23.März 2017
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Kost und Logis inklusive? Das lieben Wildbienen im Garten
Angelika Greif
Insektenhotels sind beliebt wer im eigenen Garten das rege Treiben dort beobachtet, weiß von der Faszination, die von den geflügelten Mietern ausgeht. Doch nicht immer deckt die Nachfrage das Wohnraumangebot. Woran liegt das?
Eine andere Frage sei vorangestellt: Wer möchte denn überhaupt einziehen? Als Mieter kommt die große Gruppe der Wildbienen infrage: Allein in Deutschland sind 547 Wildbienenarten beheimatet. Viele davon sind Solitärbienen, deren Weibchen nur eine Saison leben und für Nestbau und Brutpflege alleine zuständig sind. Je nach Art suchen sie sich als Nistmöglichkeit Schneckenhäuser, Gestein oder Totholz. Manche Wildbienen sind zusätzlich auf spezielle Baumaterialien angewiesen. So kleidet die Mohn-Mauerbiene ihre Brutzellen ausschließlich mit den Blütenblättern des Klatschmohns aus. Wenn sie sie findet.
Auch die Hummeln gehören zu den Wildbienen, sie bilden kleine soziale Staaten, deren Individuenstärke je nach Art zwischen 50 und 600 Tieren schwankt. Hummeln und die meisten Furchenbienen bauen ihr Nest im Erdreich, und somit fallen auch sie als potenzielle Untermieter des Insektenhotels aus.
Befindet sich in der Nähe der Nisthilfe lediglich Granitschotter mit Weymoutskiefer und Grasbüscheln, so sind wir der nächsten Ursache für den ungenutzten Wohnraum auf der Spur: Die Wildbienen sind Nahrungsspezialisten, die ohne ihre Trachtpflanzen lokal selbst dann aussterben, wenn es rundherum reichhaltig blüht und ideale Nistplätze vorhanden sind.
In Deutschland sind 30 Prozent aller Wildbienen oligolektisch, das heißt, sie haben sich als einzige Nahrungsquelle auf den Pollen und Nektar einzelner Pflanzenfamilien spezialisiert. Monolektische Arten sammeln Pollen sogar nur bei einer Pflanzengattung oder -art. Als „Allrounder“ unter den Wildbienen nehmen die polylektischen Arten sowohl Pflanzenpollen und Nektar von Lippenblütlern, Rachenblütlern und anderen auf.
Wildbienen sind Nützlinge, die ihre Bestäubungsarbeit enorm effektiv erledigen. Rund 80 Prozent der Wild- und Nutzpflanzen werden von Insekten bestäubt: von Honigbienen wie von Wildbienen, Schwebfliegen, Käfern und speziellen Schmetterlingen. Untersuchungen haben gezeigt, dass erst die Zusammenarbeit von wilden Insekten und Honigbienen zu besten Bestäubungsleistungen führt.
Doch ist es ungewiss, wie lange die Agrarwirtschaft noch auf diesen kostenlosen Service zurückgreifen kann, denn um unsere Bestäuber ist es schlecht bestellt. Die Tiere finden in der zunehmend intensivierten Landwirtschaft immer weniger Nahrung und Lebensraum. Die Konsequenz: Von den genannten 547 Wildbienenarten sind bereits 39 in Deutschland ausgerottet und über 50 Prozent auf der Roten Liste der bedrohten Arten.
Diese Bestäuberkrise ist ein Phänomen, das weltweit zu beobachten ist. Ein Zukunftsszenario haben wir schon heute in einigen Teilen Japans und Chinas vor Augen, wo im Obstbau Menschen die Bestäubungsleistung der nicht mehr vorhandenen Bienen übernehmen müssen mit dem Pinsel in der Hand, Blüte für Blüte. Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Entwicklung sind offensichtlich: Was wird ein derart produzierter Apfel wohl kosten?
Wer etwas für wilde Bestäuber tun möchte, kann im eigenen Garten anfangen: Wenn Nistmöglichkeiten und Nahrungsangebot auf engem Raum vorhanden sind, brauchen manche Wildbienenarten nicht viel Platz. Wichtig ist die richtige Auswahl heimischer Futterpflanzen, die vom Frühjahr bis in den Herbst für ein zuverlässiges Nahrungsangebot an Pollen und Nektar sorgen. Hierbei sind die Pflanzenarten hervorzuheben, die die gefährdeten Pollenspezialisten benötigen, denn auch Pollengeneralisten können sie nutzen. So liefern Weide (Salix), Natternkopf (Echium) und Glockenblumen (Campanula) allein das Futter für 15 Wildbienenarten.
Ein Wildbienengarten enthält für Besiedler des Erdbodens lückig bewachsene Magerflächen aus Sand, Kies oder Schotter mit einer üppig blühenden Wildstaudenflora. Um den Energieverlust bei der Nahrungssuche gering zu halten, sollte der Abstand zwischen Nistplätzen und Nahrungsquellen idealerweise nicht mehr als 200 bis 300 m betragen. Bei einer solchen Gartenplanung kann ungehemmt geworben werden: Hier ist Kost und Logis inklusive!
Weitere Infos unter
wildbienen.de
bombus.de
aktion-hummelschutz.de
zuletzt bearbeitet am 12.IV.2017