28. Nov. 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Schmetterlinge im Winter?

 Ulrich Strack

Gab es schon Frost in diesem Jahr? Dann konnten Sie die Männchen des Frostspanners auch in der Stadt schon an Hauswänden sitzen sehen. Dort ruhen sie und warten vielleicht auf die nächste Gelegenheit, die deutlich kleineren und flugunfähigen Weibchen zu besuchen, um die folgende Generation für das nächste Jahr zu begründen. Aber warum im Winter? Ist das nicht etwas ungemütlich? Nun, die kühle Witterung schützt beispielsweise vor Duftkonkurrenz und Fressfeinden. Außerdem müssen die Weibchen ja Gelegenheit haben, rechtzeitig im alten Jahr ihre Eier in die Knospen von Bäumen abzulegen, denn die Raupen müssen zeitig im nächsten Frühjahr schlüpfen und viel fressen, bevor sie sich verpuppen und in Schmetterlinge verwandeln können. Die Schmetterlinge fressen im Gegensatz zu den Raupen im Übrigen überhaupt nicht und leben auch nur ein paar Tage. Nahrungsmangel wegen der kühlen Witterung ist also auch kein Problem. Viele Schmetterlinge, besonders Nachtfalter, verbringen die meiste Zeit ihres Lebens als Raupe. Die fachliche Bezeichnung für den „fertigen“ Schmetterling heißt „Imago“. Wenn von Schmetterlingen die Rede ist, sind fast immer die Imagines gemeint.

Frostspanner sehen als Schmetterlinge ziemlich unscheinbar aus. Die männlichen Kleinen Frostspanner sind grau bis beige und haben eine Flügelspannweite von etwa 2 cm. Männliche Große Frostspanner sind mit 4,5 cm Flügelspannweite deutlich größer und sie sehen mit ihren gelblichen Flügeln und bräunlichen Mustern darauf auch etwas auffälliger aus.

Der Kleine Frostspanner (Operophtera brumata) und der Große Frostspanner (Erannis defoliaria) sind Schmetterlinge aus der Familie der Spanner (Geometridae). Die Insektenfamilie trägt diesen Namen, weil die Raupen sich auf besondere Art und Weise fortbewegen. Am vorderen Ende des Körpers tragen sie drei Paar Füße und am hinteren Körperende ein Paar weitere Füße, die Nachschieber genannt werden. Viele Raupen anderer Schmetterlingsarten haben außerdem vier Bauchfußpaare; insgesamt also acht. Spanner haben nur ein Bauchfußpaar und können sich daher nicht so flach bewegen, wie man es ansonsten bei Raupen beobachten kann. Sie müssen sich mit den vorderen Füßen festhalten und mithilfe der beiden hinteren Fußpaare den Körper in der Mitte hochdrücken, was ihnen letztlich auch aufgrund dieses angespannten Bewegungszustandes ihren Namen verliehen hat. Dann halten sie sich mit den hinteren Füßen fest und bewegen ihr Kopfende nach vorn. Dabei entspannt sich ihr Körper wieder und sie bewegen sich dabei fast eine Körperlänge vorwärts.

Die Raupen des Kleinen Frostspanners sind grün mit weißlichen Ringen und etwa 2,5 cm lang. Raupen des Großen Frostspanners messen etwa 3 cm und tragen verschiedene Muster aus Braun- und Gelbtönen. Beide Raupen sind ausgesprochen gefräßige Tiere und können üble Schäden an den Blättern und Blütenknospen von Bäumen verursachen. Besonders die Raupen des Kleinen Frostspanners befallen oft Obstbäume wie beispielsweise Apfel, Birne, Pflaume oder Süßkirsche. Wenn es schlimm kommt, können die Raupen der Frostspanner ganze Bäume kahlfressen. Sollte die Nahrung auf einem Baum knapp werden, können die Raupen einen Spinnfaden bilden und sich daran hängend vom Wind zu einem anderen Baum tragen lassen.

Kalender der Entwicklung: Eiablage im Winter, Schlüpfen der Raupen im Frühling, Verpuppung im Sommer und Schlüpfen der Imagines im Spätherbst.

Was kann man tun, um den Befall von Obstbäumen im Garten zu reduzieren? Lieber nicht die Giftkeule! Aber wir können die Weibchen der Frostspanner mithilfe von Leimringen daran hindern, an den Baumstämmen zu den Knospen emporzusteigen. Außerdem gibt es biologische Bacillus thuringiensis-Präparate, die auf die jungen Raupen wirken. Und erleichtern Sie doch das Leben von Kohlmeisen in ihrem Garten mit Nistkästen, Winterfütterung, Vogeltränken etc.! Die Vögel fressen hunderte Raupen am Tag.

 

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zuletzt bearbeitet am 8.XII.2024