8.Dez.2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Kümmel – die Arzneipflanze des Jahres 2016 beruhigt Blähbäuche

Christinna Paulson

Bei unserem einheimischen Kümmel als Gewürz scheiden sich die Geister: entweder man liebt seinen intensiven Geschmack oder man mag ihn gar nicht. Bäcker in Süddeutschland und Österreich würzen kräftige Brotsorten gerne damit, während viele Rheinländer den ganzen Kümmelkörnern eher mit Abneigung begegnen.

Der Echte oder Wiesen-Kümmel (Carum carvi) wächst bei uns wild auf sonnigen, nährstoffreichen Wiesen und Weiden und kann auch in sonnigen Gärten gedeihen. Die zweijährige Pflanze mit ihren zierlichen, mehrfach gefiederten Blättern entwickelt im ersten Jahr eine unscheinbare Blattrosette. Im zweiten Jahr blüht sie von Mai bis Juli mit weißen bis leicht rosa Doldenblüten. Sind die Früchte im August reif und braun, schneidet man die Dolden ab und hängt sie zum Nachreifen an einen luftigen, schattigen Platz. Wenn sie trocken sind, kann man sie „abrebeln“. Dabei zerfallen die „Doppel-Früchte“ des Kümmels, die denen von Anis und Fenchel ähneln, in zwei sichelförmige „Teilfrüchte“, wie Botaniker die Gewürzkörnchen nennen. Kümmel-Liebhaber würzen unter anderem Sauerkraut, Krautsalat, Zwiebelkuchen, Kohlgemüse und fette Fleischgerichte mit den ganzen oder zermahlenen Körnern und machen ihre Speisen damit bekömmlicher.

Die antimikrobielle, krampflösende und blähungstreibende Wirkung des Kümmels ist heute wissenschaftlich belegt. Wegen der vielfältigen Wirkungen vor allem auf den Verdauungstrakt wählte der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg den Echten Kümmel zur Arzneipflanze des Jahres 2016. Medizinisch wirksam sind die Früchte der Pflanze, die drei bis sieben Prozent ätherisches Öl enthalten, das durch Wasserdampfdestillation gewonnen werden kann. Diese typisch duftende Flüssigkeit ist zum Beispiel in Mundwässern zum Gurgeln oder Spülen bei Mundgeruch enthalten oder auch in „Bauchwohl“-Zubereitungen, die man in der Apotheke kaufen kann. Auch Kleinkindern, die von Blähungen geplagt sind, kann man hiermit helfen, indem man ihren Bauch sanft damit einmassiert.

Milder – aber schwächer wirksam – ist die Zubereitung der Kümmelfrüchte als Tee. Hierfür stößt man 1-2 Teelöffel Kümmelfrüchte im Mörser an, übergießt diese mit einer Tasse kochendem Wasser oder heißer Milch, lässt dies zugedeckt zehn Minuten ziehen und seiht dann ab. Vor allem in Arzneitees ist die Kombination mit Fenchel und Anis gebräuchlich und in der Kinderheilkunde sehr beliebt.

Die Erfahrungsheilkunde empfiehlt Kümmel auch als milchtreibendes Mittel bei stillenden Müttern. Außerdem soll er das Einsetzen der Menstruation fördern. Äußerlich kann Kümmelöl die Haut reizen und damit die Durchblutung anregen. Daher kommt er in der Volksmedizin auch gegen rheumatische Beschwerden zum Einsatz. Dazu reiben Betroffene die schmerzenden Körperstellen zwei- bis dreimal täglich mit verdünntem Kümmelöl ein. Der deutsche Namen „Kümmel“ kommt entweder vom lateinischen Wort ‚cuminum‘ oder vom griechischen ‚cyminum‘. Mit diesen beiden Namen bezeichnen Botaniker den in Westasien beheimateten und ganz anders schmeckenden Kreuzkümmel ,Cuminum cyminum‘, ebenfalls ein Doldenblütler, der in der asiatischen Küche eine große Rolle spielt und ein wichtiger Bestandteil von indischen Curry-Mischungen ist.

Der Schwarzkümmel schließlich – botanisch „Nigella sativa“ –, dessen dreikantige, schwarze Früchte typischerweise auf türkischen Fladenbroten zu finden sind und aus dem das wertvolle Schwarzkümmelöl gewonnen wird, ist weder mit unserem heimischen Wiesenkümmel noch mit dem orientalischen Kreuzkümmel verwandt. Er besitzt ein eher pfeffriges Aroma, stammt ebenfalls aus Westasien und gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse.

Wer den Kümmel als Speisegewürz nicht mag, kann sich nach einer „schweren“ Mahlzeit oder bei Völlegefühl auch mit einem Digestif behelfen: Kümmelöl ist beispielsweise in „Aquavit“ enthalten, der am besten eisgekühlt schmeckt. Den Wiesenkümmel kann man übrigens kennen lernen, wenn man im Frühsommer den Karlsgarten am Gut Melaten besucht. Er gehört zu den Pflanzen, die schon Karl der Große wegen seiner heilsamen Wirkungen zum Anbau in seinen Hofgütern vorschrieb.

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zuletzt bearbeitet am 31.XII.2016