25 Okt. 2018
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Obstweine erfreuen durch ihre Geschmacksvielfalt
Karl Josef Strank
Der Herbst ist die Zeit des reifen Obstes. In allegorischen Darstellung der Jahreszeiten wird er immer mit einer üppigen Fülle von Weintrauben und allen bei uns gängigen Obstsorten gezeigt. Für den Gärtner ist der Herbst eine ähnlich schöne Jahreszeit wie das Frühjahr. Macht letzteres Freude, wenn nach den nasskalten und frostigen Tagen des Winters die Sonne den Boden erwärmt und alles wieder sprießen lässt, so tut es der Herbst ebenso, weil mit den Früchten die Belohnung eines Jahres eingebracht wird.
Die große Menge stellt einen aber in guten Jahren auch oft vor Probleme, wenn es daran geht, die Ernte zu verarbeiten und haltbar zu machen, damit die Vorräte den Winter auch überstehen und nicht verderben. Schon Karl der Große hat in der Landgüterverordnung für die Äpfel bei der Nennung verschiedener Sorten darauf hingewiesen, dass zum Beispiel süße und säuerliche, kompott- und lagerfähige Äpfel und solche für den Frischverzehr angebaut werden sollten, was die Verwendungsmöglichkeiten steigert.
Obst kann zu Marmelade oder Gelee verarbeitet werden. Hierbei übernimmt der Zucker die konservierende Wirkung. Beim Einkochen sorgt die Erhitzung für die Sterilisation. Solange das Glas oder die Dose luftdicht verschlossen bleiben, ist der Inhalt für längere Zeit haltbar.
Zuckerhaltige Obstsäfte, die nicht durch das nach dem französischen Chemiker und Bakteriologen, Louis Pasteur, benannten Sterilisationsverfahren durch kurzfristiges Erhitzen „pasteurisiert“ werden, gehen nach einigen Tagen spontan in Gärung über. Dabei entsteht aus Zucker Alkohol und Kohlendioxid wird freigesetzt. Kann es nicht ausgasen, geraten Flaschen und andere Behälter, in denen der Saft gärt, unter großen Druck und platzen schließlich.
Verantwortlich für die alkoholische Gärung sind Hefepilze, die praktisch überall vorhanden sind. Daher geht auch Fallobst irgendwann in Gärung über und Tiere, die dem übermäßig zusprechen, bekommen einen Rausch und torkeln durch die Gegend, was mitunter lustig anzusehen ist. Uns geht es da nicht anders. Da der Alkohol die Menschheit aber schon sehr lange begleitet, haben wir die Methoden, ihn zuverlässig herzustellen, weiterentwickelt und verfeinert.
Einige Forscher meinen, die Herstellung von Alkohol und der Konsum bei gemeinsamen Festen habe die Menschen vom Umherziehen zur Sesshaftigkeit geführt. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt in früheren Zeiten war auch die Tatsache, dass alkoholisierte Getränke der Gesundheit zuträglicher waren als Wasser, das oft mit Keimen verunreinigt war, denn Alkohol sterilisiert.
Bier aus Gerste und Wein aus Trauben übertreffen mengenmäßig die Obstweine bei weitem. Sie bestechen weniger durch Menge als vielmehr durch die geschmackliche Vielfalt, denn Obstwein kann man aus allen Früchten herstellen, die Zucker enthalten. Hier überwiegen dann naturgemäß Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen, weil diese Früchte bei uns im Anbau dann doch die häufigsten sind.
Sehr ergiebig sind auch alle Früchte, die sehr saftreich sind. So ist der Maulbeerwein, die Früchte sehen den Brombeeren ähnlich, schon in der Landgüterverordnung Karls des Großen erwähnt. Verwendet wurde er wohl wegen seiner kräftigen tiefroten fast schwarzen Farbe zum „Schönen“, sprich Färben, des Rotweins.
Regional ist der Apfelwein, in Hessen „Äbbelwoi“, an der Mosel „Viez“ und in Schwaben „Moscht“ genannt, sehr beliebt. Cidre heißt er in Frankreich. Da die Gärung früh gestoppt wird, ist er süß und prickelig durch den Zusatz von Kohlensäure. Unsere Apfelweine sind durchgegoren und daher im Geschmack herb. Gewöhnlich wird sogar Speierling, Sorbus domestica, ebenfalls unter den „Kräutern“ Karls des Großen verzeichnet, zugesetzt, weil die enthaltenen Gerbstoffe den Apfelwein nicht nur herb, sondern auch haltbarer machen. Aus Holunder, Mirabellen und Pfirsichen kann ebenfalls Wein gemacht werden. Ein besonderes Geschmackserlebnis soll der Wein aus Orangen sein. Selbst aus süßen Datteln lässt sich Dattelwein herstellen.
zuletzt bearbeitet am 27.XII..2018