2. April 2020
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Wenn Pflanzen die Osterzeit ankündigen
Karl Josef Strank
Zuverlässig mehren sich um die Osterzeit die Anzeichen, dass der Frühling Einzug hält und den Winter vertreibt. Einzelne Rückschläge und späte Fröste sind dann zwar noch nicht endgültig überstanden, aber die Zuversicht steigt, dass damit bald Schluss ist. Weil sie meist um die Osterzeit blüht und mit ihrem leuchtenden Gelb die tristen, dunklen Farben des Winters vertreibt, gilt die Narzisse als untrüglicher Frühlingsbote und wird daher auch als Osterglocke bezeichnet. Sie ist aber nicht die einzige Pflanze, die um Ostern eine Rolle spielt.
Der Name dieses Frühlingsfestes, das in der keltischen und germanischen Tradition tief verwurzelt ist, geht auf die Göttin Ostara zurück. Deren Fest wurde zur Tag- und Nachtgleiche im März gefeiert. Mit Ostara kam die Sonne aus dem Osten, brachte Licht, Wärme und das Leben zurück. Eine andere leuchtend gelb blühende Frühlingsbotin ist die Schlüsselblume, Primula veris. Sie hat ihren Namen, weil die Blüten auf einem längeren Stiel stehen und letzterer wie das Schlüsselrohr und die Blüten wie der Schlüsselbart aussehen. In der Welt der Kelten und Germanen öffnet die Schlüsselblume dem Frühling das Tor. Im Christentum verwahrt Petrus die Schlüssel zum Himmelstor und so bekam die Frühlings-Primel auch den Namen Himmelsschlüssel.
Ostara, die Göttin der Fruchtbarkeit, lässt die Lebenskraft neu erwachen und beschert der ganzen Natur Frühlingsgefühle. Die Vögel singen, legen Eier und vermehren sich ebenso wie die Hasen auf den Feldern, die um die Häsinnen rangeln. So finden uralte Symbole der Fruchtbarkeit im Frühjahr zusammen, und es ist kein Wunder, dass der Osterhase bis heute die Eier bringt.
Der Sonntag vor Ostern wird im Kirchenjahr Palmsonntag genannt. Erinnert wird an den Einzug von Jesus Christus in Jerusalem. Die Menschen jubelten ihm mit Palmwedeln zu und begrüßten ihn als König und Befreier von der Fremdherrschaft der Römer. Das dramatische Geschehen endete am Karfreitag mit seinem Tod. Palmen sind vornehme, königliche Gewächse. Der mächtige Schopf langer federartiger Blätter auf einem schlanken, säulenartigen Stamm verleiht den Palmen Würde. Der Prototyp dieser Bäume, die Dattelpalme, ist außerdem ein wichtiger Wirtschaftsbaum. Sie wächst im trockenen Klima von Wüstenoasen und liefert zuverlässig Datteln, die süßen Früchte des Orients. Sie gilt als Symbol des Lebens. In unserem winterkalten Klima wächst sie nicht und wurde daher durch den immergrünen Buchsbaum ersetzt. Bündel aus Buchsbaumzweigen werden am Palmsonntag geweiht und als Segenssträuße hinter Kreuze gesteckt oder im Herrgottswinkel das Jahr über im Haus verwahrt. Sie sollen Haus, Hof und Feld vor Ungemach schützen.
Aus der Asche der „Palmzweige“, die gesegnet und gesalbt wird, erhalten dann nach den turbulenten Karnevalstagen am Aschermittwoch zu Beginn der Fastenzeit die Gläubigen das Aschenkreuz, was an die Vergänglichkeit allen Seins erinnert. Vergänglich scheint auch der Buchsbaum selbst zu sein, seit ein aus Ostasien eingeschleppter Schmetterling, der Büchsbaumzünsler, mit seinen sattgrünen, schwarz gestreiften Raupen ganze Hecken und Bäumchen im Frühling kahlfrisst. Dabei sind die immergrünen Buchsbäume wie der Tannenbaum auch uralte Symbole in unseren Gärten für die Überwindung des Winters.
Buchsbaumstöcke sind sehr langlebig und treiben nach jedem Rückschnitt wieder neue Zweige. Das geschieht auch nach einem Kahlfraß durch die Zünslerraupen, wenn die Entwicklung des Schmetterlings und einer erneuten Raupengeneration unterbunden wird. Die Ausdauer des Buchsbaums macht ihn zum Symbol der treuen Liebe über den Tod hinaus. Als Segensbringer nährt er die Hoffnung auf Neu- und Wiedergeburt, in christlicher Sicht auf die Auferstehung. Für nichts anderes steht das Osterfest. In der feierlichen Liturgie kommt auch Weihrauch zum Einsatz. Rauch steht für Reinigung. Ein Bedürfnis vieler Menschen, den Frühling mit einem Putz zu begrüßen.
zuletzt bearbeitet am 27.III.2020