17. Nov. 2022

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Von der Nuss, die eigentlich keine Nuss ist

 Astrid von Reis

Die Weihnachtszeit naht und damit auch die Hochkonjunktur von Nüssen in Plätzchen, Kuchen, Süßigkeiten oder einfach so zum Knabbern. Grund genug, über eine schon lange im Studentenfutter bekannte, allerdings erst in den letzten Jahren immer beliebter gewordene „Nuss“ zu sprechen: der Cashewkern, der Samen des Kaschubaumes. Inspiriert von der Herzform des getrockneten Samens bekam er seinen botanischen Gattungsnamen Anacardium occidentale L., ana bedeutet „nach oben“ und cardium (Kardia) „das Herz“.

Der Kaschubaum (aus dem Indischen Cassu) stammt wie die Mango und die Pistazie aus der Familie der Sumachgewächse (Anacardiaceae). Die Heimat des immergrünen, breitkronigen bis zwölf Meter hohen Baumes liegt im nordöstlichen Brasilien. Von dort aus haben portugiesische Seefahrer ihn im 16. Jahrhundert in weitere tropische Regionen gebracht, in den Nordteil Südamerikas und nach Indien, hier vor allem in den Küstenbereich. Da er anspruchslos ist, er toleriert nährstoffarme Standorte und temporäre Trockenheit und wegen seiner intensiven Beastung sowie seiner ein bis zwei Meter tiefen Pfahlwurzeln mit weitreichendem Seitenwurzelsystem, wurde er hier zunächst für den Erosionsschutz angepflanzt. Doch hauptsächlich wegen seiner schmackhaften Samen wurde er nach und nach auch als Kulturbaum weltweit in tropischen Regionen Südamerikas, Afrikas und Asiens in Plantagen angebaut.

Die ledrigen, wechselständig angeordneten, gestielten, eiförmigen Blätter sind bis 20 Zentimeter lang und etwa zehn Zentimeter breit. Die männlichen und zwittrigen Blüten mit gelblichen, rosa gestreiften Kronblättern stehen in endständigen, bis 25 Zentimeter langen Rispen. Die Kaschublüten duften sehr aromatisch, produzieren Nektar und werden gerne von Insekten, vornehmlich Bienen, besucht, aber auch Windbestäubung ist möglich. Eine etwa 2,5 Zentimeter lange, grünliche Cashewfrucht entsteht, die an einem interessanten Fruchtstiel hängt. Dieser wächst mit der Fruchtreife nicht nur in die Länge, sondern auch in die Breite und nimmt die Form einer etwa zehn Zentimeter langen, gelb bis rot gefärbten Paprika an. Als „Hypokarp“ wird er zu einer Scheinfrucht, dem sogenannten Cashewapfel. Er ist essbar, aber leicht verderblich. So wird aus ihm direkt Marmelade, Saft, Wein oder auch Schnaps gemacht.

Doch die Cashewfrucht, ist sie tatsächlich eine Nuss? Umgangssprachlich sprechen wir von Cashewnüssen, doch nicht alle als Nuss bezeichneten Früchte sind botanisch gesehen wirklich Nüsse. Ist man sich nicht sicher, spricht man am besten zunächst von Schalenfrüchten, bei denen die Samen von einer harten, meist holzigen oder ledrigen Schale umgeben sind. Dies können nun tatsächlich „echte“ Nüsse sein, meist einsamige Früchte, bei denen alle drei Schichten der Fruchtwand (Perikarp) holzig oder ledrig geworden sind. Dazu gehören die Haselnuss, Macadamianuss, Walnuss, Edelkastanie, Erdnuss. Andere beliebte Schalenfrüchte gehören jedoch zu den Steinfrüchten. Hier ist nur die innerste Schicht (Endokarp) der Fruchtwand, die den Samen umgibt, holzig oder ledrig. Die mittlere Schicht (Mesokarp) ist oft fleischig, das Exokarp häutig. In aller Munde hiervon sind Kokosnuss, Mandel, Pekannuss, Pistazie und tatsächlich die Cashewkerne.

Etwa fünf Kilogramm der vitamin-, mineralstoff- und eiweißreichen Früchte (vor allem der Anteil an der essentiellen Aminosäure Tryptophan ist bemerkenswert) trägt ein Baum im Jahr. Die in reifem Zustand grauschwarzen Früchte fallen ab, werden meist aufgesammelt, seltener vorab abgeschnitten, dann geröstet oder dampfdestilliert (sonst sind sie unbekömmlich). Anschließend werden die Schalen in meist mühsamer, geschickter Handarbeit von den Samen getrennt. Übrig bleiben etwa zwei Kilogramm Samen oder Kerne, davon sind 70 Prozent unbeschädigt, 20 Prozent Bruch und 10 Prozent minderwertig oder Abfall. Aus den Schalen wird noch ein technisch vielseitig verwendbares, ätzendes Öl gewonnen. Hauptanbauland ist die Elfenbeinküste, gefolgt von Indien, Vietnam und Burundi.

 

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zuletzt bearbeitet am 6.XII.2022