden die Moose einen lockeren Rasen, in den man seine Sumpfflora setzen kann. Noch raffinierter und effektvoller sind die „schwimmenden Mini-Moore“: In eine vier bis fünf Zentimeter dicke Styroporplatte bohrt man mehrere Löcher, die mit etwas Torfmoos verstopft werden. Auf die Platte wird dann eine fünf bis zehn Zentimeter dicke Schicht Weißtorf gebracht, die wieder mit klein geschnittenem Torfmoos abgedeckt wird. Die Ränder kann man mit Holzleisten so stabilisieren, dass der Torf nicht weggeschwemmt wird. Danach lässt man die Styroporplatte zu Wasser. Das schwimmende Mini-Moor saugt sich über die Löcher im Boden mit einer gleichbleibenden Menge Wasser voll und bleibt daher immer feucht.

Moore müssen kaum gepflegt werden. Im Herbst schneidet man alle einziehenden Pflanzenteile zurück, um zusätzlich Nährstoffe abzureichern. Düngen soll man Moore auf keinen Fall, denn bereits der Stickstoffeintrag über die Luft ist eigentlich schon zu viel. Abgase aus Kaminen und durch den Verkehr sorgen für eine permanente, leichte Düngung mit dem Regen, was im übrigen auch den natürlichen Mooren zu schaffen macht.

In wenigen Jahren bildet sich in den künstlichen Moorbiotopen ein biologisches Gleichgewicht aus, das Möglichkeiten für viele interessante Beobachtungen bietet. Ein Moor für die Westentasche, das (fast) genauso funktioniert wie seine großen Verwandten.

 

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zuletzt bearbeitet am 9.X.2014