9.April 2015
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Eine Schönheit mit Drang zur Expansion: Das ist der Blauglockenbaum
N. N.
Die herrlich blauvioletten, aufrecht stehenden Blütenkerzen des chinesischen Blauglockenbaumes öffnen sich noch vor der Laubentfaltung im April. Sie sind aus zahlreichen sieben Zentimeter großen, glockenförmigen Einzelblüten aufgebaut. Diese Kerzen können bis zu einem Meter Höhe erreichen. Die Knospen hat der Baum im Herbst angelegt und sie überwintern ohne schützende Knospenschuppen, sodass starke Fröste oft zu einem Totalausfall der Blüte führen.
Eigentlich gehört dieser Baum nicht in unsere Breiten, sondern ist ein Kind der Subtropen. Die meisten der etwa sieben Arten der Gattung Paulownia wachsen in Südost- und Ostasien. Nur P. tomentosa hat es bis in unsere Gärten und Parks geschafft, da er etwas kältetoleranter ist. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet von P. tomentosa lässt sich nur schwer ermitteln, denn der Baum wird in China seit mehr als 1000 Jahren zur Zierde gepflanzt und auch in Japan ist er spätestens seit dem Mittelalter in Kultur. Heute findet man P. tomentosa südlich der -5°C Januarisotherme in Zentral- und Ostchina, Korea und Japan, aber auch in den südlichen USA ist das Pioniergehölz fest eingebürgert.
Nach Europa kam die Paulownie erst im 19. Jahrhundert auf den Handelswegen des Porzellans, denn die weichen Paulowniasamen wurden als Füllmaterial beim Porzellantransport verwendet. Die ersten Blauglockenbäume blühten in botanischen Gärten. Hinter der RWTH-Bibliothek steht ein (leider stark in Mitleidenschaft gezogenes) Exemplar, das der Überlieferung nach der letzte Überlebende des ersten Botanischen Gartens in Aachen sein soll, der vor dem Krieg an dieser Stelle lag.
Im tropischen Klima des Tertiär war Paulownia in Europa auch natürlich verbreitet, wie Funde aus der Molasse des bayerischen Unterwohlbach, in Südfrankreich und Norditalien belegen.Der stilisierte Blütenstand des Blauglockenbaums zierte seit dem 12. Jahrhundert das kaiserlich japanische Siegel und ist heute noch das Siegel des Premierministers. Viele asiatische Mythen ranken sich um die imposante Paulownie, in deren Krone der legendäre Phoenix wohnen soll. Paulownia besitzt eine geradezu wundersame Regenerationskraft, die man zunehmend zur industriellen Holzgewinnung nutzt. Auch in Deutschland gibt es erste Versuchsplantagen.
Innerhalb von acht Jahren ist der Baum erntereif und wie „Phoenix aus der Asche“ schießen die Stockschösslinge bereits im nächsten Jahr wieder auf fünf Meter Höhe. Eine phänomenale Leistung, dabei ist das leichte Holz recht hochwertig und wird unter anderem im Möbelbau verwendet, vor allem jedoch zur Gewinnung von Hackschnitzeln für die Papierproduktion und Feuerung. Paulownias Expansionsdrang kann auch zum Problem werden. In den USA gilt der Baum schon länger als invasiv. Die Samen, die aus den bis zu 30 Zentimeter langen, schmalen Schoten fallen, keimen sofort und erreichen bereits im ersten Jahr bis zu drei Meter Höhe. Die riesigen herzförmigen Blätter verschatten den Untergrund stark, weshalb der Baum auf chinesischen Tee-, Obst- und Weinplantagen zum Wind- und Temperaturschutz gepflanzt wird. Die enorme Blattmasse wird im Herbst zur Düngung genutzt.
Paulownien lieben einen sonnigen Standort und kommen auch mit Sommertrockenheit gut zurecht, solange der Boden nicht zu sehr drainiert. Staunässe mögen sie hingegen nicht. Junge Pflanzen brauchen vor allem in den ersten Jahren einen Winterschutz mit Mulch, im Alter werden sie etwas robuster. Wenn es später noch zu Frostschäden kommt, wachsen sich diese schnell aus. Paulownien eigenen sich gut für die Stadtbegrünung, aufgrund ihrer imposanten Größe sind sie aber nur für weitläufige Privatgärten zu empfehlen. Auch in Aachen finden sich, neben dem genannten Exemplar, einige Blauglockenbäume im öffentlichen Raum und wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird den einen oder anderen sicherlich schnell entdecken.
zuletzt bearbeitet am 14.V.2015