10.März 2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Birnengitterrost – ein hartnäckiges Problem für Birnbäume und ihre Besitzer

Angelika Greif

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand . . .“

Es ist fraglich, ob Fontanes freigebiger Herr Ribbeck heutzutage solchen Erfolg mit seinen Birnen gehabt hätte, denn unsere Birnbäume haben oft ein damals unbekanntes Problem: den Birnengitterrost.

Zwei oder drei orangerote Flecken auf der Oberseite der jungen Birnenblätter im Frühjahr sind die ersten Warnhinweise: die Infektion mit Sporen des Birnengitterrosts ist erfolgt. Doch bleibt es bei einem derart schwachen Befall, sind Baum und Ertrag noch nicht beeinträchtigt.

Ist der Baum stärker befallen, sticht dies schon von weitem ins Auge: sein Blattwerk erscheint dann in eher herbstlichem Rostrot als in sommerlichem Grün. Eine starke Infektion kann zum vorzeitigen Blattverlust und bei langjährigem Pilzbefall bis zum vorzeitigen Absterben des Baumes führen. Wer dagegen etwas unternehmen will, hat es schwer, denn flächendeckend chemisch besiegen lässt sich der Pilz nicht.

Vor der Bekämpfung des zu den Rostpilzen gehörigen Birnengitterrosts (Gymnosporangium sabinae) ist ein Blick auf dessen Lebenszyklus vonnöten. Zur Entwicklung und Vermehrung braucht der Pilz nämlich zwei Wirtspflanzen - zum einen die Birne und zum anderen bestimmte Wacholderarten.

Doch zunächst zurück zum infizierten Blatt: Gegen Ende des Sommers entwickeln sich auf der Unterseite warzenartige Wucherungen mit Sporenlagern, die anfangs noch von einer Haut umschlossen sind. Mit der Reife reißt die Haut auf, gibt Pilzsporen frei und hinterlässt auf dem Blatt das gitterartige Muster, das der Erkrankung ihren Namen verleiht.

Der Wind verbreitet die Sporen, die so zu ihrem eigentlichen Hauptwirt, dem Wacholder gelangen. Hier überwintert der Pilz in den Triebspitzen, die zunächst nur als unscheinbar braune Verdickungen zu erkennen sind.

Zu Beginn des nächsten Frühjahrs bedarf es nun lediglich genügend Feuchtigkeit, um die Triebspitzen anschwellen zu lassen. Dann entwickelt der Wacholder ebenso auffällige wie kurzlebige orangerote Gallertlager, die angefüllt mit Sporen sind. Wird es wieder trockener, infizieren die freigesetzten Pilzsporen die nächste Birne als Zwischenwirt, und der Kreislauf kann von neuem beginnen.

Wer also mit Erfolg einen gesunden, ertragreichen Birnbaum im Garten haben möchte, ist gut beraten, die Lebensbedingungen des Birnengitterrosts zu berücksichtigen. Denn die Bekämpfung ist dort am wirksamsten, wo die Infektionskette des Pilzes unterbrochen wird.

Der Pilz braucht beide Wirtspflanzen, um sich erfolgreich zu vermehren. Und seine bevorzugten Hauptwirte, vor allem die ursprünglich in Südeuropa bzw. Asien beheimateten Wacholderarten Juniperus sabina, auch Sadebaum genannt, der Chinesische Wacholder (Juniperus chinensis) und Pfitzers´s Wacholder (Juniperus x pfitzeriana) bevölkern als immergrüne Hecken- und Solitärpflanzen seit langem unsere Ziergärten.

Wenn ein infektiöser Sadebaum im eigenen Garten steht, sollte man nicht unbedingt einen jungen Birnbaum pflanzen – die Erkrankung ist vorprogrammiert. Aber auch eine an Wacholderpflanzungen reiche Nachbarschaft birgt ein Risiko, denn die Pilzsporen werden im Umkreis von einem halben Kilometer verbreitet. In diesem Zusammenhang – der bei uns beheimatete Gemeine Wacholder (Juniperus communis), der Kriechwacholder (Juniperus horizontalis) und der Schuppenwacholder (Juniperus squamata) sind als Hauptwirte für den Gitterrost nicht geeignet.

Und wie sieht es aus mit der Resistenz unserer Birnensorten? Wirklich resistente Birnenkultursorten gegen diese Erkrankung gibt es nicht, wohl aber besonders anfällige Sorten wie Alexander Lucas, Conference oder die Vereinsdechantsbirne. Einzig die mit der Birne verwandte Nashi wird vom Birnengitterrost nicht befallen, Kreuzungen von Nashi und Birne hingegen schon.

Die Züchtungsforschung stellt sich auf die durch Birnengitterrost bedingten, zunehmenden Schwierigkeiten des Obstanbaus unter anderem dadurch ein, dass sie die Resistenz von Wildbirnensorten überprüft und dann verstärkt bei der Züchtung neuer Kultursorten berücksichtigt. Vielleicht hilft dieser „alte Genpool“ dabei, ein eingeschlepptes Problem zu lösen ...

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zuletzt bearbeitet am 24.III.2016