21.Mai 2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Fasan: unbekannter Hühnervogel auf heimischen Feldern unterwegs

Joachim Schmitz

Wenn man beim Wandern in freier Feldflur nicht zu viel Lärm macht, kann es passieren, dass man erst in wenigen Metern Abstand einen Fasan aus seiner Deckung scheucht. Die Hähne sind auffällig bunt gezeichnet, was man aus der heimischen Vogelwelt so kaum kennt. Der Eindruck ist völlig richtig. In der Tat sind Fasane bei uns nicht heimisch.

Ursprünglich stammt der Fasan aus Zentral- und Mittelasien. Zur Unterscheidung von verwandten Arten aus diesem Raum wird er als Jagdfasan bezeichnet. Der zoologische Name Phasianus colchicus nimmt gleich doppelt auf die Herkunft Bezug. Phasianus heißt „der aus Phasis stammende“. Das war eine griechische Kolonie im Lande Kolchis, heute Georgien.

Nach einer griechischen Sage ist Iason mit seinen Argonauten nach Kolchis gezogen, um das Goldene Vlies zu erbeuten. Dabei soll er auch die den Griechen unbekannten Hühnervögel mitgebracht haben. Die natürlichen Vorkommen erstrecken sich östlich bis zum Pazifik, wobei nur Trockengebiete südlich der geschlossenen Wald- und Steppengürtel besiedelt wurden. So ist es zur Aufspaltung in 34 geografische Unterarten gekommen.

Irgendwann breitete sich der Fasan nach Westen aus. Er bevorzugt reich strukturierte, offene Biotope. Mit der Erfindung der planmäßigen Landwirtschaft vor rund 12 000 Jahren wurden ideale Biotope geschaffen, die den Fasan zum Kulturfolger werden ließen. Im antiken Griechenland und später im Römischen Reich galt der Fasan als Delikatesse und wurde gezüchtet. Der „spätrömisch dekadente“ Kaiser Heliogabal ließ sogar seine Löwen mit Fasanen füttern. Ob die Ausbreitung des Fasans auf natürlichem Weg erfolgte oder ausschließlich auf der Verwilderung von Zuchttieren beruhte, ist heute nicht mehr rekonstruierbar.

Mit den großen Rodungen im frühen Mittelalter und der Verbreitung von Ackerbau und Viehzucht wurden auch in Mitteleuropa die Voraussetzungen für die Einbürgerung geschaffen. Fränkische Quellen erwähnen erstmals um etwa 511 und 800 n.Chr. die Fasanenhaltung. Erste Hinweise auf frei lebende Fasane tauchen im 12. und 13. Jahrhundert im Rheinland auf, 1330 dann in Bayern, 1414 in Tirol und1479 in Sachsen.

Dass die ersten eingebürgerten Bestände für das Rheinland angegeben werden, ist vermutlich kein Zufall. Bis heute können die Tiere ihre Herkunft aus deutlich wärmeren Gebieten nicht verbergen. Vor allem schwere Winter mit langer Schneebedeckung haben die Bestände immer wieder dezimiert. Die im Rheinland üblichen milden Winter waren sicher eine gute Voraussetzung für die Einbürgerung.

Im 17. Jahrhundert wurde es im begüterten Adel Mode, Fasanen nicht nur als exklusives Nahrungsmittel und Jagdwild zu ziehen, sondern zu reinen Repräsentationszwecken in „Fasanerien“ zu halten. Das konnten Volieren oder eher gärtnerisch gestaltete Teile eines Schlossparks sein. Es wurden auch nicht nur Fasane gehalten; es wurde zunehmend üblich, auch andere exotische Hühnervögel wie Goldfasane und Pfaue zu präsentieren.

1696 bekam das Schloss Schönbrunn in Wien eine Fasanerie. Da der kaiserliche Hof natürlich eine enorme Vorbildfunktion für den Hochadel hatte, gehörte es fortan für jeden besseren Fürsten zum guten Ton, eine Fasanerie mit exotischen Vögeln und eine „Orangerie“ mit Zitrusbäumen, Kamelien u. ä. vorweisen zu können. Mit dem Ende des Absolutismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts war dann auch das Ende der Fasanerien eingeläutet.

Heute gehören die Fasane, ähnlich wie die Hasen, zu den großen Verlierern der Industrialisierung der Landwirtschaft. Wo früher Äcker oder Wiesen waren, wird immer mehr Mais angebaut, und mit der „Vermaisung“ der Landschaft findet auch der Fasan immer weniger geeignete Lebensräume.

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zuletzt bearbeitet am 14.VII.2015