14. Okt. 2021
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Was macht die Domina mit dem Grauen Mönch? - Wie Rebsorten an ihre Namen kommen
Joachim Schmitz
Grauer Mönch (Szürkebarat) ist die ungarische Bezeichnung für den Grauburgunder, der schon im 14. Jhdt. nach Ungarn gelangt ist. Ab dem 16. Jhdt. wurde die Sorte auch in Deutschland angebaut, geriet aber bald in Vergessenheit. 1711 entdeckte der Kaufmann Johann Ruland in einem verwilderten Garten in Speyer die Sorte wieder und sorgte dafür, dass sie danach in größerem Umfang in Deutschland angepflanzt wurde. Seither wurde sie hier bis weit ins 20. Jhdt. als „Ruländer“ bezeichnet. Ab den 1980er Jahren machten Toskana-Urlauber den „Pinot grigio“, den sie in Italien kennengelernt hatten, zum Modewein. Wie viele davon wussten wohl, dass das nichts anderes als der gute alte Ruländer ist?
Der Name Burgunder bezieht sich tatsächlich auf die Herkunft aus Frankreich. Alle Burgundersorten (frz. Pinot) , egal ob weiß oder rot, sind genetisch eng miteinander verwandt. Heute werden sie auch entsprechend als Spät-, Früh-, Grau- und Weißburgunder benannt. Eine Ausnahme macht der Pinot Meunier, der in Deutschland nach wie vor unter Schwarzriesling läuft.
Das liegt daran, dass die Bezeichnung Riesling eine bestimmte Eigenschaft beschreibt. Zur Blütezeit Mitte Juni brauchen die Pollen warmes Wetter, damit sie keimen und ihren Pollenschlauch zur Eizelle vortreiben können. Ist das Wetter zu kalt, funktioniert das nicht, die Befruchtung unterbleibt und der Beerenansatz bleibt mickrig. In der Winzersprache heißt das Verrieseln oder Durchrieseln. Dieses Verhalten kommt häufiger vor und deutet nicht auf eine nähere Verwandtschaft. So hat neben dem schon erwähnten Schwarzriesling auch der in Österreich verbreitete Welschriesling nichts mit dem klassischen Weißen Riesling zu tun. Das Gleiche gilt für den nur selten angebauten Blauen Riesling, während der Rote Riesling, trotz des Namens eine Weißweintraube, wirklich mit dem Weißen Riesling verwandt ist.
Eine besondere Geschichte hat der Müller-Thurgau hinter sich. Er wurde Ende des 19. Jhdt. vom Schweizer Prof. Müller an der königlichen Lehranstalt in Geisenheim (Rheingau) gezüchtet. Prof. Müller stammte aus dem Kanton Thurgau und so wurde die Sorte bald Müller-Thurgau genannt. Die Sorte führte zunächst ein Nischendasein und wurde als Neuzüchtung von den Winzern wohl eher kritisch beäugt. In den 1960er Jahren änderte sich das rasch. Die früh reifende Sorte brachte reiche Ernte und wurde nach dem (Massen-)Geschmack der Zeit ziemlich süß ausgebaut. Ab 1975 war der Müller-Thurgau die verbreitetste Rebsorte in Deutschland.
So wurde Müller-Thurgau zum Synonym für billige Massenweine, die auch irgendwann vom Publikum nicht mehr angenommen wurden. Es gab riesige Anbauflächen, also wohin mit dem Wein? So kam man auf die Idee, dem unbeliebt gewordenen Müller-Thurgau einen neuen Namen zu verpassen. Der neue Name Rivaner ist eine Zusammenziehung aus Riesling und Silvaner, weil man damals vermutete, dass der Müller-Thurgau eine Kreuzung aus diesen Sorten ist. So ist der Müller-Thurgau die einzige Rebsorte, für die aus Marketinggründen ein neuer Name erfunden wurde.
Was die Herkunft des Müller-Thurgau angeht, sind jüngere genetische Untersuchungen allerdings zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen. Müller-Thurgau ist eine Kreuzung aus Weißem Riesling mit Madeleine Royale, die eher als Tafeltraube angebaut wird und ihrerseits als Kreuzungsprodukt aus einer Burgundersorte und Trollinger gilt. Von ihr hat der Müller-Thurgau wohl auch die frühe Fruchtreife. Es gibt übrigens auch eine Sorte, die wirklich aus der Kreuzung Riesling x Silvaner hervorgegangen ist; das ist der selten angebaute Rieslaner.
Bevor ich’s am Schluss vergesse: die Domina gibt es wirklich. Es ist ein Rotwein, der 1927 am Institut für Rebenzüchtung in Geilweiler (Pfalz) aus der Kreuzung Portugieser mit Spätburgunder hervorgegangen ist. Warum die Züchter auf diesen komischen Namen gekommen sind, ist nicht überliefert. Heute wird Domina vor allem in Franken angebaut.
zuletzt bearbeitet am 9.XI.2021