28.Okt.2010

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Nur eine gruselige Requisite? Das hat der Kürbis nicht verdient.

Karl Josef Strank

Ein weites, eintöniges Feld liegt in der prallen Sonne einer flachen, einsamen Landschaft, die bis zum Horizont reicht. Windstille, nichts regt sich. Verloren und stumm steht eine Vogelscheuche mit zerfetztem Hemd und zum Kreuz ausgebreiteten Armen mitten in dieser Szenerie. Die Kamera fährt langsam auf sie zu. Der Kopf ein breites flaches Furchengesicht mit Hohlaugen und breitbissigem, Zähne fletschendem smiley-Mund, der den Betrachter mit erstarrtem Drohgrinsen aggressiv anlächelt. Plötzlich flattert das Hemd, die Arme schlagen gegen das Holzgerippe, schwarze Vögel fliegen durch die Luft …

Wird Unheimliches, Bedrohliches und Gruseliges inszeniert, greift man gerne auf Kürbis-Fratzen zurück. Unterstützt wird dies an Halloween noch dadurch, dass flackernde Lichter in die hohlen Köpfe gestellt werden und mit weißen Laken das Gespenst vorgegaukelt wird. Dabei hat es der Kürbis nicht verdient, nur als Gruselrequisite an Halloween oder in einschlägigen Filmen herhalten zu müssen.

Kürbisse werden schon von den Griechen und Römern als in der Antike äußerst geschätzte Früchte beschrieben. Allerdings haben neuere Forschungen herausgebracht, dass es sich hierbei wohl nicht um die heute verbreiteten Formen des Gemeinen Kürbis (Cucurbita pepo) gehandelt hat, sondern das damit wohl Formen des Flaschenkürbis (Cucurbita lagenaria) und der Melonen (Cucurbita melo) gemeint waren.

Der Gemeine Kürbis stammt aus Amerika und ist erst von Columbus mit nach Europa gebracht wor-den. Wegen der Ähnlichkeit mit dem Flaschenkürbis und den Melonen nannten die Seeleute diese ebenfalls Kürbisse, was in der Folge zu einiger Verwirrung in der Bezeichnung beigetragen hat. Als haltbare und nahrhafte Ergänzung des Bordproviants haben dann vor allem Seeleute zur raschen weltweiten Verbreitung der Kürbisse beigetragen. Seine Heimat hat der Kürbis in Mittel- und Süd-amerika. Dort wachsen verschiedene Arten der Kürbisgewächse als dichter Teppich an den Waldrändern, besiedeln die nach Brandrodung entstandenen Kahlstellen und klettern sogar in die Bäume. Die indianischen Ureinwohner kultivierten schon seit langem Mais, Kürbisse und Bohnen. Als die Pilgerväter 1692 an der Küste Nordamerikas landeten, überlebte die Hälfte der Siedler den ersten harten Winter nur deshalb, weil freundliche Indianer diese mit Nahrungsmitteln, darunter auch Mais, Bohnen und Kürbissen versorgten.

Der Kürbis wurde schnell zum geschätzten Nahrungsmittel und von den Siedlern weiter kultiviert. Aus Dankbarkeit und Freude feierten die weißen Kolonisten und die Indianer im Herbst drei Tage lang ein friedliches Fest. In Erinnerung daran zelebrieren die Amerikaner am letzten Donnerstag im November heute noch ihren „Thanksgiving Day“, zu dessen Festtagsmenü neben Truthahn traditio-nell auch der als „Pumpkin Pie“ bekannte Kürbiskuchen gehört.

Neben vielen Sorten des Gemeinen Kürbis kultivieren wir heute ebenso viele Formen des Moschuskürbis (C. moschata) und des Riesenkürbis (C. maxima). In der Züchtung neuer und hochwertiger Speisekürbis-Sorten sind die USA, Australien, Neuseeland und Japan führend. Als Nahrungsmittel sind Kürbisse leicht bekömmlich und verdauungsanregend. Sie wirken blutreinigend, entschlackend, harntreibend und entwässernd. Sie liefern eine milde, natriumarme Diät- und Reduktionsspeise und unterstützen die Behandlung von Bluthochdruck, Herz- und Nierenleiden. Die Volksheilkunde empfiehlt eine Kürbiskernkur auch bei Prostataleiden.

Zu den Gartenkürbissen zählen auch die Zucchini, das Wort ist die Diminutivform von ital. Zucca=Kürbis, von denen es neben grünen auch gelbe Sorten (Gold Rush, Yellow Crookneck) gibt. Dann die Patisson, die aussehen wie Ufos. Weiterhin zählen dazu die Eichelkürbisse, die Mini-Kürbisse (Baby Boo, Jack be Little, Puccini), Spaghettikürbisse (werden als Ganzes gekocht; das Fruchtfleisch zerfällt in Fäden wie Spaghetti) und die bekannten Halloween-Kürbisse (Baby Bear, Little Lantern, Jack O´Lantern). Sorten wie Butternuss, der birnenförmige Sucrine du Berry oder Muscade de Provence zählen zu den Moschuskürbissen.

Sorten des Riesenkürbisses sind: Roter und Grüner Hokkaido, Türkenturban oder Bischofsmütze, Kleeblattkürbis, Chioggia, Blue, Golden und Green Hubbard, Gelber und Roter Zentner, Warzenkür-bis, Atlantic Giant und einige mehr. Entsprechend der Vielfalt der Sorten ist auch die Verwendung in der Küche nicht nur auf Suppen und Marmelade eingeschränkt. Kürbis-Pasteten, Kürbis-Gnocchi, Kürbis-Soufflé und Kürbis-Brot sollen hier nur Anregung sein für das einfallsreiche Kochen mit Kürbissen.

Nicht unerwähnt bleiben darf als Besonderheit der steirische Ölkürbis, eine Mutante des Gemeinen Kürbisses, die seit etwa 100 Jahren in der Steiermark und im Burgenland feldmäßig angebaut wird.

Diese Variante zeichnet sich dadurch aus, dass die Samen schalenlos sind. Die äußeren Zell-schichten der Samenschale verholzen nicht, verdicken sich und haben ein typisches oliv- bis dunkelgrünes Aussehen. Die Anbaufläche liegt bei etwa 13.000 ha. Die Kerne werden inzwischen auf dem Feld mit speziellen Maschinen geerntet. Aus ihnen gewinnt man durch Pressung das äußerst gehaltvolle und schmackhafte Kürbiskernöl, das zu Recht als „grünes Gold“ tituliert wird. Das nussige Öl enthält hochwertige, leicht verdauliche Fette und Eiweiße, viele Vitamine und wichtige Spurenelemente, es kann zu Recht als die wertvollste Essenz dieser Kürbisfrucht bezeichnet werden.


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zuletzt bearbeitet am 27.XII.2010