24.Nov.2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Ungewöhnliche Namen und seltene, oft vergessene Küchenpflanzen

Karl Josef Strank

Es gibt Gerichte unserer gut bürgerlichen Küche, die sind ohne Kren nicht denkbar. Fischfilets brauchen eine Sahne-Kren-Sauce, und eine pikante Kren-Sauce ist für Tafelspitz oder eine Kalbszunge unentbehrlich. Auch ein richtig scharfer Senf braucht ihn. Dabei ist der Meerrettich – vor allem in Süddeutschland und Österreich Kren genannt – in unseren Gärten kaum zu finden. Häufiger wächst er wild an Ackerrainen oder Straßenböschungen. Das liegt sicher auch an der nicht einfachen Kultur aus Fechsern, fingerdicken Seitenwurzeln, die schräg in den Boden eingelegt werden und über ein Jahr heranwachsen müssen, bis sie geerntet und auf dem Markt als lange aromatisch, würzige Wurzeln angeboten werden können.

Sehr viele Namen und heute zum Teil sehr selten angebaute Sorten gibt es auch beim Kohl, einem der besten und gesündesten Gemüse unserer Breiten. Rotkohl wird als Rotkraut oder Blaukraut, Weißkohl auch als Weißkraut bezeichnet. Unter Kohlsprossen oder Sprossenkohl versteht man den Rosenkohl. Aber was ist Karfiol? Dahinter verbirgt sich der Blumenkohl, der üblicherweise in Österreich als Karfiol, Karviol oder Cauli bezeichnet wird. Weißkohl, aus dem Sauerkraut hergestellt wird, heißt im Elsaß Choucrut. Der Raps, nahe verwandt mit dem Kohl, häufig auf unseren Äckern als Ölpflanze angebaut, im Frühjahr eine sehr gute Bienenweide, die die Äcker leuchtend gelb malt, wird auch Kohlreps oder Reps genannt. Die Gemüsevariante des Rapses, die den unteren Teil des Stängels zur Rübe verdickt hat, wird als Kohlrübe, Steckrübe, Bodenkohlrabi, Rutabaga oder Wruke bezeichnet. Die Stoppelrübe, Hungernahrung der harten Winter nach dem Ersten Weltkrieg, wird auch als Herbstrübe, Weißrübe oder Wasserrübe bezeichnet. Die Mairübe, die Teltower und die Märkische Rübe, nahverwandte Varianten, werden selten angebaut, gelten aber, richtig zubereitet in der Küche dann schon als Delikatesse. Dazu zählt auch der Rübstiel oder Stielmus, eine im Bergischen Land sehr beliebte Sorte mit dickfleischigen Stielen, die problemlos wächst und die gemüsearme Zeit im April und Mai überbrückt.

Unter Beißkohl versteht man den Mangold, der gar kein Kohlgewächs, sondern eng mit der Zuckerrübe verwandt ist. Er ist mit dem Einzug der italienischen Küche beliebter geworden. Etwas in Vergessenheit geraten sind die Rahnen, obwohl sie problemlos bis in den Winter wachsen und, wenn sie vereinzelt werden und Platz haben, schöne runde Rüben ausbilden. Wegen der intensiven roten Farbe ist die Rote Beete, Rote Rübe oder Salatrübe, wie sie auch heißt, aber nicht nur beliebt. Hinter den Namen Mausohr, Rabinschen und Rapunzel verbirgt sich der Feldsalat, der im Herbst und Winter häufiger auf den Tisch kommt.

Als Gemüse aus unseren Gärten nicht mehr wegzudenken sind auch Fisolen. Dieser alte Name klingt fast wie Phaseolus. Die Gattung umfasst die Stangenbohne, die Buschbohne und die Feuerbohne, die erst aus der neuen Welt nach Europa gekommen ist. Mit Bohne wird bei uns eigentlich die dicke Bohne, auch Saubohne oder Pferdebohne genannt, bezeichnet.

Die Namen Paradeiser und Liebesapfel zeigen, welche Vorstellungen mit der Tomate verbunden werden. An Sorten bietet diese Art schier unendlich viel mehr als nur die faden, wässrigen, roten Beeren aus dem Supermarkt: Ochsenherz-, Fleisch-, Dattel-, Cherry-, Pflaumen-, Pfirsich-, Zebra-, Johannisbeer- und Marzano-Tomate sind nur einige.

Die verschiedenen alten Namen sind ein Abbild der vielen Sorten und Varianten der Pflanzen, die seit Urzeiten von den Menschen für die Ernährung gezüchtet und ausgelesen worden sind. In ihnen steckt ein wahrer Schatz unterschiedlicher Eigenschaften – von besonderem Geschmack bis zu verborgenen Resistenzen gegen Schädlinge, die heute für die genetisch oft verarmten Wirtschaftssorten von großem Wert sind. Um den Erhalt der alten, regionalen Sorten kümmern sich neben den staatlichen Genbanken auch zahlreiche Vereine und lokale Initiativen. Angesichts von Klimawandel und anderen Katastrophen ist die Vielfalt unserer Kulturpflanzen überlebenswichtig.

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zuletzt bearbeitet am 31.XII.2016