11. März 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Was sind eigentlich Sporen?

 Joachim Schmitz

Wenn an dieser Stelle von Farnen, Moosen oder Pilzen die Rede ist, kommt meist auch zur Sprache, dass sie sich durch Sporen vermehren. Aber was sind eigentlich Sporen?

Der Name geht auf das altgriechische διασπορά (diasporá) zurück, was so viel wie Zerstreuung heißt. Den Begriff gibt es bis heute bei religiösen oder ethnischen Gruppen, die aus ihrer Heimat getrieben wurden. Das bekannteste Beispiel ist die jüdische Diaspora, die Zerstreuung der Juden über ganz Europa und noch weiter.

In der Biologie ist eine Diaspore eine ein- oder mehrzellige Verbreitungseinheit, mit der sich ein Organismus fortpflanzt und ausbreitet. Das kann alles sein von einzelligen Pilzsporen über mikroskopisch kleine Körperbruchstücke bei Flechten bis zu den Tochterknollen einer Kartoffel.

Von der Diaspore leitet sich der Begriff Spore ab. Eine Spore ist grundsätzlich einzellig. Im typischen Fall geht sie aus einer Reifeteilung hervor, hat also nur noch den halben Chromosomensatz. Darin gleicht sie einer Ei- oder einer Samenzelle des Menschen. Während diese sich aber direkt wieder vereinigen und damit einen neuen Menschen begründen, keimen Sporen erst mal zu einem eigenen Lebewesen mit einfachem Chromosomensatz aus, auf denen dann die eigentlichen Geschlechtszellen entstehen.

Bei einer Führung fragte mich eine Pflanzenliebhaberin, was denn das für braune Gebilde wären, die im Sommer auf der Unterseite ihrer Gartenfarne entstehen. Sie befürchtete eine Krankheit. Ich konnte sie aber beruhigen. Das sind die Organe, in denen die Sporen gebildet werden. Laien verbinden mit Sporenpflanzen oft ungeschlechtliche Vermehrung. Das stimmt aber allenfalls zum Teil. Die meisten vermehren sich sehr wohl sexuell. Nur haben sie halt keine auffälligen Blüten.

Bei Farnen entsteht aus einer Spore ein so genannter Vorkeim, der dann männliche und weibliche Geschlechtsorgane bildet. Manchmal ist das Geschlecht schon in der Spore festgelegt. Dann unterscheidet man Mikrosporen, die zu einem Vorkeim mit ausschließlich männlichen Organen heranwachsen, von den weiblichen Megasporen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte man, dass dies auch auf Blütenpflanzen zutrifft, nur dass die Vorkeime hier auf winzige Gebilde mit wenigen Kernen reduziert sind. Pollen sind nichts anderes als Mikrosporen. Die Megasporen sind die Embryosackzellen. Die sind allerdings so tief im Gewebe der Samenanlagen versteckt, dass botanische Laien den Namen wohl noch nie gehört haben.

Bei Pilzen, die einen Fruchtkörper ausbilden, entstehen dort tausendfach die Sporen in speziellen Organen. Dabei unterscheidet man nach diesem Organ Schlauchpilze, bei denen das ein Schlauch (lat. ascus) ist, der eben Ascosporen entlässt, von den Ständerpilzen. Hierzu gehören fast alle größeren Pilze. Bei ihnen werden die Sporen an kleinen Stielen abgeschnürt. Das ist dann ein Basidium mit Basidiosporen.

Dazu gibt es bei Pilzen auch ungeschlechtliche Vermehrung. Die dabei abgegliederten „Sporen“ werden dann nach dem Organ benannt, an denen sie entstehen. So vermehren sich Pinselschimmel (Penicillium) durch so genannte Konidien, an denen Konidiosporen abgeschnürt werden. Die sind identische Klone und nicht durch Reifeteilung entstanden. Deshalb sollte man sie nicht einfach nur Sporen nennen, was man aber oft lesen kann. Viele Niedere Pilze pflanzen sich nur noch auf diesem Weg fort.

Besonders kompliziert geht es bei parasitischen Pilzen zu, die oft mehrere Generationen mit mehreren Verbreitungsorganen durchlaufen, die alle ihre eigenen Namen haben. Z.B. produziert der Getreiderost nach den Basidiosporen, die durch Reifeteilung entstehen, nacheinander vier(!) ungeschlechtliche Sporentypen, zuerst zwei auf dem Zwischenwirt Berberitze und noch mal zwei auf dem Getreide. Dadurch kann sich der Getreiderost beim Zwischenwirt wie auf dem Acker viel schneller und wirksamer verbreiten als er es alleine auf dem sexuellen Weg könnte.

 

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zuletzt bearbeitet am 6.IV.2021