31.Dez.2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Linsen bringen Glück fürs neue Jahr

Ruth Gestrich-Schmitz

Wer kennt es nicht, das Märchen vom Aschenputtel. Die romantische Version „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ist mittlerweile ein absoluter Weihnachtsklassiker. Im Märchen der Gebrüder Grimm schüttet die böse Stiefmutter dem Aschenputtel zwei Schüsseln voll Linsen in die Asche, die es dann wieder herauslesen muss.

Linsen sind seit der Steinzeit ein bis heute beliebtes, nahrhaftes Gemüse und in getrockneter Form das ganze Jahr über erhältlich. Beheimatet in Kleinasien gilt die Linse als eine der weltweit ältesten Kulturpflanzen. Die Speise-Linse Lens culinaris stammt wahrscheinlich von den beiden Wildformen Lens orientalis und Lens nigrigans ab. In Ägypten und dem vorderen Orient diente sie nicht nur der Ernährung der Lebenden, sie wurde auch den Toten als Speise mitgegeben. Viele Erwähnungen in der Bibel weisen auf die Bedeutung der Linse bei den alten Hebräern hin. Bei den Griechen und Römern waren Linsen die Speise für das niedere Volk. Neben Getreide gehörten Linsen zur Grundnahrung der ersten Ackerbauern im Rheinland. Im Mittelalter ging der Anbau von Linsen zurück, Lengerke schreibt 1840: “…hauptsächlich wegen der unsicheren und geringen Erträge.“ Heute werden Linsen meist aus den Hauptanbauländern Kanada, Australien, Türkei und den USA nach Deutschland importiert.

Linsen sind einjährig wachsende, bis 50 Zentimeter hohe, Wicken-ähnliche Hülsenfrüchtler mit kleinen bläulich-weißen Schmetterlingsblüten. In den etwa 2 Zentimeter langen Hülsen entwickeln sich meist zwei Samen, die sehr gehaltvoll an Eiweiß und Kohlenhydraten und damit gute Energiespender für den Körper sind. Der geringe Fett- und der hohe Ballaststoffgehalt, Provitamin A, B-Vitamine sowie Eisen, Kalium, Calcium und Zink machen die Linsen zu einem rundherum gesunden Gemüse. Um auf die Bedeutung von Hülsenfrüchten als wichtige Feldfrüchte für die Ernährungssicherheit weiter Teile der Weltbevölkerung und ihren Beitrag zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit aufmerksam zu machen, haben die Vereinten Nationen 2016 sogar zum Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte erklärt.

Hülsenfrüchte sollten immer gegart werden. Die in ihnen enthaltenen giftigen Lektine und Proteaseinhibitoren werden durch Erhitzen unschädlich gemacht. Linsen haben nicht zuletzt wegen der steigenden Beliebtheit vegetarischer und veganer Kost an Bedeutung gewonnen. Viele verschiedene Sorten werden im Handel angeboten: Hell-olivgrüne Tellerlinsen, schwarze Beluga-Linsen, Pardina-Linsen mit graubrauner Schale und gelbem Inneren, geschälte Rote Linsen, oder Puy-Linsen, eine Spezialität aus Frankreich. Die Alblinse wird als einzige Linse wieder in Deutschland angebaut. Traditionell isst man Linsen als Gemüse und in Suppen, wie süß-saure Linsensuppe im Rheinland, Westfälischer Eintopf, Schwäbische Linsen mit Spätzle. Puy-Linsen eignen sich als Beilage oder zur Verwendung in Salaten, gelbe und rote Linsen für pürierte und pikant gewürzte Suppen. Linsen lassen sich auch zu leckeren Brotaufstrichen verarbeiten.

In Italien werden Linsen als Glücksbringer angesehen: Ganz wichtig ist es, in der Silvesternacht oder am Neujahrstag Linsen zu essen, denn Linsen bringen Glück und Geldsegen im neuen Jahr. Vielleicht bringen Linsen ja nicht nur in Italien, sondern auch bei uns Glück für das neue Jahr. Deshalb werde ich für Silvester eine Linsensuppe, wie man sie in den Abruzzen isst, kochen: Für 4 Personen braucht man 200g Linsen und kocht sie mit einem Lorbeerblatt in 1,5 Litern Gemüsebrühe weich. 3 Stangen Staudensellerie in kleine Stücke schneiden, 1 Zwiebel und 100g mageren Speck würfeln, kurz in Butter anbraten und zu den Linsen geben. 1 Esslöffel Tomatenmark mit etwas Linsenbrühe verrühren und in die Suppe rühren.16 geröstete, geschälte Esskastanien oder Maronen aus der Dose (425 ml) zugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen. Weitere 15 Minuten köcheln lassen. Vor dem Servieren mit einem Schuss Olivenöl verfeinern.

Mit solch einem Linsengericht kann das Jahr gesund und lecker beginnen, und man sorgt bestimmt auch dafür, dass der Kopf das ein oder andere Glas Sekt gut verträgt.

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zuletzt bearbeitet am 31.I.2016