1.Dez.2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mulchen, wie die Natur es uns vormacht

Thomas Eßing

Wer dieser Tage durch unsere heimischen Buchenwälder geht, schreitet durch eine dicke Laubschicht, in der kaum Unterwuchs vorhanden ist. Die Buche schafft es, sich bei uns in natürlich entwickelten Wäldern, als dominante Baumart durchzusetzen. Sie gestaltet ihren Lebensraum selbst, in dem dann fast alle anderen Pflanzen das Nachsehen haben. Bei diesem Prozess spielt auch das abgefallene Laub eine wichtige Rolle: Es reichert den Boden mit Humus an, was für eine gleichmäßige Versorgung mit Feuchtigkeit, Wärme und Nährstoffen sorgt, und ideale Bedingungen gerade für die Buche schafft. Darüber hinaus verhindert das Laub, dass auf den Boden gefallene Samen keimen können und die heranwachsenden Pflanzen den Buchen Konkurrenz machen.

In unseren Gärten wollen wir unsere Zier- und Nutzpflanzen optimal gedeihen lassen. Andere Pflanzen, die wir als Unkraut ansehen, sollen sich aber möglichst nicht ansiedeln. Da stellt sich die Frage, ob das Prinzip des Abdeckens des Bodens, wie es die Buchen vorführen, nicht auch in unseren Gärten ein erfolgreiches Konzept sein kann, um beide Ziele zu erreichen.

Viele Gartenbesitzer entfernen jetzt im Herbst Laub und abgestorbene Pflanzenteile aus den Beeten. Wird anschließend noch der mineralische Boden aufgeharkt, schafft man eine Situation, die in freier Natur nur durch außergewöhnliche Ereignisse entsteht: So müssen schon Stürme Bäume umwerfen, Starkregen zu Erosion führen, oder Waldbrände größere Flächen freilegen, um in natürlich entstandener Vegetation den nackten Boden freizulegen. Nach solchen Ereignissen haben kurzfristig die sogenannten Ruderalpflanzen (zum Beispiel Birken, Pappeln, diverse Gräser und Stauden) freie Bahn. Ihre flugfähigen, ultraleichten Samen werden durch den Wind flächendeckend verteilt. Wurde mineralischer Boden freigelegt, keimen diese Samen sofort und nehmen ihren neuen Lebensraum in Besitz. Flugunfähige Buchensamen brauchen meist sehr viel länger, bis sie solche Stellen wieder erreichen und haben zunächst das Nachsehen. Jetzt beginnt die sogenannte Sukzession: Als erstes dominieren krautige Pflanzen, die nach einiger Zeit von Sträuchern überwachsen werden, bis auch diese von ruderalen Bäumen verdrängt werden. Erst im Laufe von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten gewinnen anschließend wieder die Buchen die Oberhand und dominieren den entstandenen Wald erneut.

Harken wir also unseren Gartenboden auf, ohne ihn anschließend mit Mulch abzudecken, schaffen wir perfekte Startbedingungen für diverse, meist ruderale Pflanzen mit sehr mobilen Samen. Wir laden, wenn man so will, die Unkräuter geradewegs dazu ein, sich in unserem Garten anzusiedeln. Deshalb sollte das Mulchen auf offenen Flächen sowie unter Sträuchern und Bäumen eine Selbstverständlichkeit sein. Es reduziert Pflegearbeit, macht spezielle Düngung weitgehend überflüssig und bildet genau das nach, was die Natur erfolgreich vorlebt. Zusätzlich bietet eine Mulchschicht Lebensraum für Würmer, Käfer und eine große Anzahl anderer Bodenlebewesen. Diese ökologische Vielfalt ist es, die Pflanzen kräftigt und gesund hält.

Wer erstmalig Mulch verwendet, sollte ihn mindestens fünf Zentimeter dick auftragen, um das Keimen der zahlreichen Unkrautsamen im Boden weitgehend zu verhindern. Vor einem ersten Mulchen sollte man den Boden vorher mit schnell wirkendem Dünger (zum Beispiel Hornspäne oder mineralischer Dünger) versehen. Dies ist notwendig, da die Mikroben, die den Mulch zersetzen, mit Beginn ihrer Tätigkeit die freien und frei werdenden Nährstoffe zunächst für sich selbst nutzen. Hierdurch kann es vorübergehend zu einem Nährstoffmangel bei den Pflanzen kommen, der durch eine Vorabdüngung vermieden wird. Diese einmalige Maßnahme ist bei späteren ergänzenden Mulchgaben, die zwei-bis dreimal im Jahr dünnschichtig erfolgen sollten, nicht mehr erforderlich.

Als Mulch kann im Prinzip jegliches pflanzliches Material verwendet werden. Es sollte eine Mischung aus groben und feinen Substanzen Verwendung finden, um eine optimale Bodenstruktur mit ausreichendem Luftaustausch zu gewährleisten. Rindenmulch sollte man unter Bäumen, größeren Sträuchern und auf Trittstellen verwenden. Er unterdrückt durch Gerbstoffe die Keimung von Unkrautsamen optimal. Außerdem hat er ein weites C : N (Kohlenstoff : Stickstoff) – Verhältnis. Es kommt somit nur zu einer geringen düngenden Wirkung, wodurch Bäume und Sträucher langsamer wachsen, und deshalb seltener beschnitten werden müssen. Zudem ist dieser Mulch langlebiger. In Staudenbeeten und Nutzgärten ist hingegen eine Mischung aus unterschiedlichen abgestorbenen Pflanzenteilen geeignet, wobei verholzte Triebe und Äste gehäckselt werden sollten. Hierdurch wird eine optimale und ausgeglichene Düngung erreicht, wobei allerdings die keimhemmende Wirkung geringer ist als bei Rinde. Pflanzenteile, an denen sich Samen gebildet haben, sind nicht als Mulch geeignet und sollten aus dem Garten entfernt werden. Gleiches gilt für die unterirdischen Triebe von Giersch und Quecke, aus denen sich schnell neue Pflanzen bilden können.

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zuletzt bearbeitet am 31.XII.2016