Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
gladiolum |
|
Gladiolus italicus Mill. | Iridaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Zur Gattung Gladiolus
gehören etwa 150 Arten von Stauden mit knolligen Wurzelstöcken,
schwertförmigen Blättern in fächerartigen Büscheln
und Blüten in meist einseitswendigen Ähren. Durch das Erscheinungsbild
wird die Verwandtschaft zu den Irisgewächsen offenkundig. Ihre Heimat
sind Afrika, Europa und der Nahe Osten; viele sind frostempfindlich. Im
Wuchs variieren sie von sehr kleinen bis zu den spektakulär großen,
farbenprächtigen Hybridsorten, die als Schnittblumen Verwendung finden,
ebenso in Größe und Farbe der Blüten von rosa-rot bis in
alle Regenbogenfarben der Gartengladiolen, die aus Kreuzungen mit südafrikanischen
Arten hervorgegangen sind. Manche duften auch.
Im älteren Schrifttum
und in der Volksbenennung werden die einzelnen Arten der wildwachsenden
Gladiolen Europas meist nicht weiter unterschieden. Oft ist es nicht auszumachen,
ob es sich bei dem erwähnten Exemplar um Gladiolus imbricatus,
palustris, illyricus, communis oder italicus
handelt. Im Capitulare dürfte Gladiolus italicus (syn. G.
segetum) gemeint sein, eine wilde Gladiole, die man weit verbreitet
im Mittelmeerraum bis Zentralasien und auf den Kanaren an Wegrändern,
Feldrainen, Böschungen, in der Garrigue und vor allem auch in Getreidefeldern
findet.
Sie wird 50-100 cm groß
und blüht von März - Juni. Die 4-5 cm langen Blüten sitzen
zu 6-5 an mehr oder weniger zweiseitigen Ähren. Das unterste Hochblatt
ist länger als die Blüten. Die Blütenblätter sind rosa
bis dunkelrot, die drei unteren haben eine hellrosa speerförmige Zeichnung
mit dunkelroter Umrandung. Die 10-18 mm langen Staubbeutel sind deutlich
länger als die Staubfäden; die Samen sind ungeflügelt. An
dem kräftigen Stängel sitzen die unregelmäßig genervten
Blätter, die unten 10-17 mm breit und oben schmäler sind.
Gladiolus italicus
hat heute keine große Bedeutung mehr außer als Zierpflanze,
die von Hobbygärtnern in Wildgärten, die der Natur nachempfunden
sind, kultiviert werden oder, dass die vielen Hybridsorten als Bauerngartenpflanzen
oder Schnittblumen für Haus- und Grabschmuck gerne Verwendung finden.
Geschichte
Vielleicht ist Gladiolus
italicus nach einer Sage der Antike die Hyazinthe, die aus dem Blut
des von Apoll versehentlich getöteten Hyakinthos trieb und die auf
ihren Blütenblättern die Klagelaute des verzweifelten Gottes
trug. Sie könnte aber auch das "kosmedalon" der Alten gewesen sein:
Schmuck, den die Knaben zum Fest der Demeter anlegten (die unteren Blütenblätter
trugen die Klagezeichen "AA" oder "VV" als Symbole der Trauer Demeters
über die Entführung ihrer Tochter Persephone). Der lat. Name
"gladiolus" bedeutet "kleines Schwert", was von der Form der Blätter
herrührt. In Deutschland und anderen Ländern nannte man die Gladiole
auch (rote) Schwertblume, Schwertel, Säbel- und Messerblume. Andere
Namen sind Allermannsharnisch und Siegwurz. Der Wurzelstock ist von einer
netzartigen faserigen Hülle umgeben, die mit einem Panzerhemd (Harnisch)
verglichen wurde. Kriegsleute trugen deshalb, wie von Perger berichtet,
die Wurzel als Talisman um den Hals, um unverwundbar und unbesiegbar zu
sein. Man glaubte, die Siegwurz mache hieb- und stichfest. Sie half aber
auch bei Krämpfen und Zahnweh. Die Bergleute schütze sie vor
dem bösen Wetter. Sie wurde gegen Behexungen in Sennhütten aufgehängt,
gegen den Alp auf das Bett gelegt, als Schutz gegen andere Zaubereien in
ein Tuch eingenäht und um den Leib gebunden. Etwas Siegwurz im Trank
für Pferde und Kühe hielt böse Einflüsse von den Tieren
fern. Ein Stück Wurzel wurde unter der Schwelle vergraben, damit "nichts
Böses aus- und einkönne."
Der Wurzelstock der Siegwurz
wurde wie die Wurzel der Zaunrübe so bearbeitet und zurecht geschnitzt,
dass sie der echten Alraune (Mandragora officinalis) ganz ähnlich
sah. Sie wurde genau wie diese auf den Jahrmärkten feilgeboten (vgl.
20b). Als "Schreckstein" hängte man sie kleinen Kindern als Amulett
gegen den "Schreck" (epilepsieähnliche Anfälle) um.
Hier noch die Ratschläge
des Dioskorides, der bei der Wurzel einen unteren und einen oberen Teil
unterscheidet: "Die öberste Wurtzeln / mit Weihrauch und Wein zum
Pflaster gemacht und ubergelegt / ziehen die Spitzen unnd Dornen auß
dem Leib. Mit Dortenmeel unnd Honigwasser / wie ein Pflaster ubergelegt
/ vertreibt sie die Geschwer unnd Geschwulst. ... auch zum Zäpfflin
gemacht / und in die Scham gethan / zeucht die Monzeit der Frawen an sich:
Man sagt / das die öberste Wurtzeln mit wein getruncken / ein Begird
und Lust zur Unkeuschheit errege. Die undere aber eingenommen unfruchtbar
mache. Auch sagt man / das die öberste mit Wasser eingenommen den
Kindern wider die Brüche sehr wol bequem."
Und folgendes Rezept aus
dem Lorscher Arzneibuch beschreibt einen Heiltrank gegen Steine:
½ Unze Attichsaft
(Zwergholunder), ebenso viel Saft von Schwertelwurzeln (Gladiolus),
1 Unze Steinbrechkörner mitsamt dem Saft: vermische das, seihe ab
und gib einen Becher attischen Honig dazu.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Die Wurzelknolle der Gladiole
enthält etherisches Öl, Ascorbinsäure und Saponine. Da die
Blätter ebenfalls bis zu 1 % Ascorbinsäure enthalten, sind sie
potentielle Vitamin-C-Spender und wurden zur Behandlung von Skrofulose,
einer seltenen Haut- und Lymphknotenerkrankung, die als Vorstufe der Tuberkulose
galt, eingesetzt. In der Veterinärmedizin fand die Siegwurz als Wundmittel
Verwendung.
Ansonsten finden Gladiolen
heute nur noch als Zierstauden in Gärten oder als Schnittblumen Verwendung.
Da die Pflanzen aus dem Süden stammen, sollten die Knollen in unserem
kalten und nassen Klima ausgegraben und über den Winter trocken gelagert
werden. Eine Vermehrung findet im Frühjahr statt über Samen oder
die zahlreichen Brutknollen.
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zuletzt geändert am: 13.II.2004