19.Jan.2017
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Permakultur eine Anbaumethode, die viele Ökoelemente zusammenbringt
Karl Josef Strank
In der Natur gibt es nahezu keine Flächen, die frei von Vegetation sind. Neben den extremen Trockenwüsten, den Stein-, Schnee- und Eiswüsten alpiner Gebirge und der Polkappen, sind es kleine Bereiche in Flussauen, wo der Boden durch die Kraft des fließenden Wassers immer wieder weggespült, umgelagert und ständig neu aufgeschüttet wird. Doch auch hier findet sehr schnell eine Wiederbegrünung mit sogenannten Pionierpflanzen statt, die aus Samen keimen und diese Flächen rasend schnell wieder begrünen.
Wenn unsere Gartenböden im Winter völlig offen und unbedeckt liegen, ist das höchst unnatürlich. Es darf uns nicht wundern, wenn dann „Unkräuter“ sie sind die Pionierpflanzen schlechthin den Boden flächendeckend überziehen.
Auf der Suche nach natürlichen Anbaumethoden wurde der Wald als Vorbild entdeckt. Ein alter, reifer, über Jahrhunderte gewachsener Wald bildet und ernährt den Boden, erzeugt sein eigenes Klima und beherbergt eine Vielzahl von Arten. Er ist vertikal strukturiert in eine Kraut-, Strauch- und Baumschicht.
Tropenwälder sind noch reichhaltiger aufgebaut. Kahle offene Stellen gibt es nicht beziehungsweise nur punktuell und kurzfristig, weil sie schnell wieder mit Pflanzen zuwachsen. Nach dem Vorbild immergrüner Wälder in Tasmanien, die andauernd in üppigstem Grün wachsen, prägten Bill Mollison und David Holmgren den Begriff „Permakultur“. Dahinter steckt ein ganzes Bündel von Denkansätzen. Zentral ist der Gedanke der Nachhaltigkeit, nach dem wir unsere Lebensräume lebenswert gestalten, uns wohlfühlen und unsere Lebensgrundlagen dauerhaft erhalten.
Bei der Realisierung von Permakulturprojekten ist die Planung wesentlich und der erste wichtige Schritt. Die natürlichen Gegebenheiten des Standortes sind gründlich zu recherchieren. Die einzurichtenden Elemente müssen den vorhandenen Umweltbedingungen entsprechen. Die Bodenverhältnisse, die Be- und Entwässerung des Areals, die Windverhältnisse und die Besonnung sind bei der Anordnung der Strukturelemente und der verwendeten Pflanzen so zu positionieren, dass alles passt. Einzelne Elemente, zum Beispiel eine nach Süden ausgerichtete Mauer, sind in ihrer Funktion als Wärmespeicher für das angrenzende Gebäude wie für die wärmeliebenden Pflanzen davor zu denken. Ein Obstbaum kann als Naturpergola, Fruchtspender, Schattenspender im Sommer, Nistmöglichkeit für Vögel und Insekten und Windschutz für den Gemüsegarten dienen. Ein Gründach fungiert als Regenschutz, Futterplatz für Bienen und andere Insekten, Kühlung im Sommer, Wärmedämmung im Winter, grüner Lebensraumersatz für verbaute Flächen und als Wasserspeicher. Nichts steht für sich allein, jedes Element und jede Maßnahme erfüllt mehrere Zwecke.
Sonnenfallen und Windbremsen sind typisch für Permakultur. Erstere konzentrieren wie ein Brennglas die Sonnenenergie und die Wärme. Eine ideale Kombination für eine Sonnenfalle ist ein an eine Steinmauer gebautes Gewächshaus, vor dem zum Einfangen und Reflektieren des Sonnenlichts noch ein Teich angelegt ist.
Typisch sind auch Schlüssellochgärten, die sternförmig um einen zentralen Punkt herum angeordnet werden. Von Standflächen auf den Strahlen des Sterns kann das gesamte Beet bequem für Aussaat, Pflege und Ernte der Pflanzen rundum bearbeitet werden, ohne die Kulturflächen zu betreten. In Hanglagen ist das Gärtnern in Terrassenbeeten sehr effektiv. Hochbeete, Hügelbeete, Mulchen, Kompostierung, Anzucht von Würmern, Mischkulturen, organische Düngung, die Verwendung von Jauchen, Brühen und Tees zur Schädlingsregulierung, die Förderung von Nützlingen, alles, was biologisches Gärtnern ausmacht, ist auch Teil des Permakulturkonzeptes.
Es ist dennoch nicht einfach, Permakultur kurz und klar zu definieren. Sie hat sehr viele Aspekte und funktioniert weltweit bei den unterschiedlichsten Umweltbedingungen. Sie ist eine ganzheitliche Anbaumethode, bei der alles mit allem zusammenhängt. Permakultur ist mehr der Weg als das Ziel, ein Entwicklungsprozess, ein ständiges Experimentieren und Suchen.
zuletzt bearbeitet am 12.IV.2017