21.April 2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Blaue Pfau mit seinen schillernden Schmuckfedern

Ruth Gestrich-Schmitz

Sobald die Sonne jetzt im Frühling mit ihren Sonnenstrahlen die Erde wärmt, wird die Natur rasch grün und bunt. In Zoos und Parkanlagen sieht man dann wieder Pfauen mit ihren Federkrönchen auf dem Kopf umherstolzieren, wobei vor allem die männlichen Tiere mit ihren prachtvollen Schmuckfedern auffallen. Diese Oberschwanzdeckfedern des Pfauenhahns machen dabei etwa drei Viertel der gesamten Körperlänge aus und werden bei der Balz zu einem mächtigen Rad aufgeschlagen. Beim Blauen Pfau sind die Oberschwanzfedern mit irisierenden Augenflecken („Pfauenaugen“) geschmückt. So kann er dem Weibchen mächtig imponieren. Die schillernden Farben in den Schmuckfedern beruhen auf lichtbrechenden Eigenschaften: An der Oberfläche winziger Widerhäkchen in den Federn befindet sich eine gitterförmig aufgebaute kristalline Struktur aus Melanin/Keratin-Stäbchen, deren Anzahl und Abstand in Verbindung mit Licht für die unterschiedlichen Farben verantwortlich sind.

Der Blaue Pfau (Pavo cristatus) sowie der Ährenträgerpfau (Pavo muticus) gehören zur Familie der Fasanenartigen (Phasianidae) in der Ordnung der Hühnervögel (Galliformes). Der Blaue Pfau ist ursprünglich in Indien und Sri Lanka beheimatet, wo er im Dschungel lebt und sich von Früchten, Samen, Gräsern, Kräutern, Insekten und kleinen Wirbeltieren wie jungen Schlangen ernährt. Pfauen sind zwar eher Spaziergänger, sie können aber auch fliegen. Das praktizieren sie jeden Abend, wenn sie zur Nachtruhe auf einen Schlafbaum fliegen, als Schutz vor Feinden wie dem Tiger. Blaue Pfauen besitzen einen sensiblen Gehör- und Geruchssinn, der sie Gefahren früh erkennen lässt. Sie warnen ihre Artgenossen dann mit lauten und durchdringenden, für das menschliche Ohr sehr unangenehmen Schreien. Lassen sich Feinde durch das Aufstellen und das schnelle, rasselnde Bewegen der Schmuckfedern nicht einschüchtern, kann es zur Schreck- oder Schockmauser kommen, wobei die Schwanzfedern rasch abgeworfen werden und der Pfau leichter entkommen kann.

Ein Pfauenhahn schart zur Fortpflanzungszeit zwischen April und August drei bis fünf Hennen um sich. Nach der Paarung bebrüten die Hennen, die ein eher unauffälliges Gefieder ohne Schleppe besitzen, ein Gelege mit meist drei bis sechs Eiern, das in dichtem Gebüsch verborgen ist. Nach etwa dreißig Tagen schlüpfen die Küken mit ihrem hellbraunen Federkleid. Erst im Alter von ca. drei Jahren bekommen die Männchen allmählich ihre leuchtenden Federn. Nach der Paarungszeit mausern die Vögel. Die Pfauenhähne legen ihre Schmuckfedern ab, die erst zur nächsten Fortpflanzungszeit wieder neu wachsen.

Die prächtige Schleppe der Pfauenhähne, einerseits für die Balz unerlässlich, andererseits auf der Flucht hinderlich, beschäftigte bereits Evolutions- und Verhaltensforscher wie Charles Darwin oder die israelischen Biologen Amotz und Avishag Zahavi. Letztere stellten 1975 die Theorie des „Handicap-Prinzips“ auf: Wer trotz Handicap den Wettbewerb gegenüber seinen Konkurrenten gewinnt, wird von seiner Umwelt als besonders lebenstüchtig wahrgenommen. Derjenige Pfau, der die schönsten und größten Schmuckfedern besitzt und trotzdem die Geschlechtsreife erreicht, muss dementsprechend besonders gute Gene haben und wird von der Henne zum Partner gewählt.

Blaue Pfauen wurden wegen ihres dekorativen Aussehens schon vor 4000 Jahren in den Mittelmeerraum gebracht und von den ägyptischen Pharaonen wie auch an den kaiserlichen und königlichen Höfen Europas gehalten. Aber auch ihr Fleisch war bei den Ägyptern und den Römern ein Leckerbissen. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich aus dem Blauen Pfau durch Mutation zwei Unterarten, der Schwarzflügel-Pfau und der Weiße Pfau. Wegen ihrer Standorttreue werden die Pfauen in vielen Parkanlagen frei gehalten.

In asiatischen Mythen ist der Pfau oft der Gefährte von Göttern und Königen. In Indien ist er ein heiliges Tier und gleichzeitig der Nationalvogel. Der Pfau gilt als Symbol für Schönheit, Würde, Reichtum, Liebe und Leidenschaft, für Unsterblichkeit, ewiges Leben und Auferstehung, aber auch für Arroganz und Eitelkeit. Laut der griechischen Sage erschuf die Göttin Hera das Federkleid des Pfaus aus dem hundertäugigen Riesen Argos.

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zuletzt bearbeitet am 17.VII.2016