4.Dez.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Eine alte Sorte der Streuobstwiesen: Sternrenette oder Weihnachtsapfel

Karl Josef Strank

Die Älteren werden sich noch lebhaft daran erinnern, dass zu Weihnachten, vor allem auf den Tellern, die es am Nikolaustag zur Bescherung für mehr oder weniger „artige Kinder“ gab, neben Nüssen, Plätzchen und anderen Süßigkeiten immer scharlachrote Äpfel lagen, die mit feinen, gelblichen Pünktchen überzogen waren.

Diese Weihnachtsäpfel gibt es heute noch und meist werden sie um Weihnachten angeboten. Die Sternrenette, auch Herzapfel (Name in Südlimburg), Rote Herbstrenette oder Weihnachtsapfel genannt, ist eine alte Sorte der Streuobstwiesen, die aber nicht in den Erwerbsobstbau übernommen wurde. Sie gilt als alt, weil sie vor 1850 beschrieben wurde, wahrscheinlich aus dem Raum Maastricht stammt und sich ausgehend vom Niederrhein im Streuobstanbau verbreitete. Deshalb ist sie in alten Hochstamm-Obstwiesen, die bis heute überlebt haben und nicht gerodet worden sind, immer noch zu finden. Vom Niederrhein ist auch überliefert, dass zu einer Zeit als am Tannenbaum noch echte Kerzen angezündet wurden, anstelle von Christkugeln die echten blank geriebenen und auf rotem Grund die Sterne leuchten lassenden Weihnachtsäpfel gehängt wurden.

Als Renetten wird eine größere Gruppe von Kulturäpfeln bezeichnet, die durch ein dichtes Fruchtfleisch gekennzeichnet siund geschmacklich sehr gut sind, weshalb sie früher als besonders edles Tafelobst galten. Die Bezeichnung Reinette oder Rainette stammt aus dem Französischen und könnte von „reine“ für Königin abgeleitet sein wegen des guten Geschmacks.

Andere führen den Namen mit Bezug auf die Schalen, die häufig mit auffälligen Korkpusteln überzogen sind, auf rana (lat. Frosch) zurück. Historisch teilte Eduard Lucas 1893 die Renetten ein in: Rambourrenetten, Einfarbige oder Wachsrenetten, Borsdorferrenetten, Rote Renetten, Graue Renetten und Goldrenetten.

Wegen ihres starken Wuchses als Hochstamm bringt die Sternrenette erst spät erste Erträge. Sie blüht spät und neigt bei fehlender Bestäubung durch andere Sorten, wenn diese schon verblüht sind, zu schwankenden Erträgen. Das hat ihrer Beliebtheit aber nicht geschadet. Sie wurde mehrfach zur Streuobstsorte des Jahres ausgerufen.

Interessant ein Blick auf die Verwandten. Der wegen seines zitrusfruchtartigen Aromas sehr beliebte Cox Orange gehört hier her. Nach einer exotischen Frucht duftet auch eine andere sehr feine Renette, die Ananasrenette. Sie ist seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Rheinland verbreitet und stammt wahrscheinlich aus den Niederlanden. Als ein feines, saftiges Tafelobst von gelber Farbe mit kleinen schwarzen Punkten entwickelt sie bei warmer Lagerung ein intensives Ananasaroma.

Nicht zu verachten ist die Champagnerrenette aus der Champagne, die bereits im 18. Jahrhundert beschrieben wurde. Im Geschmack „trocken“ – einige empfinden das als säuerlich – kaum süß, wie ein guter Champagner. Bemerkenswert ist der Edelborsdorfer – in Frankreich Reinette d´Allemagne genannt – der als die älteste in Deutschland, wenn nicht in ganz Europa dokumentierte Apfelsorte gilt. Von den Zisterziensern bereits im 12. Jahrhundert entdeckt und vom Mutterkloster Citeaux an alle Tochterklöster weitergegeben, hat er eine weite Verbreitung erfahren, ist dann aber aus der Mode geraten.

Das gilt auch für den Schönen aus Boskoop (Renette von Montfort), die Goldrenette Freiherr von Berlepsch, die Zuccalmaglio Renette, eine Züchtung aus Grevenbroich von anno 1878 oder die vielen regionalen Sorten wie die Luxemburger, Landsberger, Zabergäu usw. Renette.

Die Obstwiese am Gut Melaten erhält möglichst viele der in der Vergangenheit selektierten Obstsorten für die Zukunft.

 

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zuletzt bearbeitet am 24.XII.2014