6. Juli 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Flachbärlappe - Trittbrettfahrer des Skitourismus?

Joachim Schmitz

Bärlappgewächse sind eine uralte Pflanzengruppe, die mit Siegel- und Schuppenbäumen wesentlich an der Steinkohlenflora beteiligt ist. Sie bilden keine Blüten aus. Die Sporen, die meist in am Ende der Triebe abgesetzten Sporangienständen gebildet werden, keimen erst mal zu einem Vorkeim heran, auf dem die Geschlechtszellen gebildet werden und die eigentliche Befruchtung stattfindet. Aus der befruchteten Eizelle entsteht dann wieder die nächste Pflanzengeneration. Im Gegensatz zu den Farnen, die den gleichen Lebenszyklus zeigen, haben sie allerdings nur schuppenförmige Blätter, die außer dem Mittelnerv keine weitere Aderung aufweisen.

Bärlappgewächse haben es nie geschafft, echte Stämme mit kontinuierlich wachsendem Holz hervorzubringen. Deshalb waren sie nicht mehr konkurrenzfähig, als im Erdmittelalter Nadelbäume und andere Nacktsamer aufkamen, die nicht nur in die Höhe sondern auch in die Breite wachsen konnten, so dass diese Bäume wesentlich größere Höhen erreichten.

Bärlappgewächse gibt es immer noch; sie sind aber im Vergleich zu ihren archaischen Vorfahren Zwerge. Früher wurden alle heimischen Bärlappe in eine einzige Gattung Lycopodium gestellt. Heute werden sie in 4 Gattungen aufgeteilt. Eine davon sind die Flachbärlappe der Gattung Diphasiastrum. Die heißen so, weil die Triebe mit flach angedrückten Schuppenblättern besetzt sind. Die angestammten Biotope sind Tundren und Nadelwälder rund um den Polarkreis und in höheren Gebirgen, z.B. den Alpen, sekundär dann auch auf diesen Standorten durch Rodung entstandene Heiden und saure Magerrasen.

IEin typisches Beispiel ist der Alpen-Flachbärlapp (D. alpinum). Der kommt in den Alpen oberhalb der Baumgrenze vor sowie auf den höchsten, seit der Eiszeit waldfrei gebliebenen Bergen der Mittelgebirge, z.B. dem Feldberg im Schwarzwald. Diese Vorkommen gelten deshalb als Eiszeitrelikte. Für Nordrhein-Westfalen waren lange nur Fundorte auf dem Kahlen Asten und seiner Umgebung bekannt. Die dortigen Hochheiden sind aber nicht natürlich, sondern erst im Mittelalter durch Rodungen entstanden.

Im Zuge der systematischen Erfassung und Kartierung der Flora Deutschlands in den 1980er Jahren häuften sich Meldungen neuer Funde, die meisten im Hochsauerland, aber auch einen in der Eifel: Das Vorkommen von Zeillers Bärlapp (D. zeilleri) bei Zingsheim ist allerdings heute erloschen. Ich selbst war mehrfach in den Skigebieten um Winterberg. Auf der berühmten Postwiese in Neuastenberg habe ich den Zypressen-Flachbärlapp (D. tristachyum) gefunden. Nach dem Alpen-Flachbärlapp habe ich ebenfalls gesucht. Den habe ich auch gefunden, aber nicht auf dem Kahlen Asten sondern am Rande eines Parkplatzes am Start der Bobbahn in Winterberg!

Eine Mehrzahl der Neufunde zeigten die Flachbärlappe als Kulturfolger des Wintertourismus. Das nährte die Spekulation, dass die neuen Funde nicht einfach früher übersehen worden waren, sondern dass es sich um relativ junge Einschleppungen aus anderen Wintersportgebieten handeln könnte.

Auf der Postwiese, einer der bekanntesten Skiwiesen des Sauerlands, wächst der Zypressen-Flachbärlapp.

 

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zuletzt bearbeitet am 23.VII.2017