1. Nov. 2018

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Fledermäuse: Mäuse, die gar keine Mäuse sind

Astrid von Reis

Eine junge Hausmaus geht mit ihrer Mutter spazieren, als über ihnen eine Gruppe Fledermäuse hinweg fliegt. „Mutti, wenn ich groß bin, will ich auch zur Luftwaffe!“

Nicht nur bei Pflanzen, auch bei Tieren kann es zu Irrtümern durch die Namengebung kommen wie bei der jungen Maus in diesem Witz. Sie ist nicht verwandt und es werden ihr auch keine Flügel mehr wachsen. Von der Systematik her ist nur die Klasse gemeinsam: beide Tierarten gehören zu den Säugetieren (Mammalia). Bereits mit der Ordnung kommen die Unterschiede: Die Familie der Mäuse (Muridae) gehört zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia) und die Unterordnung der Fledermäuse (Microchiroptera) gehört zu der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera).

Eine „Flugmaus“ aus der Familie der Glattnasen (Vespertilionidae) hat in diesen Tagen ganz besonderes Aufsehen erregt: die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii). Sie steht unter Naturschutz und auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Auch ist sie in der Flora- Fauna- Habitat- Richtlinie (FFH- Richtlinie) gelistet. Dies ist ein zentrales Rechtsinstrument zur Umsetzung diverser Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten der EU zum Schutz der Artenvielfalt eingegangen sind. Zudem ist die Bechsteinfledermaus eine sogenannte Verantwortungsart, dass heißt eine Tierart, für deren Erhalt und Schutz Deutschland nach der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt eine besondere Verantwortung trägt, da ein besonders hoher Anteil der Weltpopulation in Deutschland lebt.

Dieses Tier lebt neben 11 weiteren Fledermausarten wie die Große Bartfledermaus, die Fransenfledermaus, das Große Mausohr, die Zwergfledermaus, die Rauhhautfledermaus, der Große und der Kleine Abendsegler, das Braune Langohr im Restwald des Hambacher Forstes. Die 7-14 Gramm wiegende Bechsteinfledermaus ist nach J.M. Bechstein benannt, der sich bereits Anfang des 19. Jahrhunderts für den Fledermausschutz eingesetzt hat. Sie gehört zu den mittelgroßen heimischen Fledermausarten. Das dunkelbraune Fell der Oberseite und das hellgraue Fell der Unterseite ist relativ lang, sie hat eine rosa- braune, flache Nase und kleine schwarze Knopfaugen. Ihre Flügelspannweite beträgt 25 – 30 cm, die Flügel sind relativ breit, sie beherrschen den Rüttelflug ähnlich wie ein Falke und können auf engstem Raum manövrieren. Hierbei orientieren sich die sehr geschickten nachtaktiven Jäger wie alle Fledermäuse mit Hilfe von Ultraschallwellen die sie aussenden und am zurückkehrenden Echo Beute wie Käfer, Falter, Raupen, Spinnen als auch Hindernisse erkennen. Sie hat sehr große Ohren, mit denen sie selbst noch geringste Echolaute wahrnehmen kann, wichtig, da sie selbst auch nur relativ leise Ultraschallrufe aussendet. Erst wenn es stockdunkel ist kommen die Tiere aus ihren Tagesquartieren und fangen ihre Beute in bodennahen Bereichen aus der Luft und sammeln sie vom Boden oder von Pflanzen ab. Sie sind typische Waldfledermäuse, die fast ausschließlich in Laubwäldern mit alten und totholzreichen Bäumen leben. Ihre Wochenstuben befinden sich in meist von Spechten gezimmerten und zurück gelassenen Baumhöhlen. Sie sind sehr standorttreu, wechseln hier ihre Stuben jedoch oft, so dass sie recht viele dieser Höhlen benötigen. Hier ist der Hambacher Forst mit seinem uralten Eichen- Hainbuchenwald ideal, beherbergt er doch zahlreiche „Baumeister“ wie Buntspechte, Mittelspecht und den Schwarzspecht. Vor dem Winter wechseln die Bechsteinfledermäuse die Quartiere und suchen vor allem frostsichere Höhlen, Bunker, Kellergewölbe und Stollen auf, in denen sie ihren Winterschlaf halten. Ihr Herzschlag fällt von ca. 600 Schlägen auf etwa 10 Schläge pro Minute und sämtliche Lebensfunktionen laufen auf Sparflamme.

Eine „Maus“, nicht verwandt mit den Mäusen, possierlich wie ein kleiner Waldgeist, der in der vergangenen Nacht mit Sicherheit niemanden erschreckt hat – er schläft und wird im kommenden Frühjahr wieder sein Sommerquartier im Hambacher Forst aufsuchen und hoffentlich auch finden.

 

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zuletzt bearbeitet am 27.XII..2018