30. Juli 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Muskatellersalbei – berauschende Schönheit

 Christina Paulson

Die berauschende Wirkung des Muskatellersalbei-Dufts nutzten die Menschen wahrscheinlich schon in der Antike, um Wein und andere alkoholische Getränke zu aromatisieren und die Alkohol-Wirkung wesentlich zu verstärken. So sollen zum Beispiel die Priester der Kelten aus Blüten und Blättern der eindrucksvollen, über einen Meter groß werdenden Pflanze eine Art Tee hergestellt haben, oder sich mit Räucherungen aus getrockneten Pflanzenteilen in rituelle, euphorisierende Trancezustände versetzt haben.

Der schwer beschreibbare Duft des Muskatellersalbeis wird vor allem nach der Wasserdampfdestillation der gesamten Pflanze erlebbar. Das leichtflüssige, hellgelb getönte, durchsichtige ätherische Öl riecht geheimnisvoll: einerseits frisch, leicht süß, etwas nussartig und beinhaltet gleichzeitig eine zart-blumige Komponente. Mit seinen mehr als 40 Inhaltsstoffen ist es ein Multitalent in der kosmetischen wie medizinischen, zum Beispiel aromatherapeutischen Verwendung und wird seit alters auch bei der Parfumherstellung verwendet. Dem Duft werden unter anderem entkrampfende, verdauungsfördernde und schmerzlindernde Wirkungen zum Beispiel bei Stress-Migräne nachgesagt. Aufgrund der hormonähnlichen Wirkungen des Inhaltsstoffs Sclareol, das eine dem Östrogen verwandte Molekularstruktur besitzt, kann Muskatelleröl – verdünnt in einem fetten Öl in Form von Einreibungen – Frauen bei verschiedenen Monatsbeschwerden, wie Unregelmäßigkeiten oder Schmerzen bei der Regelblutung helfen. Traditionell nutzen Frauen es auch bei Wechseljahresbeschwerden, zum Beispiel bei Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen. Das Öl – dezent in der Raumluft eingesetzt – wirkt psychisch aufhellend, kann gegen Ängste, depressive Zustände, bei Anspannung und Stress helfen und schöne Träume hervorrufen. Außerdem soll es hilfreich beim so genannten Reizdarmsyndrom und bei Muskelsteifigkeit sein.

Der im Mittelmeergebiet und in Vorderasien beheimatete Muskatellersalbei (Salvia sclarea) mit seinen bis zu über 20 cm großen, gräulich behaarten, breit herzförmigen und etwas runzeligen Blättern ist eine zweijährige Rosettenpflanze, die im zweiten Jahr die attraktiven Blütenstände austreibt. Sie besiedelt in warmen Gebieten ihrer Herkunftsländer Weinbergsbrachen, Wegränder und trockenes Ödland. Im Juni und Juli erscheinen die bis zu 3 cm langen, stark duftenden zart-rosa bis hellvioletten, leicht klebrigen Lippenblüten, die in den Achseln von großen, ebenfalls hellvioletten, häutigen Tragblättern am Ende des Stängels und der Zweige stehen. Zusammen bilden diese den typischen und unverwechselbaren, ährenartigen Blütenstand des Muskatellersalbeis. Auch Bienen lieben diese Blüten!

Weltweit gibt es rund 900 verschiedene Salbei-Arten, die – wie unser Wiesensalbei (Salvia pratensis) und der zu Würzzwecken verwendete, aus dem Mittelmeerraum stammende Gartensalbei (Salvia officinalis) – alle zur Familie der Lippenblütler zählen und damit eine der artenreichsten Gattungen der Pflanzenwelt sind. Der Gattungsname „Salvia“ leitet sich vom lateinischen „salvare“ = heilen ab, bedeutet also „heilsam“ oder „gesund“, was auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verschiedener Salbei-Arten in der Pflanzenheilkunde hinweist.

In Mitteleuropa wurde der wärmeliebende Muskatellersalbei seit dem frühen Mittelalter vor allem in Weinbaugebieten eingebürgert und gehört zu den Pflanzen des „Capitulare de villis“ Karls des Großen, dem die berauschende Wirkung dieser unverwechselbaren Salbei-Art offenbar bekannt war. Der Name „Muskatellerwein“ kommt aus der früheren Benutzung zur Rauschverstärkung oder auch Geschmacksverbesserung eines schlecht geratenen Weins. Dieser Einsatz ist allerdings seit einigen Jahrzehnten verboten. „Muskatwein“ beziehungsweise einen „Muskateller“ stellen Winzer heute allein aus einer besonders würzigen Rebsorte her.

In Haushalt und Küche kann man die Blüten dieser Salbei-Art zum Beispiel für Duftsäckchen oder beim Anrichten von Salaten verwenden. Sie sind ein Hingucker auf jedem Teller und setzen nicht nur in Blatt-Salaten einen hübschen Farbakzent.

 

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zuletzt bearbeitet am 2.VIII.2020