13. Sept. 2018
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Bäume, die im Herbst nach Weihnachten duften
Karl Josef Strank
Der Baum, um den es hier geht, ist eine Attraktion im Garten und zugleich ein lebendes Fossil. Da steht er in einer Reihe mit dem altweltlichen Mammutbaum, Metasequoia, oder dem Ginkgo und einigen wenigen weiteren Arten. Da die Blätter eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Judasbaum, Cercis siliquastrum, haben, ist die Gattung Cercidiphyllum genannt worden. Auf Deutsch heißt er Katsurabaum.
Bis heute hat der Katsura, der aus Asien stammt, mit zwei Arten, die in zwei voneinander getrennten Arealen wachsen, überlebt. Fossil kennt man ihn als Element der chinesisch-japanischen Flora aus dem Tertiär. In diesem Erdzeitalter gab es auch verwandte Arten in Europa und Nordamerika, die inzwischen jedoch ausgestorben sind. Überlebt haben Cercidiphyllum japonicum, der in China, Taiwan, Korea und Japan beheimatet ist, und Cercidiphyllum magnificum, dessen Heimat das nördliche und zentrale Honshu ist.
Auch als „toffee tree“ bekannt
Gärtnern ist der Katsura als japanischer Kuchen- oder Lebkuchenbaum geläufig und Kustoden dendrologischer Sammlungen vergessen nie, den Kuchenbaum zu erwähnen, wenn er denn im Bestand ist. Erfolgt der Besuch zur Welke oder zur Zeit des Laubfalls, verströmen die Blätter einen angenehmen, leckeren Duft nach frischem Gebäck und Lebkuchen. Bei feuchtem Wetter riechen sie sehr intensiv nach Karamell, was ihm im Englischen den Namen „toffee tree“ eingebracht hat. Beim Trocknen der Blätter verliert sich allerdings der Duft. Wer also einen Katsura im Garten hat oder eine Stelle im Park kennt, wo er gepflanzt worden ist, kann dort schnuppern und sich bereits im Herbst stimmungs- und duftmäßig auf Weihnachten einstellen, denn Vorfreude ist ja bekanntlich die reinste Freude. Als sommergrüner Laubbaum oder großer Strauch erreicht der Kuchenbaum Wuchshöhen von zehn bis zwanzig, selten dreißig, Metern. Die meist mehrstämmige breit pyramidale Krone hat steil aufragende Äste. Die jungen Zweige sind rotbraun, glänzend und kahl. Die ältere Borke ist tief gefurcht und fasert in langen Streifen ab.
Unterschiedliche Blätter
Die gegenständigen Blätter treiben früh im Jahr aus, anfangs sind sie violettrot. Interessant ist, dass der Katsura Langtriebe und Kurztriebe, die auch direkt aus dem Stamm auswachsen, bildet. Deren Blätter unterscheiden sich. Grundsätzlich sind sie handnervig, das heißt, die Hauptnerven entspringen alle am Übergangspunkt von Blattstiel zu Blattspreite. Die Langtriebblätter sind oval und laufen spitz zu. Die Kurztriebblätter sind rund, fast nierenförmig und am Grund herzförmig ausgebuchtet. Alle Blätter sind kahl, oberseitig mattgrün, unterseitig bläulich. Im Herbst verfärben sie sich von anfangs Lachsrosa später nach Goldgelb. Mit dem Laubfall duften sie dann nach Zuckerwatte und frisch gebackenem Kuchen.
Ein Zweig des Katsurabaumes mit herzförmigen Blättern und hellgrünen Balgfrüchten.
Der Katsura ist getrenntgeschlechtig und zweihäusig es gibt demnach weibliche und männliche Bäume. Die rötlichen, gehäuft in den Achseln der Blattknospen stehenden Blüten erscheinen im März oder April noch vor dem Laubaustrieb. Die männlichen Blüten haben viele rote, in dichten Büscheln stehende, lange Staubblätter. Die krallenartig gekrümmte Balgfrucht enthält viele flache, geflügelte, braune, vier bis fünf Millimeter lange, trapezförmige Samen.
Wegen der sehr urtümlichen Merkmale wurden die Cercidiphyllaceen ursprünglich mit den Zaubernuss- und Buchengewächsen der Verwandtschaft der primitiven Magnoliengewächse zugeordnet. Nach neueren molekulargenetischen Untersuchungen werden sie mit den Zaubernüssen, holzigen Pfingstrosen, dem Scheinlorbeer und unter anderem dem Amberbaum der Steinbrechverwandtschaft zugerechnet.
In seiner Heimat wächst der Katsura in Wäldern, an Waldrändern und entlang von Flüssen und Bachläufen. Bei uns bevorzugt er einen lockeren, humus- und nährstoffreichen Boden sowie einen sonnigen oder halbschattigen Standort. Gegen Trockenheit ist er empfindlich. Aufgrund seiner Beliebtheit sind die Zierformen pendulum und miquelianum sowie die Sorten „Rotfuchs“, „Heronswood Glo“, „Peach“, „Raspberry“, „Ruby“, „Strawberry“ und „Tidal Wave“ im Handel erhältlich.
zuletzt bearbeitet am 19.X..2018