6.Aug.2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Leistung der Bienen: das nächste Honigbrot ganz bewusst genießen

Ruth Gestrich-Schmitz

Wunderbares sonniges Wetter, das lieben nicht nur wir Menschen, auch die Bienen freuen sich über die vielen duftenden Blüten, über deren Nektar sie sich hermachen und gleichzeitig dabei die Blüten bestäuben. Wer den Film „More than Honey“ kennt, hat erfahren, wie wichtig die Bienen für die Fruchtbildung sind und was es kosten würde, ihre ökologische Dienstleistung auf künstlichem Wege zu vollbringen. In lebendigen Gärten mit reicher Blütenpracht oder auf bunten Blumenwiesen finden die Bienen jede Menge Nahrung. Der Zuckersaft, den die Blüten produzieren, wird nicht umsonst als Nektar bezeichnet: So hieß bei den alten Griechen der Göttertrank. Er duftete wunderbar und machte unsterblich. Der von den Bienen aus dem Nektar gebildete Honig macht zwar nicht unsterblich, ist aber köstlich und ein gesundes Süßungsmittel.

Der Nektar fließt durch den Saugrüssel und die lange Speiseröhre in den Honigmagen der Biene. Nur einen geringen Teil davon verbraucht sie für ihren eigenen Bedarf. Den größten Teil erbricht die Biene nach Rückkehr im Bienenstock, wo ihre Stockgenossinnen ihn aufnehmen und mit Speichel vermischt zu Honig veredeln. Der Honigmagen der Biene ist kaum größer als ein Stecknadelkopf. Etwa 1000 Einzelblüten des Klees müssen besucht werden, um den Magen einmal zu befüllen. Flüge zu 2 Millionen Blüten sind nötig, um 1 Pfund Honig in den Waben zu speichern. Das entspricht einer Flugleistung von einer 3-fachen Erdumrundung! Nicht ohne Grund heißt es: „Emsig wie eine Biene“.

Neben dem Honig ist der eiweißhaltige Blütenstaub (Pollen) für die Ernährung der Bienen und die Aufzucht der Brut unerlässlich. Betrachtet man Bienen beim Pollensammeln in einer Blüte, so fallen die dicken an den Hinterbeinen klebenden farbigen Klumpen auf. Man sagt, die Biene hat „Höschen“ an. Besonders gut lässt sich das bei ungefüllten Rosenblüten und Mohnblüten beobachten. Sind deren Staubblätter mit reichlich Pollen bepackt, sieht die Biene manchmal aus wie mit Mehl bestäubt. Während sie zur nächsten Blüte fliegt, bürstet sie mit den Hinterbeinen den Blütenstaub aus ihrem Körperkleid und befördert ihn ins sog. „Körbchen“ am Unterschenkel der Hinterbeine. Beim Flug von Blüte zu Blüte bleibt etwas Pollen an der klebrigen Narbe des Blütengriffels hängen und die Fruchtbildung wird eingeleitet. So entsteht eine win-win-Situation: Die Biene erhält Nahrung und die Blüte wird bestäubt, bildet Samen zur Erhaltung der Art.

Doch nicht nur das Sammeln ist ihre Leidenschaft. Im ihrem Leben hat die ausgewachsene Biene verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Im ersten Lebensabschnitt (1.bis 10.Tag) ist sie als „Hausbiene“ im Stock beschäftigt. Sie putzt die Brutzellen und versieht sie mit einem feinen Harzbezug (Propolil), um sie keimfrei zu halten. Als Brutamme füttert sie die Larven mit Eiweißstoffen aus ihren Nährdrüsen. Im zweiten Lebensabschnitt (10.- 20.Tag) ist die Biene vor allem für Wachsproduktion und Bau der Waben verantwortlich, die als Kinderstuben und Vorratskammern für Pollen und Honig dienen. Auch die Honigproduktion und das Sauberhalten des Stocks gehören zu ihren Aufgaben. Als Wächterbiene am Einflugloch sorgt sie dafür, dass nur Stock-eigene Bienen, die sie an ihrem speziellen Geruch erkennt, in den Stock gelangen. Honigräuber wie Wespen werden abgewehrt. Erst im dritten Lebensabschnitt (20.Tag bis zum Tod) erfüllt die Biene ihre Aufgabe als Sammlerin für Nektar oder Pollen. Im Frühjahr und Sommer werden die Arbeitsbienen nicht älter als 4 bis 5 Monate. Die im Spätsommer und Herbst schlüpfenden Bienen überdauern den Winter bis Februar/März und stehen dann direkt zur Brutpflege bereit. Am längsten lebt die Königin: 4 bis 5 Jahre.

Wer mehr aus dem Leben der Bienen erfahren möchte, dem sei das gleichnamige Buch von Karl von Frisch empfohlen. Es ist zwar vergriffen, doch in Bibliotheken ausleihbar. Sieht man den Bienen beim Sammeln zu, wie sie brummend von Blüte zu Blüte eilen und für leckere Früchte und wertvollen Honig sorgen, genießt man vielleicht sein nächstes Honigbrot mit Respekt vor der Leistung der Bienen umso mehr!

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zuletzt bearbeitet am 12.IX.2015