4. Mai 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Gewöhnliche Braunelle ist eine alte Heilpflanze

 Joachim Schmitz

Immer häufiger lobt die Loki Schmidt-Stiftung Arten als Blume des Jahres aus, die nicht besonders selten oder gefährdet sind, sondern aus ökologischen Gründen hervorgehoben werden. Eine solche Art ist die Gewöhnliche Braunelle (Prunella vulgaris). Um sie von der ähnlichen Großblütigen Braunelle abzugrenzen, wird sie auch Kleine Braunelle genannt.

Sie ist eine Klassencharakterart des Wirtschaftsgrünlands, also von Wiesen, Weiden und Zierrasen. Das sind alles erst vom Menschen geschaffene Biotope. Bevor der Mensch mit planmäßiger Landwirtschaft begonnen hat, dürfte die Art eher selten gewesen sein. Heute ist es eine Allerweltspflanze.

Die Kleine Braunelle ist niedrigwüchsig und trittfest und wird durch häufige Mahd oder Beweidung sogar noch gefördert. Deshalb kommt sie vor allem in Viehweiden und Zierrasen vor. Wie bei allen Lippenblütlern besitzt sie typische Bienenblumen. Sie ist also eine hervorragende Futterquelle für (Wild-)Bienen und Hummeln. Wer seinen Rasen nicht so oft mäht, so dass Braunellen, Weiß-Klee, Gänseblümchen und Grüner Pippau zur Blüte kommen, tut mit wenig Aufwand schon eine ganze Menge für Insekten und mittelbar auch für Vögel. Darauf aufmerksam zu machen war wohl mit ein Grund, warum die Gewöhnliche Braunelle zur Blume des Jahres gewählt wurde.

Normalerweise reifen die Staubgefäße vor den Narben, wodurch Selbstbestäubung verhindert wird. Daneben gibt es auf derselben Pflanze aber auch Blüten, in denen Männlein und Weiblein gleichzeitig aktiv werden. Es findet also regelmäßig auch Selbstbefruchtung statt. Schließlich gibt es noch einen dritten Blütentyp, der rein weiblich ist. Hier sind die Staubbeutel verkümmert.

Kleine Braunelle ist ein unterschätztes Wildkraut.

Nach der Blüte fällt die Blütenkrone ab und die Kelchblätter schließen sich. Dabei richten sie sich auf, wodurch so eine Art Zapfen entsteht. Wenn die Früchte reif sind und das Wetter feucht ist, quellen die Nüsschen auf und drücken sich aus dem Kelch. Sie sind etwas klebrig und haften Tieren an, die sie so mit sich tragen. Neben dieser epizoischen ist auch endozoische Verbreitung nachgewiesen. Weidetiere wie Rinder oder Pferde fressen die ganze Pflanze und scheiden nach Passieren des Verdauungstrakts die Nüsschen wieder aus.

Der Name Braunelle bezieht sich vermutlich auf die braunen Trag- und Kelchblätter. In alten Kräuterbüchern findet man oft Brunella als lateinischen Namen. Der heutige Name Prunella bezieht sich auf die Verwendung in der Volksheilkunde gegen die „Bräune“. So nannte man Entzündungen des Hals- und Rachenraums. Prunella leitet sich vom lat. pruna (=glühende Kohle, Glut) ab.

Es ist nicht genau nachgewiesen, aber wahrscheinlich ist der Gebrauch als Medizin wieder ein Beispiel für die Signaturlehre. Aus den braunen Pflanzenteilen leitete man die Wirkung gegen die Bräune ab. Als pharmazeutische Droge Herba Brunellae wird das getrocknete Kraut bezeichnet, das bei Erkrankungen von Lunge, Magen und Darm angewandt wird. In der Volksheilkunde wird auch das frische Kraut, daraus gepresster Saft oder das destillierte Braunellenwasser verwendet, z.B. zum Gurgeln bei Entzündungen des Mundes und des Halses.

 

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zuletzt bearbeitet am 4VI.2023