4. März 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Vom Magnetfeld, Klima und Thermik zum Zug der Kraniche

 Richard Lifa

Der durchwachsene Februar brachte uns vor allem gegen Ende des Monats herrlich warme Temperaturen. Bei dieser Frühlingswärme ergreifen nicht nur wir die Chance, endlich an die frische Luft zu kommen und möglichst viele Sonnenstrahlen zu tanken. Auch die Tier- und Pflanzenwelt freut sich über die wärmeren Tage. Blatt- und Blütenknospen werden größer, erste Blumenzwiebeln strecken ihre grünen Blätterköpfe empor. Am auffälligsten sind Vögel, die wieder eifrig am Zwitschern und Schnattern sind und aufgeregt umherfliegen. Durch die steigenden Temperaturen wachen Insekten aus ihrer Kältestarre auf und dienen als frische Leckerbissen für die bei uns überwinternde Vogelwelt. Aber vor allem den Naturverbundenen unter uns, Spaziergängern oder Zeitungslesern sollte unlängst aufgefallen sein, dass ein ganz bestimmter lauthals schreiender Vogel zielstrebig über uns hinwegfliegt.

Die Zugvögel und darunter vor allem die Kraniche befinden sich wieder auf dem Rückweg in ihre sommerlichen Brutgebiete. Mit ihrer noch weitestgehend unerforschten Fähigkeit des Magnetsinns können sich Vögel am Erdmagnetfeld orientieren und den Weg von ihren bis über 20.000 km und 60 Flug-Tagen entfernten Winterquartieren zurück in ihre Heimat finden.

Vor allem größere Vögel wie auch der Kranich, der größte Vogel Europas, sind Thermiksegler. Sie benutzen die durch die Erwärmung des Bodens entstandenen Aufwinde, um sich so leichter und energiesparender fortbewegen zu können. Allerdings kann Thermik nur am Tag entstehen, wenn die Sonne den Boden aufheizt, wodurch diese Tiere gezwungen sind, Nachtpausen auf dem Boden einzulegen. Hier finden sich dann die unterschiedlichen Kranichzüge an ihren bekannten Schlafplätzen zusammen, wodurch ein Spektakel mit teilweise mehreren tausend Vögeln entsteht.

Vögel haben ein Gespür für Änderungen in der Atmosphäre, womit einhergeht, dass sie die Witterung frühzeitig bestimmen können. Allerdings wissen sie nicht, wie das Wetter in den nächsten Tagen und Wochen wird. Entsprechend kann es passieren, dass Kraniche ihr Winterquartier zu früh verlassen und in eine frostige Winterlandschaft reisen. Was auch zuletzt Anfang Februar passiert ist, als sich zu Beginn die Temperaturen in Richtung eines zweistelligen Bereichs bewegten und anschließend deutlich ins Negative rutschten. Zum Glück schaden kurze Kälteperioden Kranichen nicht, da sie immer noch in der Lage sind, genug Fressen und Schutz zu finden.

Die trompetenähnlichen Rufe des Kranichs werden von Leihen auch gerne mit dem Geschnatter von Gänsen verwechselt. Wenn die Zugvögel ihre Brutgebiete verlassen und in ihre Winterunterkünfte fliegen oder umgekehrt, können wir die typischen Keilformationen sowohl bei Kranichen als auch bei Gänsen beobachten. Aber vor allem die Form unterscheidet die beiden Vögel voneinander. Während die Gans in Formation eher als häufig flatternder, kompakter und runder Vogel erkannt werden kann, erreicht der Kranich viel größere Flügelspannweiten. Er erscheint vom Boden aus eher eckig, streckt seine Füße sowie den Kopf aus und verzichtet im Gegensatz zur Gans auf energiezehrendes Flügelschlagen.

Moore, Sumpfwälder, Feuchtwiesen, Auen oder auch flache Küstengewässer sind bevorzugte Brutgebiete für Kraniche. Hier finden sie einen sicheren Schlafplatz und Schutz für ihre Nester. Selbstverständlich finden sie hier auch ihre Lieblingskost wie größere Insekten, Weichtiere und kleine Wirbeltiere wie Würmer, Schnecken und Frösche. Deshalb zieht es die großen Zugvögel immer wieder nach Skandinavien, Polen und in die baltischen Staaten, wobei auch in Deutschland einige Brutpaare leben. Dabei behalten die vorjährigen Brutpaare ihre Reviere, zu denen sie je nach Lage und Witterung Anfang Februar zurückkehren und diese gegen eindringende Rivalen verteidigen. Sobald die Balzzeit beginnt, hält das Brutpaar seinen rituellen Tanz ab. Die geschlüpften Jungtiere sind Nestflüchter und wollen sofort nach dem Erblicken des ersten Lichtes auf Erkundung gehen. Allerdings werden sie hierbei von den Eltern begleitet, da die Jungtiere erst nach einigen Monaten flugbereit sind. Erst nachdem die Jungtiere Erfahrung über die Flugrouten und Rast- sowie Überwinterungsplätze gesammelt haben, verlassen diese die Familie, um eine eigene zu gründen.

 

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zuletzt bearbeitet am 6.IV.2021